Krankenhäuser: Bessere Abschlussprüfung durch Digitalisierung

Neue Prüftools für Krankenhäuser

Mit einem innovativen Tool Erlöse und Kontrollmechanismen komplett überprüfen

Krankenhäuser zählen zu den komplexesten Systemen der Gesundheitswirtschaft. An der Begleitung der Patientinnen und Patienten – von der Aufnahme, über Diagnose, Behandlung, Entlassung und Rechnungsstellung – sind Akteure verschiedener Abteilungen beteiligt, die eng aufeinander abgestimmte Prozessschritte bearbeiten müssen. Hinzu kommt, dass die Gesundheitswirtschaft zu den am stärksten regulierten Wirtschaftszweigen in Deutschland gehört. Bei der Dokumentation und insbesondere der Abrechnung von Leistungen nach dem DRG-System sind zahlreiche Vorgaben zu beachten. Auch an die einzelnen Prozessschritte werden seitens des Gesetzgebers umfangreiche regulatorische Anforderungen gestellt, die ebenfalls Eingang in den Jahresabschluss finden müssen. Somit werden Prüfung und Erstellung des Jahresabschlusses von Krankenhäusern eine besondere Herausforderung – und das bietet Chancen für innovative, digitale Tools.

Funktionsprüfung erfasst alle Transaktionen

Ein Beispiel: Zur Abschlussprüfung in Krankenhäusern gehört auch die Funktionsprüfung des internen Kontrollsystems im Bereich der Patientenabrechnung, die analysiert, ob der Weg der zu Behandelnden durch das Krankenhaus buchhalterisch korrekt abgebildet und die nötigen Kontrollen in jedem Prozessschritt richtig implementiert und durchgeführt wurden. Ein wichtiger Aspekt dabei ist die Einhaltung des Vier-Augen-Prinzips, das stellvertretend für die korrekte Freigabe jedes einzelnen Schrittes durch die an dem jeweiligen Fall beteiligten Personen im Krankenhaus steht.

Übliche und anerkannte Praxis ist, dass sich Prüfer bei der Analyse dieser Kontrollmechanismen auf Stichproben stützen. Selbst wenn ein großes Krankenhaus einen jährlichen Durchlauf von bis zu 30.000 Fällen verzeichnet, werden initial nur wenige Fälle mittels berufsständisch anerkannter Stichprobenverfahren ausgewählt und geprüft. Sollten sich dabei Abweichungen herausstellen, wird die Stichprobe in einem gewissen Umfang erweitert, bleibt aber im Vergleich zu Gesamtheit der Daten dennoch begrenzt.

Dass nur Stichproben und nicht die Gesamtheit der verfügbaren Daten geprüft werden, hat vor allem den Hintergrund, dass eine händische Begutachtung der Daten wirtschaftlich nicht vertretbar wäre. Der Nachteil dieses Vorgehens: Sollten Abweichungen festgestellt werden, können sie dem Management des Krankenhauses nicht vollständig transparent dargelegt werden. Die Prüfer könnten nur für die geprüfte Stichprobe aufzeigen, wo und in welchem Umfang es zu Fehlern im Prozess gekommen ist. Systematische Fehler können dabei unentdeckt bleiben. Dem auf den Grund zu gehen, wäre dann Aufgabe des unternehmensinternen Rechnungswesens.

Healthcare Analytics-Tool: automatisierte Prüfung der kompletten Datenbasis

Die Lösung für dieses Dilemma liegt in der Digitalisierung. Speziell für die Abschlussprüfung von Krankenhäusern hat KPMG das Healthcare Analytics Tool (HAT) entwickelt. Neben anderen Features automatisiert es einige Prüfungshandlungen und erweitert deren Umfang erheblich. So lassen sich mit dem HAT alle Transaktionen im Patientenmanagementprozess – von der Aufnahme über Diagnose und Behandlung bis zur Entlassung und Rechnungsstellung – automatisiert analysieren und die Schwachstellen explizit identifizieren.

