Warum kleinere Carve-outs nicht weniger komplex sind

Mit diesen Erfolgsfaktoren gelingen Ausgliederungen unabhängig von der Größe.

Keyfacts:

  • Große Carve-outs, große Probleme – und umgekehrt? Unsere Erfahrungen in der Finanzindustrie zeigen: Viele Herausforderungen gibt es bei kleinen Instituten oder Projekten ebenso wie bei großen.
  • In kleinen Finanzunternehmen lastet auf Verantwortlichen proportional sogar ein höherer Druck.
  • Ein wichtiger Schritt: Ein Carve-out-Memorandum, das das Konzept und das Vorgehen bei der Ausgliederung von Beginn an dokumentiert.

Carve-outs, sogenannte Abspaltungen oder Ausgliederungen von Unternehmensteilen, bieten sich insbesondere im Fall einer neuen strategischen Ausrichtung, zur Beschaffung von Liquidität oder zum Erreichen weiterer Unternehmensziele, etwa Börsengängen, an.

Gerade in Zeiten von Rezession oder wachsenden regulatorischen Anforderungen geraten Finanzdienstleister unter Druck, sich auf Kerngeschäftsfelder zu konzentrieren und sich von Unternehmensteilen zu trennen.

In jedem Fall ist ein Carve-out ein umfangreiches Projektvorhaben. Da liegt die Hoffnung nahe, dass kleinere Carve-Outs weniger komplex sind.

Unsere Erfahrung lautet: Nein. Der Aufwand eines Carve-outs ist nur unwesentlich von der Größe des auszugliedernden Unternehmens abhängig. Im Gegenteil: Manche Aspekte können in kleineren Ausgliederungen sogar besonders herausfordernd sein. Denn die Verantwortung und die Belastung von Einzelnen im Rahmen der Ausgliederung sind in kleineren Belegschaften höher und das sorgt für zusätzlichen Druck.

Jede Ausgliederung oder Abspaltung ist anders

Die Ausgangssituation für einen Carve-out ist in der Regel sehr projektspezifisch: Einfluss auf das Szenario haben die Branche, die Positionierung des Unternehmens im Markt und die interne Verflechtung des sogenannten Transaktionsperimeters mit dem Mutterunternehmen beziehungsweise dem Konzern.

Dazu kommt: Finanzinstitute unterliegen hohen regulatorischen Anforderungen – das macht Carve-outs bei Banken oder Versicherungen komplexer als in anderen Industrien. Und doch lassen sich einige klare Erfolgsfaktoren für Carve-outs definieren.

Carve-outs – etwa ein Drittel der Unternehmen scheitert an seinen Zielen

Carve-outs können den Unternehmenswert langfristig steigern – sie sind aber oft komplex und riskant. Eine sorgfältige Analyse und das Einbinden verschiedener Geschäftsbereiche sowie Expertinnen und Experten sind deshalb auch bei kleineren Vorhaben notwendig. Erfahrungsgemäß scheitert etwa ein Drittel der Unternehmen daran, die selbst gesetzten Ziele zu erreichen, was die Qualität, Dauer und Kosten des Carve-outs betreffen.

Die Betriebsfähigkeit und Performance des neuen – alleinstehenden – Unternehmensbereichs haben höchste Priorität, ebenso wie das Aufrechterhalten des Geschäftsbetriebs während der Ausgliederung. Voraussetzung dafür ist insbesondere eine transparente Übersicht über Abhängigkeiten, operative Verflechtungen, Dienstleistungen und Verträge.

Eine Analyse bestehender Verträge ist notwendig, da diese oft umgeschrieben, neu verhandelt oder voneinander getrennt werden müssen. Gerade bei kleineren Carve-outs können die Abhängigkeiten umso relevanter sein.

Häufig lastet auf Carve-outs von Beginn an ein erheblicher Zeitdruck. Das kann strategische, regulatorische oder wirtschaftliche Gründe haben. Die Konsequenz: Nicht selten werden, um etwa von günstigen Käufermärkten zu profitieren oder regulatorische Anforderungen schnellstmöglich umzusetzen, operativ unrealistische Zeitleisten vorgegeben.

