CSRBB: Herausfordernde Validierung einer neuen Risikoart

CSRBB-Risiken richtig validieren

Erste Erfahrungen aus der Praxis und der Übergang zur Regelvalidierung

Keyfacts:

  • Banken in Europa müssen Anforderungen an das Credit-Spread-Risiko im Anlagebuch (CSRBB) erfüllen.
  • Erste Erfahrungen zeigen, dass die Institute vor großen Herausforderungen bei der Modellvalidierung stehen.
  • Eine KPMG-Umfrage gibt Einblick in die Praxis, die bislang ohne etablierte Marktstandards auskommen muss.

Die Guideline der European Banking Authority (EBA GL 2022/14) und die Ende 2024 in Kraft getretene 8. MaRisk-Novelle definieren aufsichtliche Anforderungen an das Credit-Spread-Risiko im Anlagebuch (Credit Spread Risk in the Banking Book, CSRBB). Unter anderem müssen Banken neue Risikoberechnungsmethoden, Risikoüberwachungsmaßnahmen und Limite implementieren.

CSRBB wird in der 8. MaRisk als neue Risikoart definiert, die das Risiko aus generellen Änderungen von Credit-Spreads am Markt erfassen soll. Dadurch werden erstmals konkrete Anforderungen an das Management von CSRBB definiert, unabhängig von den verbleibenden Marktpreisrisiken.

In der Praxis wird CSRBB oft als Unterart des Marktpreisrisikos definiert, wobei auch eine Zuordnung zum Kreditrisiko oder eine gesonderte Darstellung des CSRBB möglich sind. Die ersten Modelle sind in Banken heute bereits im Einsatz. Daher müssen die mit CSRBB verknüpften Annahmen, Methoden und Prozesse validiert werden.

Die Institute stehen hier vor einer Herausforderung, denn es gibt bislang weder etablierte Marktstandards noch eine Prüfungspraxis. Dazu kommt, dass die Vorgaben der Aufsicht Spielraum für Interpretation lassen.

Erfolgskurs für Banken in der neuen Regulierungslandschaft

In unserer Publikation „Navigating the New Regulatory Landscape: Managing IRRBB and CSRBB in 2025 and Beyond “ erfahren Sie, wie Banken IRRBB und CSRBB effizient steuern.

Studie herunterladen

Vielfach Anlehnung an etablierte IRRBB-Validierung möglich

Vielfach kann die Validierung des CSRBB an das etablierte Vorgehen bei Zinsänderungsrisiken (Interest Rate Risk in the Banking Book, IRRBB) anknüpfen. Zwischen den beiden Risikoarten gibt es große methodische und prozessuale Ähnlichkeiten. So ist beispielsweise auch das CSRBB in eine barwertige und eine periodische Sicht aufzuteilen.

Entsprechend kann das CSRBB mit den analogen Risikokennzahlen beziffert werden – also dem wirtschaftlichen Wert des Eigenkapitals (Economic Value of Equity, EVE), dem Nettozinsertrag (Net-Interest-Income, NII) und dem Zinsüberschuss mit Marktveränderungen.

Unterschiede zwischen den Risikoarten ergeben sich primär aus den verwendeten Marktdaten und der Cashflow-Generierung. So ist im CSRBB, anders als beim IRRBB, die Konditionsbindung relevant beim Ausrollen der Cashflows. Weitere Unterschiede sind die durchgeführten Schockszenarien und der Scope der relevanten Produkte (siehe Schaubild unten).

Die vom IRRBB bekannten Validierungsverfahren können grundsätzlich als Grundlage für die CSRBB-Validierung dienen. So lässt sich der konzeptionelle Aufwand gegebenenfalls minimieren. Es ist jedoch zu beachten, dass weiterhin CSRBB-spezifische Validierungshandlungen durchgeführt werden müssen, die gegebenenfalls einen zusätzlichen, hohen Durchführungsaufwand mit sich bringen.

Bei abweichenden Methodiken – etwa bei der Herleitung der Szenarien – müssen für CSRBB entsprechende Erweiterungen und neue Ansätze eingeführt werden.

Keine konkreten Vorgaben der Aufsicht zu den Szenarien für das CSRBB

Während die Aufsicht klare Vorgaben zu den regulatorisch geforderten Szenarien für das IRRBB macht, fehlt eine solche Vorgabe für das CSRBB. Um mehr über die Praxis in den Banken zu erfahren, haben wir eine Umfrage unter 93 europäischen Banken aus 17 Ländern (sowohl EZB-beaufsichtigt als auch andere) gemacht und ein Benchmarking erstellt.

Daraus geht hervor, dass die meisten europäischen Banken mittlerweile ratingspezifische Credit-Spread-Schocks verwenden, wonach die Höhe der Credit-Spread-Auslenkung vom Rating des Kontrahenten abhängig ist.