Das HAT ermöglicht auch eine automatisierte Prüfung der Erlösverprobung, die aussagt, ob die im Krankenhausinformationssystem (KIS) gebuchten Krankenhausleistungen mit den Erlösen der Finanzbuchhaltung (Fibu) übereinstimmen. Wie bei der Prüfung der Kontrollmechanismen im Patientenmanagementprozess werden auch für den Abgleich zwischen KIS und Fibu hundert Prozent der Daten herangezogen. Dies erlaubt nicht nur eine wesentlich genauere Prüfung, es lässt sich mithilfe des HAT auch fallgenau der Ursprung der festgestellten Abweichungen benennen. Eine Analysetiefe wie diese wäre ohne die automatisierte Datenanalyse nur mit erheblichem Aufwand möglich.

Automatische Ermittlung krankenhaustypischer Kennzahlen

Zu den weiteren Features des HAT zählt die automatische Ermittlung krankenhaustypischer Kennzahlen, die ebenfalls als Teil des Anhangs zum Jahresabschluss sowie zum Lagebericht gehören. Beispielsweise kann der Case Mix Index (CMI) automatisiert berechnet werden, der die durchschnittliche Fallschwere im Berichtszeitraum ausdrückt und damit den relativen wirtschaftlichen Aufwand aller Behandlungsfälle des Krankenhauses anzeigt. Mit ihrem potenziellen Einfluss auf den Erlös eines Falls ist diese Kennzahl innerhalb des DRG-Systems von besonderer Bedeutung.

Ebenfalls automatisch generiert das HAT die Verweildauer, die Auskunft darüber gibt, wie viele Tage die Patientinnen und Patienten stationär behandelt wurden. Zum Management der Forderungen gegen die gesetzlichen Kostenträger gehört eine dritte krankenhaustypische Kennzahl. Sie gibt an, wie lange es ab Rechnungsstellung dauert, bis der ausstehende Betrag beglichen wurde. Eine weitere zeigt, wie viel Zeit nach der Entlassung bis zur Rechnungsstellung vergeht.

Schließlich ermöglicht das HAT auch einen Benchmark-Vergleich mehrerer Häuser innerhalb eines Krankenhauskonzerns. Neben den krankenhaustypischen Kennzahlen können dazu auch die Ergebnisse aller anderen Prüfungshandlungen herangezogen werden wie die aus dem Patientenmanagementprozess oder aus der Erlösverprobung. Dieser Vergleich kann bis auf die Ebene der Fachabteilungen heruntergebrochen werden.

Die Zukunft der Prüfung von Krankenhäusern ist digital

Der Einsatz des HAT bietet entscheidende Vorteile für Krankenhäuser. Durch die automatisierte Auswertung der gesamten Datenbasis anstelle einer kleinen Stichprobe lässt sich nicht nur die Qualität der Prüfung steigern, sondern auch die Qualität und Transparenz im Abrechnungsprozess. Durch die flächendeckende Prüfung des rechnungslegungsbezogenen internen Kontrollsystems im Bereich der Patientenabrechnung liefert das HAT tiefe Einblicke zur Stärkung des Compliance Management Systems.

Die Voraussetzungen für den HAT-Einsatz sind bei den meisten Krankenhäusern gegeben, denn die Mehrheit hat ihre Prozesse bereits digitalisiert. Weitere werden dank der Förderung durch das Krankenhauszukunftsgesetz mittelfristig Fortschritte in diese Richtung machen. Das Tool ist mit den Krankenhausinformationssystemen großer Anbieter ebenso kompatibel wie mit den verbreiteten Finanzbuchhaltungssystemen. Auch bei einer anderen Softwarebasis besteht die Möglichkeit, mit dem HAT zu arbeiten. Solange eine solide Datenbasis vorhanden ist, also beispielsweise die Freigaben im Patientenmanagementprozess digital vorhanden sind, ist das Tool systemunabhängig.

Zwar war die Prüfung schon immer darauf ausgerichtet, prozessuale Schwachstellen in den Krankenhäusern aufzudecken. In der Vergangenheit hatte das wirtschaftlich notwendige Vorgehen per Stichproben allerdings seine Grenzen. Erst mit der Möglichkeit, die verfügbaren Daten vollständig in die Analyse einzubeziehen, kann die Prüfung ihr Potenzial voll entfalten. Parallel zu den Krankenhäusern, die sich wie andere Wirtschaftszweige mitten in der digitalen Transformation befinden, entwickelt sich somit auch die Prüfung weiter.