Sie destabilisieren nicht nur das Projekt, sondern auch das Tagesgeschäft. Während bei größeren Carve-outs die Komplexität, beispielsweise durch die Internationalität oder die IT-Infrastruktur, offensichtlich sein kann, kann diese bei kleineren Transaktionen schnell unterschätzt werden.

Neben einer realistischen Roadmap ist eine umfassende Kostenschätzung zur Bewertung der Machbarkeit der geplanten Ausgliederung sowie dem Erreichen der angestrebten Ziele erforderlich.

Komplexität von Ausgliederungen (Carve-Outs)

    Transparenz und Dokumentation durch das Carve-out-Memorandum

    Ebenso wie bei großen Transaktionen gilt auch bei kleineren Carve-outs: Das Fundament für einen erfolgreichen Abschluss ist ein sorgfältig abgestimmtes und planvolles Vorgehen, in dem der Prozess in seine Einzelteile zerlegt wird. Als geeignetes Mittel hat sich dafür die Erstellung eines Carve-out-Memorandums etabliert. Dieses Dokument stellt in mehreren Punkten Transparenz für alle Beteiligten sicher:

    Carve-out-Objekt unter die Lupe nehmen: Grundlage einer effizienten Analyse und Umsetzung ist ein gefestigtes Verständnis des Carve-out-Objekts, insbesondere mit Blick auf Produktangebot, Dienstleistungen, Märkte, Niederlassungen und/oder Tochtergesellschaften, Mitarbeitende, IT, Vertragslandschaft und Assets.

    Auf Basis transaktionsspezifischer Leitlinien kann dadurch auch der Transaktionsmodus beziehungsweise der sogenannte Step Plan (Veräußerung, Abspaltung, Ausgliederung, IPO oder weiteres) unter Berücksichtigung von rechtlichen bzw. aufsichtsrechtlichen und steuerlichen Aspekten bestimmt werden.

    Analyse der Abhängigkeiten: Sobald das Carve-out-Objekt und das Zielbild, bestehend aus Geschäfts- und Betriebsmodell (Target Operating Model – TOM) bestimmt worden sind, können alle Verflechtungen, die sogenannten Entanglements, des Carve-out-Objekts identifiziert und entlang der wesentlichen Dimensionen des Zielbilds aufgenommen werden.

    Ableitung Day-1-Zielbilder: Daran schließt sich sinnvollerweise direkt die Definition des sogenannten Day-1-Zielbildes an. Um die Komplexität zu senken, wird dieses im Abgleich mit dem aktuellen Betriebsmodell meist unter der Annahme von so wenigen Veränderungen wie möglich skizziert.

    Umsetzungs-Roadmap und Kostenschätzung: Basierend auf der Komplexität, der erforderlichen Entflechtungen und des Zielbildes sowie den rechtlichen und regulatorischen Voraussetzungen, können nun konkrete Umsetzungsmaßnahmen entlang des gesamten Geschäfts- und Betriebsmodells geplant werden.

    Die Zeit nach Day 1 – Verbesserungspotenziale heben: Bei Carve-outs wird neben der Sicherstellung der Day-1-Readiness auch das längerfristige Zielbild beschrieben. Denn dieses hat regelmäßig Auswirkungen auf das Day-1-Zielbild. Wir empfehlen dabei – abhängig von den Leitplanken der Transaktion und der Zielstruktur –, Wachstumschancen zu ermitteln

    Ob groß oder klein: Die fünf wesentlichen Faktoren für erfolgreiche Carve-outs

    Basierend auf unseren Projekterfahrungen in der Finanzindustrie sehen wir, dass externe Einflussfaktoren unterschiedlich auf die Komplexität von Carve-outs wirken und sogar stärker auf kleine Vorhaben wirken können. Daher empfehlen wir, insbesondere die folgenden Faktoren zu betrachten, die für ein erfolgreiches Carve-Out wesentlich sein können.

    1

    Vision und Zielbild festlegen und dokumentieren

    2

    Gründliche Vorstudie und Detailplanung durchführen

    3

    Interne Kapazitätsplanung und Ressourcenmanagement realistisch abschätzen

    4

    Sicherstellung der Priorität und Incentivierung für das Management

    5

    Proaktive Kommunikation entlang des Carve-outs um Kunden mitzunehmen und darüber Geschäftskontinuität sicherzustellen