T-Profile für Banken: So gelingt der Wissenstransfer in agilen Teams

In der agilen Transformation ist der richtige Mix von Kompetenzen entscheidend.

Keyfacts:

  • Banken werden agiler. Eine Voraussetzung für agiles Arbeiten sind sogenannte T-shaped Skills: eine Kombination aus breitem Überblickswissen und Spezialistentum.
  • Um den Wissenstransfer in Teams und über Teamgrenzen hinweg gezielt sicherzustellen, müssen Verantwortliche eine dynamische Lernkultur fördern.
  • Eine ausgewogene Mischung aus Vorgaben (Top-down-Maßnahmen) und der Beteiligung der Teammitglieder (Bottom-up-Maßnahmen) wird zum Erfolgsfaktor.

In IT-Einheiten ist agiles Arbeiten längst unverzichtbar geworden. Auch bei Banken und anderen Finanzdienstleistern geht es unserer Erfahrung nach mittlerweile deutlich über die bloße Anwendung von Methoden wie Scrum oder Kanban hinaus. Das ist gut so, denn neben Kenntnissen zu Methoden erfordert agiles Arbeiten eine grundlegende Neuorganisation der Teams und eine Veränderung der Arbeitskultur. Damit stellt es auch neue Herausforderungen an das Weitergeben von Wissen im Unternehmen.

In der traditionellen IT-Organisation sind die Mitarbeitenden für einzelne IT-Produkte zuständig und auf bestimmte Technologien spezialisiert. In einem agilen Umfeld einer Bank dagegen sind Teams für ein fachliches Produkt verantwortlich – also für eine auf die Kundenbedürfnisse ausgerichtete Leistung. Um in diesem neuen Umfeld erfolgreich und lieferfähig zu sein, müssen die Bankmitarbeitenden Wissen aufbauen.

T-shaped Skills: breites Überblickswissen und Fach-Know-how miteinander verbinden

Die einen müssen ihr Spezialwissen, das sie in einem oder mehreren Bereichen haben, erweitern und zu Generalisten werden – um Verständnis für weitere Fachgebiete zu entwickeln und zu konstruktiven Lösungen beitragen zu können. Die anderen müssen Fachwissen aufbauen, um immer wieder auch in die Tiefe gehen zu können.

Im Zentrum des Wissenstransfers in agilen Teams steht also das Ausbilden und Fördern von T-shaped Skills beziehungsweise T-Profilen, die eine Kombination von breitem Überblickswissen (Generalistentum) und Spezialwissen zu einzelnen Themen vereinen.

Eine dynamische Lernkultur in Banken fördern und Lust auf Wissen über Neues machen

Doch wie lässt sich ein solcher Wissenstransfer zwischen den einzelnen Beteiligten innerhalb der Bank gestalten? Unsere Erfahrungen zeigen: Von zentraler Bedeutung ist eine dynamische Lernkultur, in der alle Mitarbeitenden sich weiterentwickeln können und darauf auch Lust haben.

Was bedeutet das? Eine dynamische Lernkultur zeichnet sich durch ein hohes Maß an Selbstwirksamkeit und Selbstorganisation sowie durch kontinuierliche Verbesserung, eine lernende Organisation und einen schnellen Wissensaufbau aus. Dafür bedarf es sowohl normativer und sozialer Verbindlichkeiten als auch nutzerorientierter Wissenszyklen.

Wissensaustausch auf die Tagesordnung setzen

Normative Verbindlichkeiten – das steht für formale Regeln und Prozesse, die den Wissenstransfer strukturieren und dokumentieren. Soziale Verbindlichkeiten betonen die Bedeutung zwischenmenschlicher Beziehungen und der Zusammenarbeit in Teams. Nutzerorientierte Wissenszyklen nutzen bestehende Rituale und Artefakte, um den Wissenstransfer in den agilen Arbeitsalltag zu integrieren und zu erleichtern.

Ein Beispiel für eine erfolgreiche Wissenskultur in agilen Teams ist das Einbetten eines Tagesordnungspunkts „Wissenstransfer“ in die Retrospektiven – so werden regelmäßige, gemeinsame Auswertungen zur Zusammenarbeit in agilen Projektteams genannt. Dort würde dann regelmäßig reflektiert, was dem Team beim Wissenstransfer gemeinsam gut gelungen ist oder „Was wir noch besser machen können“.