Zu Anfang hatten die Institute meist einfache Credit-Spread-Szenarien konzipiert, die den gesamten Produkt-Scope gleichermaßen betreffen. Mittlerweile definiert auch die Aufsicht ratingabhängige CSRBB-Szenarien in der kürzlich bekannt gewordenen neuen Short-Term-Exercise-Meldung (STE).

Den Ausschluss idiosynkratischer Effekte adressieren

Eine CSRBB-Validierung muss die definierten Spread-Szenarien daraufhin prüfen, ob sie zumindest die historischen Spread-Schwankungen für Kontrahenten eines bestimmten Ratings decken, zum Beispiel anhand von Zeitreihenanalysen. Hierzu sollten historische Spread-Analysen pro Rating durchgeführt werden.

Dabei gilt es zu beachten, dass die Aufsicht vorgibt, sogenannte idiosynkratische Effekte wie sektor-, land-, oder instrumentenspezifische Ursachen des Credit-Spreads aus dem CSRBB auszuschließen, sofern ihre Berücksichtigung ist. Zusätzlich sind Rating-Migrationen ohne Ausnahme explizit auszuschließen.

Die Anforderung zum Ausschluss von idiosynkratischen Effekten können Banken somit auf zwei Weisen adressieren: Da wäre zum einen das Definieren eines Spread-Kurvenuniversums, das idiosynkratische Einflüsse auf den Credit-Spread separiert, um auf die gewünschte Spread-Definition der Aufsicht einzugehen. Zweitens kann ein Nachweis dafür geliefert werden, dass die Mitberücksichtigung idiosynkratischer Einflüsse konservativ ist.

Definition von Kurven: Die komplexeste Anforderung aus der CSRBB-Implementierung

Die Definition von Kurven ohne idiosynkratische Einflüsse ist konzeptionell herausfordernd und wird von den meisten europäischen Banken in unserem Benchmarking nutzen bereits über Sektoren aggregierte Spread-Kurven.

Wird dieser Ansatz gewählt, muss die Validierung anhand der Dokumentation zum Kurvenuniversum prüfen, inwieweit idiosynkratische Effekte ausgeschlossen werden. Dabei muss die Dokumentation hinreichend detailliert die Methoden und, falls vorhanden, Expertenschätzungen beschreiben, um den Prozess für einen Dritten nachvollziehbar zu machen.

Sofern die Bank sich entscheidet, idiosynkratische Effekte wie Länder- oder Sektor-Konzentrationen mitzuberücksichtigen, muss die Validierung prüfen, ob die Berücksichtigung ist. Als Leitlinie können hierzu zum Beispiel die CSRBB-Szenarien der STE-Meldung herangezogen werden.

Eine Mehrheit von EZB-beaufsichtigten Banken verwendet hierfür qualitative Argumentationen, wobei dies im Rahmen des Fachgremiums IRRBB und der MaRisk ausdrücklich gestattet wurde. Quantitative Nachweise sind bisher wenig bis gar nicht zu beobachten.

Die Validierung muss insbesondere die Dokumentation zum Szenario-Universum und der Szenario-Herleitung daraufhin prüfen, dass idiosynkratische Effekte und deren Einfluss auf die Kalibrierung der Szenarien angemessen berücksichtigt sind. Allgemein muss auch diese Dokumentation analoge Anforderungen erfüllen wie oben beschrieben, um die Nachvollziehbarkeit zu gewährleisten.

Der Scope des CSRBB: Erfahrungen aus der Praxis

Bezüglich des relevanten Produkt-Scopes für das CSRBB gibt die Aufsicht lediglich vor, dass keine allgemeinen Produktausschlüsse erlaubt sind – es sei denn die Unabhängigkeit von Credit-Spreads des Geschäfts kann nachgewiesen werden. Es gilt allerdings ausdrücklich ein allgemeiner Produkteinschluss für zu Fair Value bewertete Aktiva. Auf Basis dieser Definition hat sich bisher noch kein klarer Marktstandard entwickelt.

Grundsätzlich sollten alle Produkte mit einer Credit-Spread-Sensitivität im Scope des CSRBB eingeschlossen sein. Sofern es Barwertberechnungen, beispielsweise für die IFRS-Bilanzierung, gibt, bei denen Credit-Spreads eingehen, sind entsprechende Produkte zwingend in den Scope aufzunehmen. Hierbei muss die Validierung vor allem die Dokumentation zum Scope und die Begründung zu Ausschlüssen davon prüfen.

Aus periodischer Sicht sollten Geschäfte, deren Neugeschäftskonditionen von Markt-Spreads oder vom eigenen Funding-Spread abhängig sind, als Credit-Spread-sensitiv in der Simulation behandelt werden. Das bedeutet, dass das in der Simulation angelegte Neugeschäft als eine Ausweitung oder Einengung des Credit-Spreads gegenüber dem Bestandsgeschäft durchgeht.

