Change-Management verändert sich

Fünf fundamentale Einflussfaktoren prägen das „neue“ Veränderungsmanagement

„Nichts ist so beständig wie der Wandel.“ Diese mehr als 2.000 Jahre alte Erkenntnis, die dem griechischen Philosophen Heraklit zugesprochen wird, scheint heute aktueller denn je. Der technologische Fortschritt und die zunehmende Vernetzung von Wirtschaft und Gesellschaft verändern Absatzmärkte und Arbeitswelten in einer nie dagewesenen Geschwindigkeit. Abläufe, wie zum Beispiel im Börsenhandel, wo Transaktionen mit Hilfe moderner Technologien in Nanosekunden abgewickelt werden, sind vom menschlichen Vorstellungsvermögen kaum noch zu erfassen.

Dieser Umstand erschwert es, bei Personen, die ohnehin Veränderungen gegenüber abgeneigt sind und gerne an Gewohntem festhalten, eine positive Einstellung gegenüber den fortwährenden und tiefgreifenden Veränderungen in Zeiten der Digitalisierung zu erreichen. Es klingt paradox, doch die Erfahrung zeigt, dass in Zeiten der zunehmenden Technisierung und Digitalisierung von Produkten und Prozessen nicht etwa technische Fragestellungen, sondern mehr denn je der Faktor Mensch über den Erfolg unternehmerischer Vorhaben entscheidet. Doch wie gelingt es sicherzustellen, dass Veränderungen von allen Beteiligten akzeptiert werden?

In der Vergangenheit haben sich die verantwortlichen Manager oftmals erfolgreich auf die bewährten Modelle aus dem Bereich der Organisationsentwicklung – allen voran sind hier John Paul Kotters 8-Phasen-Modell und das zugrunde liegende 3-Phasen-Modell von Kurt Lewin zu nennen – verlassen. Anders als noch vor einigen Jahren lässt sich die schrittweise Umsetzung eines tiefgreifenden und nachhaltigen Wandels in einer starren Prozessfolge heute aufgrund der deutlich erhöhten Frequenz von Veränderungen und der Überlappung der damit verbundenen Prozesse jedoch immer seltener durchhalten. Um einen nachhaltigen Erfolg im Rahmen der digitalen Transformation gewährleisten zu können, muss sich daher auch das Change Management wandeln.

Unsere Change-Experten Mariusz Bodek und Hendrik Hertel blicken auf die aktuellen Herausforderungen im Change Management und beschreiben die Stellschrauben, mit denen die erfolgreiche Begleitung von Veränderungen im digitalen Zeitalter gelingt. Fünf fundamentale Einflussfaktoren prägen das „neue“ Veränderungsmanagement:

1. Veränderungsprozesse nehmen signifikant zu

Die Anzahl von Veränderungsprozessen innerhalb von Unternehmen steigt deutlich an: Das weltweit führende Marktforschungsunternehmen Gartner stellte fest, dass Unternehmen durchschnittlich fünf fundamentale Veränderungsprozesse innerhalb der letzten drei Jahre durchführten (Gartner 2018). Durch diese hohe Anzahl und teilweise komplexe Überlagerung verschiedener Veränderungsprozesse leidet nachweislich die Erfolgsquote; nur etwa ein Drittel der Veränderungsprozesse führen laut Gartner zum Erfolg.

Trotz der Zunahme an Change-Prozessen ist die Mehrheit der CHROs weltweit mit der Geschwindigkeit deren Umsetzung unzufrieden, so Gartner (Gartner 2019). Insbesondere die Digitalisierung, die Unternehmen zu immer kürzeren Innovationszyklen bringt, ist ein Treiber aber auch Herausforderung für Veränderungsprozesse – egal in welcher Branche.

