Die MiCAR kommt – und mit ihr Regeln zu Marktmanipulation im Krypto-Handel

Die MiCAR kommt – und mit ihr Regeln zu Marktmanipulation im Krypto-Handel

Ein technischer Standard soll Klarheit über die Anwendung der MiCA-Verordnung bringen.

Keyfacts:

  • Im Kryptohandel treten Praktiken der Marktmanipulation auf, die es im klassischen Wertpapierbereich nicht gibt.
  • Die MiCAR soll in Europa einen einheitlichen Rechtsrahmen für den Handel mit digitalen Assets herstellen – und sie enthält auch Regelungen zu Marktmanipulation und Insiderhandel.
  • Der ausstehende technische Standard (RTS) der ESMA enthält Konkretisierungen zum Marktmissbrauch, ist in der Abgrenzung des Begriffs professioneller Anleger („PPAET“) unserer Einschätzung nach aber nicht eindeutig – das macht die Bekämpfung von Marktmissbrauch schwierig.

    Im Kapitalmarkt gibt es immer wieder Akteure, die durch die Manipulation von Marktpreisen versuchen, Profit zu schlagen. Kryptomärkte bilden hier keine Ausnahme. So ist es wenig überraschend, dass sich im Zusammenhang mit Krypto-Assets zunehmend Verhaltensweisen beobachten lassen, die missbräuchlichen Aktivitäten auf traditionellen Finanzmärkten gleichen. Dazu zählen Praktiken wie „Pump and Dump“, „Spoofing“ oder „Wash Trading“. Die Begriffserklärungen finden Sie in der Übersicht unten.

    MiCAR enthält auch Regelungen gegen Marktmissbrauch im Kryptohandel

    Die Markets in Crypto-Assets Regulation (MiCAR) der Europäischen Union setzt neue Maßstäbe in der Regulierung digitaler Vermögenswerte. Sie tritt Ende 2024 auf EU-Ebene in Kraft. In Deutschland ist der Zeithorizont aktuell unklar, weil das deutsche Umsetzungsgesetz FinMaDiG noch in der Schwebe ist.

    Mit dem Definieren von Marktstandards zielt die MiCAR natürlich auch darauf ab, den möglichen Marktmissbrauch in der sich schnell entwickelnden Krypto-Landschaft effektiv zu bekämpfen. Das soll durch das Adaptieren von anderen Regelungssystemen gelingen.

    Mit dem bevorstehenden Inkrafttreten der MiCAR rückt die Regulierung von Marktmissbrauch im Kryptosektor also in den Fokus. Diese Entwicklung wirft Fragen zu bestehenden und künftigen Geschäftsmodellen auf und erfordert die Einführung geeigneter Präventionsmaßnahmen.

    So enthält die MiCAR Regelungen, die Marktmissbrauch bekämpfen und verhindern sollen. Dabei orientiert sie sich etwa an den Vorgaben der bestehenden Marktmissbrauchsverordnung (MAR).

    Die MiCAR entlehnt allerdings nur Teile der MAR, zum Beispiel die zu Insiderinformationen und deren Offenlegung, das Verbot von Insidergeschäften, die unrechtmäßige Offenlegung von Insiderinformationen sowie das Verbot von Marktmanipulation und die Vorbeugung und Aufdeckung von Marktmissbrauch.

    Der Grund für die vereinfachten Vorgaben liegt darin, dass die Emittenten von Kryptowerten und die Anbieter von Kryptowerte-Dienstleistungen oft kleine und mittelständische Unternehmen sind, die nicht durch unverhältnismäßige Regulierungen eingeschränkt werden sollen.