In großen Instituten hängt die Bereitschaft, sich Wissen anzueignen, auch stark von der inneren Einstellung der Mitarbeitenden ab. Das wird mit dem Begriff Growth Mindset bezeichnet, in dem der Wille zum kontinuierlichen Lernen und die Bereitschaft, aus Herausforderungen zu lernen, im Mittelpunkt stehen.

Zwei gegenläufige Strömungen für ein bestmögliches Ergebnis

Um das gewünschte Mindset zu fördern und eine dynamische Lernkultur innerhalb der Bank zu etablieren, ist eine enge Verzahnung von Top-down- und Bottom-up-Ansätzen notwendig. Der Top-down-Ansatz zielt darauf ab, einen organisatorischen Rahmen zu schaffen und klare Rollen, Prozesse und Strukturen für den Wissenstransfer zu definieren.

Dazu wird der Wissenstransfer in Rollen, Artefakten und Events auf Teamebene und in skalierten Einheiten verankert, und es werden entsprechende Kommunikationsmaßnahmen ergriffen. Die Top-Down-Maßnahmen entwickeln die notwendige normative Verbindlichkeit und schaffen damit Orientierung für Teams, Führungskräfte und Mitarbeitende. Sie sollten von der Projektführung bzw. Leitungsfunktion vorgegeben werden – daher die Bezeichnung normativ.

Ein Beispiel dafür wäre, dass der Scrum Master eines agilen Teams – er leitet und ist gleichzeitig operatives Mitglied im Team – die Aufgabe und Verantwortung dafür erhält, den Wissenstransfer im Team aktiv zu fördern und T-shaped Skills zu entwickeln, also die notwendigen Kompetenzen aufzubauen. Das wird in der Zielvereinbarung festgeschrieben.

Der parallele Bottom-up-Ansatz zielt darauf ab, den Wissenstransfer direkt in den Teams zu operationalisieren und die Mitarbeitenden aktiv einzubinden. Dazu ist es notwendig, zum Beispiel über Teamworkshops den Bedarf zu ermitteln und ein konkretes Vorgehen zur Operationalisierung des Wissenstransfers in den Teams zu entwickeln.

Das Team entwickelt zusätzliche Maßnahmen und setzt sich selbst Ziele

Darüber hinaus sollten konkrete Maßnahmen zur Weiterentwicklung des T-shaped-Modells durch kollaborative Workshops in den Teams erarbeitet und umgesetzt werden. Auf diese Weise wird die soziale Verbindlichkeit erhöht, gleichzeitig werden transparente Anreize geschaffen und das Mindset verändert. Die Teams selbst ermitteln hier also ihren Bedarf und entscheiden mit, was sie brauchen, um den Wissenstransfer erfolgreich in die Praxis umzusetzen.

Ein Beispiel für eine solche Maßnahme könnte sein, dass das agile Team sich gemeinsam dazu entscheidet, in jedem Sprint Planungsziele für den Wissenstransfer zu setzen. Sie werden im Review ebenso einem Erfolgscheck unterzogen wie alle anderen Sprintziele. Die Grundlage für das Vorgehen liefert das Team selbst: Gemeinsam überlegen alle, welche Kompetenzen benötigt werden und wie eine Weiterentwicklung zu erreichen ist.

Helfen kann dabei zum Beispiel eine Kompetenz-Matrix. Ganz wichtig: Das Team verfolgt ein Ziel der kontinuierlichen Verbesserung, das es sich selbst gesteckt hat.

Das Ergebnis ist eine dynamische Lernkultur, in der zwischen Kunde, Product Owner und Team schnelle Feedbacks möglich sind – und ebensolche Lösungsvorschläge und Tests der skizzierten Lösungswege.

Fehler lassen sich schneller entdecken, beheben und Auswege aufzeigen – zum Beispiel die Softwareentwicklung wird dynamischer und Wissen verteilt sich im ganzen Team durch das stetige Einbeziehen von vielen auf natürliche Weise.

Alle beteiligen sich – und entwickeln gemeinsam das T-Modell weiter

Um das oben skizzierte Konzept umzusetzen, bedarf es einer Vielzahl von Maßnahmen, Methoden und Tools. Sie alle zielen darauf ab, Mitarbeitende zu motivieren, sich an einem erfolgreichen Wissenstransfer zu beteiligen und diesen aktiv mitzugestalten.

Im Konzept der normativen und sozialen Verbindlichkeit werden die Anreize so gestaltet, dass der gewünschte Wissenstransfer Schritt für Schritt im Arbeitsalltag verankert wird. So eignen sich Teammitglieder sukzessive Wissen in T-Form an – und das Modell entwickelt sich auf individueller und auf Teamebene weiter.