2. Change passiert immer und überall

Veränderungsprozesse waren in der Vergangenheit stets zeitlich begrenzte, vom Umfang und den Auswirkungen auf eine Gesamtorganisation überschaubare, weil absehbare Vorhaben. In Zeiten fortschreitender Digitalisierung, immer kürzerer Innovationszyklen und agiler Zusammenarbeits- und Organisationsformen ist ein Veränderungsprozess jedoch nicht länger ein in sich abgeschlossenes Projekt. Veränderungsprozesse betreffen zunehmend nicht nur einzelne Teile der Organisation, sondern wirken sich mit teils hoher Komplexität auf die gesamte Organisation aus.

Change Management wird deshalb zu einer kontinuierlich auszuführenden und zu steuernden Managementfunktion, um insbesondere die sich teils überschneidenden, teils ineinander übergehenden Veränderungsprozesse aktiv, effizient und konzertiert abzustimmen und zu bewältigen. Erfolgreiche Unternehmen benennen klare Verantwortlichkeiten in Bezug auf das Change Management und sichern ihren CDOs mehr Kompetenzen zu, um die immerwährende Veränderung auch mit neuen Methoden begleiten zu können.

3. Die Digitalisierung verändert den Arbeitsplatz

Die rasante Weiterentwicklung von Technologien erfordert die kontinuierliche Transformation von Unternehmen. Die zunehmende Automatisierung von Prozessen sowie enorme Investitionen in das breite Feld der Künstlichen Intelligenz (KI) führen zu Veränderungen traditioneller Modelle von Leistungserbringung. Der Schwenk von der Bewältigung von Aufgaben durch Menschen hin zu

durch Technologie automatisierten und teils autark getriebenen Prozessen ist eine der bedeutendsten Veränderungen unserer Zeit.

Dies erfordert auch neue Skills und Job-Beschreibungen, um den Veränderungen mit angepassten Einsatzprofilen für die Mitarbeiter zu begegnen. Die KPMG-Studie „The future of HR 2019“ stellte hierzu fest, das sich zwar ca. 70 % der befragten 1.200 Unternehmen darüber im Klaren sind, dass sie ihre Workforce an die sich verändernden Bedarfe neuer Skills und Prozesse anpassen müssen. Jedoch sind laut Studie lediglich 37 % der Unternehmen „sehr zuversichtlich“, ihre Belegschaft adäquat neu ausrichten und aufkommende Herausforderungen vorbereiten zu können (KPMG 2018). Oftmals mangelt es Mitarbeitern an einem Grundverständnis für die neuen Einsatzmöglichkeiten und den Einfluss von Technologien auf das Wirken des Einzelnen sowie der Gesamtorganisation. Nicht selten fehlt zudem die Motivation, sich entsprechend weiterzuentwickeln.

4. „Culture eats strategy for breakfast“

Das populäre Zitat, das dem Managementvordenker Peter Drucker zugeschrieben wird und dessen Bedeutung sich wunderbar auf das Change Management übertragen lässt, beschreibt eindringlich die Bedeutung der Unternehmenskultur. Eine Herausforderung im Veränderungsmanagement ist es, Change-Prozesse und ihre Auswirkungen auf die Unternehmenskultur in Einklang zu bringen. Studien zufolge scheitern ca. 70 % der Change-Projekte in Unternehmen – u. a. wenn Change Management mit klassischem Top-down-Ansatz durchgeführt wird (Harvard Business Review 2000). Dabei wird versucht, Veränderungen durch die komplexen Berichtslinien vom leitenden Angestellten bis zum Mitarbeiter durchzudrücken. Im „Stille-Post“-Modus bleiben dabei wichtige Informationen und die richtungsweisende Kommunikation von Zielen einer Veränderung auf der Strecke. Dies ist einer der Hauptgründe für das Scheitern von Veränderungen.

Moderne Organisationen verfolgen hingegen kulturell einen Ansatz der gemeinschaftlichen Gestaltung von Veränderungen. Die Einbindung aller Mitarbeiter erhöht die Erfolgswahrscheinlichkeit der Veränderungsprozesse und -maßnahmen. In einer Art „Open-Source“-Mentalität werden die Mitarbeiter dabei in strategische Entscheidungen für Veränderungsprozesse aktiv eingebunden und geplante Veränderungen werden im Dialog erörtert und vermittelt – anstatt vollendete Entscheidungen lediglich an die Mitarbeiter zu kommunizieren.