KPMG-Umfrage: Ergebnisse zum CSRBB-Scope bei EZB-beaufsichtigten Banken

Quelle: KPMG-Umfrage 2025, eigene Darstellung

Annähernd alle europäischen Banken schließen Fair-Value- und Amortized-Cost-Anleihen in den Scope des CSRBB ein – eine Mehrzahl auch die Eigenemissionen. Erste Prüfungen des CSRBB geben eine Indikation für den Mindest-Scope an Produkten für das CSRBB, so zum Beispiel, dass Eigenemissionen grundsätzlich im Scope sein sollten. Die Validierung sollte besonders auf diese Produkte achten und Argumente für ihren Ausschluss aus dem CSRBB vorsichtig prüfen.

Kredite an Privatkunden sowie Passiv-Einlagen werden dagegen oft aus dem CSRBB-Scope ausgeschlossen. Diese Entscheidung wird bisher nicht durch die Aufsicht bemängelt, sofern eine angemessene Begründung vorliegt, zum Beispiel mit Verweis auf den Pricing-Prozess bei Krediten. Zwar werden teils auch Firmenkundenkredite aus dem Scope ausgeschlossen, allerdings wird ein solcher Ausschluss bemängelt, wenn die Gegenpartei Emissionen begeben kann.

Integration des CSRBB in den ICAAP teils noch unklar

Grundsätzlich kann die Governance des CSRBB an der des IRRBB anknüpfen, insbesondere mit Blick auf Verantwortlichkeiten. So können die Verantwortung für Steuerungsentscheidungen, die Durchführung von Steuerungsmaßnahmen, die Überwachung und das Reporting des Risikos und die Modellentwicklung grundsätzlich denselben Einheiten zugeteilt werden wie im IRRBB. Abweichungen im Prozess gegenüber dem IRRBB sind zu begründen und durch die Validierung zu prüfen.

Bei der Integration des CSRBB in das interne Kapitaladäquanzverfahren von Banken (Internal Capital Adequacy Assessment Process, ICAAP) gibt es noch einige spezifische Fragestellungen zu beachten. So ist sicherzustellen, dass grundsätzlich konsistente Methoden zwischen der Risikorechnung im CSRBB und im ICAAP bezüglich Spread-Risiken bestehen.

Zwar wird der separate Ausweis von CSRBB im Reporting gefordert, allerdings ist noch unklar, inwieweit das CSRBB auch als Unterkategorie des ICAAP separat ausgewiesen werden muss – oder ob die Berücksichtigung des CSRBB innerhalb einer aggregierten Risikokategorie des ICAAP ausreicht.

Beispielsweise kann es Unterschiede zwischen dem Spread-Risiko im ICAAP und dem CSRBB bei der Berücksichtigung von Migrationseffekten geben. So sind in ersterem Rating-Verschlechterungen gestattet, sofern die Bank nicht dadurch in der Risikorechnung profitiert, während sie aus dem CSRBB strikt auszuschließen sind. Dadurch unterscheiden sich die Risikor.

Empfehlungen für den Übergang von Initialvalidierung zu Regelvalidierung im Jahr 2025

Für viele Banken steht die erste Regelvalidierung des CSRBB im Jahr 2025 an. Konzeption und Dokumentation des Regelprozesses stehen aktuell also im Vordergrund.

Das bedeutet, dass der Validierungsprozess anhand von geeigneten Richtlinien beschrieben und die Validierungshandlungen der Regelvalidierung in Konzepten niedergeschrieben sein sollten, inklusive der Kriterien zur Wesentlichkeitseinwertung von Schwächen. Entsprechend sollte die relevante Dokumentation des Validierungsprozesses auf Vollständigkeit und Angemessenheit geprüft und gegebenenfalls überarbeitet werden.

In Diskussionen mit Banken hat sich uns gezeigt, dass der CSRBB-Scope ein Fokusthema von Prüfungen ist und sein wird. Daher sollte dieser Aspekt besonders ausführlich in der Regelvalidierung geprüft werden. Mit Hinblick auf die neulich von der Aufsicht veröffentlichten CSRBB-Szenarien in der STE-Meldung besteht nun aber auch eine Benchmark für CSRBB-Szenarien.

Es ist daher davon auszugehen, dass die von Banken für das CSRBB konzipierten Spread-Szenarien näher auf Angemessenheit geprüft werden. Wir empfehlen folglich, auch die CSRBB-Szenarien ausführlicher im Rahmen der Validierung zu untersuchen.

Dagegen wurde das Spreadkurven-Universum bisher nicht stark durch die Aufsicht thematisiert. Noch dazu sind die für die STE-Meldung konzipierten CSRBB-Szenarien idiosynkratisch laut Definition der Aufsicht. Folglich empfehlen wir, wenn Institute Abweichungen von den diesbezüglichen Vorgaben im Rahmen der Validierung identifizieren, sie entsprechend weniger schwerwiegend zu gewichten, auch weil aus ICAAP-Sicht idiosynkratische Aspekte gefordert sind.