    Einfach erklärt: Die wichtigsten Praktiken der Marktmanipulation

    • „Pump and Dump“
    • „Spoofing“
    • „Wash Tradings“

    Unterschiede zwischen MiCAR und Marktmissbrauchsverordnung MAR

    Ein weiterer wesentlicher Unterschied zwischen MiCAR und MAR liegt in der Detailtiefe der Regelungen. Während die MAR in Anhang I eine nicht erschöpfende Liste von Indikatoren als praktische Handreichung bereitstellt, fehlt ein solcher Anhang in der MiCAR. Ferner erwähnt die MiCAR den Sonderfall der Referenzwert-(„Benchmark“-)Manipulation nicht als eigenständige, vierte Kategorie.

    Darüber hinaus enthält die MiCAR keine Ausnahmen. Im Bereich der Marktmanipulation betrifft das insbesondere die Ausnahmeregelungen für Rückkaufprogramme und Stabilisierungsmaßnahmen sowie die Regelungen zu legitimen Handlungen.

    Insgesamt bedürfen diese Regelungen nach unserer Einschätzung weiterer Konkretisierung, um einerseits wirksam zu sein und andererseits für die Verpflichteten praktisch umsetzbar. Die weitere Konkretisierung der Vorschriften der MiCAR obliegt der EBA und der ESMA. Die beiden Aufsichtsbehörden erarbeiten, zum Teil gemeinsam, zu diesem Zweck sogenannte Regulatory Technical Standards (RTS) und Implementing Technical Standards (ITS).

    Zurzeit befindet sich der RTS der ESMA zu den Vorschriften zur Verhinderung von Marktmissbrauch noch in der Konsultationsphase. Mit der Veröffentlichung des „Final Report“ soll er bis zum Ende des Jahres 2024 aber abgeschlossen sein.

    Konkretisierung der Marktmissbrauchsvorgaben durch die RTS

    Der RTS präzisiert unter anderem die Auslegung des Begriffs „Professioneller Anleger“, in der Fachsprache „Persons professionally arranging or executing transactions“ (PPAET) genannt.

    Diese Definition ist entscheidend, da sie festlegt, welche Personen oder Unternehmen für das Vorbeugen und Erkennen von Marktmissbrauch verantwortlich sind. Das ist vor allem daher relevant, weil im Kryptomarkt Transaktionen ohne Bank oder Broker-Unternehmen stattfinden können.

    Aus dem traditionellen Wertpapierhandel bekannte Praktiken der Marktmanipulation werden im Kryptomarkt beispielsweise durch die „Sandwich Attack“, die „51 %-Attacke“ oder die „Sybil-Attacke“ ergänzt. Das „Marking the Close“ entfällt als Form der Marktmanipulation, da die Handelsplätze, insbesondere dezentrale Börsen, keinen festen Börsenschluss kennen.

    Was sind „Sandwich Attack“, „51%-/Sybil Attack“, „Marking the Close“ und dezentrale Börsen?

    • Sandwich Attack
    • 51 %-/Sybil Attack
    • Marking the Close
    • Dezentrale Börsen

    Während die MAR eine PPAET definiert als „Person, die beruflich mit der Entgegennahme und Übermittlung von Aufträgen oder der Ausführung von Geschäften mit Finanzinstrumenten befasst ist“, interpretiert die ESMA diesen Begriff weiter. So fallen unter ihre Begriffsfassung auch „Buy-Side-Firmen“, „Proprietary Trader“, „DEA-Provider“ sowie „Non-financial firms“, die auf eigene Rechnung handeln.

    Die ESMA selbst stellt fest, dass die MiCAR keine Definition des Begriffs PPAET enthält, möchte diesen aber in jedem Fall weit verstanden wissen, sodass nach dieser Lesart möglichst viele potenziell Verpflichtete in den Anwendungsbereich fallen.

    Unklar erscheint, gerade vor dem Hintergrund der zahlreichen Varianten von Geschäftsmodellen und damit auch Kombinationen von Kryptowerte-Dienstleistungen, wer zu welchen effektiven Vorkehrungen welche Systeme und Prozesse zur Verhinderung von Marktmissbrauch vorhalten muss.“