FISG: Verschärfte Fee-Caps erschweren Erteilung von Comfort Letters

Neue Regeln des FISG erschweren Kapitalmarkttransaktionen in Deutschland.

Keyfacts: 

  • Bei der Erstellung eines Wertpapierprospekts ist der Comfort Letter praktisch ein Muss. Die durch das FISG verschärfte Honorargrenze (Fee-Cap) kann die Erteilung aber verzögern, verteuern oder gar verhindern. 
  • Das Erteilen des Comfort Letter durch einen Nicht-Abschlussprüfer ist keine sinnvolle Alternative – aus Zeit- und Kostengründen.  
  • Zielführend wäre vielmehr eine Gesetzesänderung, die den Comfort Letter entweder als Leistung des Abschlussprüfers ansieht oder von den Beschränkungen durch das Fee-Cap befreit. 

Neue Regulatorik sorgt oft für zusätzlichen Aufwand – das sind Marktteilnehmer:innen gewohnt. Manchmal aber führen neue Regeln zu Nebeneffekten, die der Gesetzgeber so nicht gewollt haben kann und die dem Kapitalmarktstandort Deutschland unter Umständen sogar nicht dienlich sind. Letzteres ist der Fall bei den Auswirkungen der jüngsten Verschärfung der Fee-Cap-Anforderungen bei der Erteilung des Comfort Letter. 

Sie sind Bestandteil des Gesetzes zur Stärkung der Finanzmarktintegrität, kurz FISG, das im Januar 2022 in Kraft getreten ist. Das Ziel des FISG besteht darin, das Vertrauen in den deutschen Finanzmarkt zu stärken. Unter anderem wurde die Begrenzung der Honorare für zulässige Nichtprüfungsleistungen verschärft, wodurch die Unabhängigkeit des Abschlussprüfers sichergestellt werden sollte. Unter bestimmten Umständen führt diese Regelung jedoch zu Effekten, die prospektpflichtige Kapitalmarkttransaktionen erschweren können. Denn bei diesen ist es für die Due Diligence der beteiligten Banken praktisch ein Muss, dass der Abschlussprüfer einen Comfort Letter erteilt. Und das kann das verschärfte Fee-Cap verzögern, verteuern oder ganz verhindern.  

Comfort Letter: unverzichtbar bei der Erstellung eines Wertpapierprospekts 

Warum ist das so? Dafür lohnt ein Blick auf den Wert des Comfort Letter. Der Comfort Letter ist zwar nicht gesetzlich vorgeschrieben. In der Praxis ist er aber bei der Erstellung eines Wertpapierprospekts ein unverzichtbares Instrument, denn er bietet zugleich Prozesssicherheit und dient als Sorgfaltsnachweis. Neben anderen Instrumenten liefert der Comfort Letter den Prospektverantwortlichen den Nachweis, dass sie bei der Erstellung des Prospekts und den im Comfort Letter getroffenen Aussagen sorgfältig vorgegangen sind. Im Prinzip bestätigt mit dem Comfort Letter eine unabhängige dritte Partei, dass die Finanzdaten im Wertpapierprospekt sorgfältig ermittelt wurden – eine unschätzbare Hilfe für alle Beteiligten. 

Das Problem ist: Bei einem Unternehmen von öffentlichem Interesse (Public Interest Entity – kurz PIE) wird laut Abschlussprüferordnung (Art. 5 der EU-Verordnung Nr. 537/2014) der Comfort Letter als Nichtprüfungsleistung eingestuft. Wird bei der Arbeit des Abschlussprüfers die Honorargrenze – das Fee-Cap – für diese Leistungen erreicht, kann der Comfort Letter nicht erteilt werden.  

Bisher konnte die geltende Obergrenze der Gesamthonorare für zulässige Nichtprüfungsleistungen auf Antrag ausnahmsweise erhöht werden. Häufig wurde diese Erhöhung für die Erteilung des Comfort Letter genutzt. Mit den durch das FISG verschärften Anforderungen an das Fee-Cap ist das nun nicht mehr möglich. In der Folge wird es vermehrt Fälle geben, in denen der Abschlussprüfer eines PIE den Comfort Letter nicht erteilen darf. 

Comfort Letter durch Nicht-Abschlussprüfer: Zeitverlust und Kostennachteile 

Tritt der Fall ein, dass der Abschlussprüfer aufgrund der verschärften Fee-Cap-Anforderungen den Comfort Letter nicht erteilen kann, könnte dieser zwar hilfsweise auch durch einen Prüfer erteilt werden, der nicht an der Abschlussprüfung beteiligt ist. Allerdings verursacht dieser Weg ein hohes Maß an Zeit- und Kostenaufwand und führt im günstigsten Fall zu einer Verzögerung der Transaktion und im ungünstigsten Fall zu ihrem Scheitern.  

Die im IDW (Institut der Wirtschaftsprüfer) Prüfungshinweis PH 9.910.2 (Erteilung eines Comfort Letter nach IDW PS 910 durch einen Wirtschaftsprüfer, der nicht Abschlussprüfer der Emittentin ist) konkretisierten Anforderungen beinhalten, dass der Nicht-Abschlussprüfer „sich nach diesem Prüfungsstandard dem Abschlussprüfer vergleichbare Kenntnisse zu verschaffen“ hat. Außerdem haben die an der Transaktion beteiligten Emissionsbanken zu entscheiden, ob sie einen Comfort Letter von einem Nicht-Abschlussprüfer für ihre Due Diligence überhaupt als ausreichend erachten. 

Vor diesem Hintergrund wäre es wünschenswert und sachgerecht, die gesetzlichen Regelungen so zu ändern, dass die Erteilung eines Comfort Letter entweder als Leistung des Abschlussprüfers gilt oder zumindest von den Beschränkungen durch das Fee-Cap ausgenommen wird.  

Neuregelung erschwert prospektpflichtige Kapitalmarkttransaktionen in Deutschland 

Gleich mehrere Gründe sprechen für eine Änderung der aktuell geltenden Regeln. Sie erschweren nicht nur in erheblichem Maß die Durchführung prospektpflichtiger Kapitalmarkttransaktionen in Deutschland. Sie widersprechen auch dem Ziel der EU-Kommission, mit der geplanten Kapitalmarktunion den freien Kapitalverkehr zu vertiefen und zu erweitern.  

Außerdem laufen die Effekte der verschärften Fee-Cap-Anforderungen auch den Wünschen der Bundesregierung zuwider. Denn in dem Ende Juni vorgestellten Eckpunktepapier für ein Zukunftsfinanzierungsgesetz wurde explizit das Anliegen geäußert, die Kapitalmarktfinanzierung – gerade für kleine und mittelständische Unternehmen – zu vereinfachen. 

Bis auf weiteres sollten PIEs, die eine Kapitalmarkttransaktion planen, prüfen, ob die Erteilung des Comfort Letter zu einer Überschreitung des Fee-Cap führt. Ist dies der Fall, ist die Beauftragung eines weiteren Prüfers frühzeitig einzuplanen und mit den beteiligten Emissionsbanken abzustimmen.