5. Die Mitarbeiter verändern sich – Kommunikation ist der Schlüssel zum Erfolg

Die Unternehmenskultur wird zukünftig auch maßgeblich durch ein sich grundsätzlich verändertes Mindset der jüngeren Generation geprägt. Im Jahr 2020 wird der globale Arbeitsmarkt Schätzungen zufolge zu ca. 50 % aus Millennials bestehen (MRI 2017). Die nachkommende Generation hat andere Ansichten und Erwartungen an ihren Arbeitsplatz und unterscheidet sich fundamental von ihren Vorgängern hinsichtlich ihrer Loyalität gegenüber dem eigenen Arbeitgeber. Sie stellen andere Ansprüche an die Unternehmenskultur, setzen sich kontroverser mit dem Handeln und der Veränderung ihres Unternehmens auseinander und erwarten die Möglichkeit der Einflussnahme sowie ein Recht auf Mitgestaltung. Nur durch Einbindung und Schulung der Mitarbeiter kann die Erfolgswahrscheinlichkeit von Veränderungsprozessen langfristig gesteigert werden.

Der Kommunikation von Veränderung in Form einer dezidierten Kommunikationsstrategie von Veränderung kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Ein „Mitnehmen auf die Veränderungsreise“ muss mit Dialogformaten forciert und unter Einbindung neuer digitaler Kommunikationskanäle unterstützt werden. Gepaart mit klassischen Kommunikationsformaten, wie bspw. persönlichen Offline-Events, ermöglicht eine kluge Change-Kommunikation das stetige Begleiten der Mitarbeiter auf dieser Veränderungsreise. Die Interaktion mit den Mitarbeitern ist dabei auch gleichzeitig ein Frühwarnsystem, bei dem sich negative Einflüsse und Schwingungen schnell identifizieren lassen, die wiederum sofort in den Veränderungsprozess nachschärfend eingearbeitet werden können.

In einem weiteren Artikel zum Thema Change Management beschäftigen wir uns mit den „Dos and Don’ts“ des modernen Change Managements und beschreiben darüber hinaus den neuen KPMG-Ansatz des Digital Change Managements, mit dem KPMG erfolgreich Mandanten jeglicher Unternehmensgröße bei vielfältigen und komplexen Veränderungsprozessen im Rahmen der digitalen Transformation begleitet.

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Unsere Studie zu Entwicklungen bei der Cloud-Nutzung in der Finanzbranche, u.a. mit diesen Themen: Wie groß ist die Akzeptanz der Cloud bei Finanzdienstleistern schon? Auf welche Wolke setzen sie (Public- oder Private-Cloud)? Warum werden spezialisierte Digital- oder Cloud-Teams benötigt?

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Warum sollten Unternehmen das Thema Innovation aktiv steuern? Reicht es nicht, sich organisch weiterzuentwickeln oder Erneuerung gar dem Zufall zu überlassen? Heute, wo Unternehmen sich immer schneller digital transformieren müssen, lautet die Antwort ganz klar: Nein.

Der Sog neuer Technologien, Trends und Kundenbedürfnisse ist so stark, dass sich ihm keine Branche entziehen kann. Was heute noch Erfolg verspricht, ist morgen schon Geschichte. Die fortschreitende Digitalisierung führt zu einem fundamentalen Wandel in der Finanzbranche und stellt ganze Geschäftsmodelle infrage. Und auch das Kundenverhalten hat sich deutlich verändert. Die Art, wie Leistungen von Banken und Versicherungen wahrgenommen und bewertet werden, befindet sich im Umbruch.

Um ihren Erfolg zu sichern, müssen sich Finanzdienstleister deshalb in immer kürzeren Zeiträumen kontinuierlich neu erfinden. Einen so wichtigen Vorgang kann man nicht dem Zufall überlassen. Man sollte ihn vielmehr bewusst steuern.

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