Sieben Thesen zur Zukunft von digitalen Assets und digitalem Geld

Der Markt zu Krypto & Co. wird 2024 an Fahrt gewinnen – wir sagen, worauf es ankommt.

Keyfacts:

  • Der Markt für Kryptowerte und digitales Geld wird in den kommenden Monaten weiter an Fahrt gewinnen.
  • Tokenisierte Wertpapierplatzierungen nehmen zu, warten aber weiter auf ihren Durchbruch – gleichzeitig werden Kryptowährungen in diesem Jahr erheblich an Bedeutung gewinnen.
  • Mit dem Inkrafttreten der MiCAR ist die EU nun der größte regulierte, adressierbare Markt der Welt für Kryptowerte – ein enormes Potenzial für die Finanzindustrie in Europa.

Der Markt für Kryptowährungen, Kryptowerte und tokenisierte Assets ist in Bewegung. Die Diskussion um einen digitalen Euro ist in vollem Gange. Mit der Digital Euro Service Plattform (DESP) wird eines der größten IT-Projekte in der Finanzbranche aller Zeiten auf den Weg gebracht. Und die MiCAR stößt das Tor weit auf zu Marktchancen für zahlreiche Anbieter. Wir haben sieben Thesen zur Entwicklung in den kommenden Monaten:

These 1: 2024 wird ein Krypto-Jahr.

Krypowerte werden in den kommenden Monaten weiter an Relevanz gewinnen. Unter anderem sorgte die Einführung von Bitcoin-ETFs bereits für einen historischen Bitcoin-Rekordhoch im Februar und März. Und auch das Kryptoinvestmentangebot von großen Instituten führt dazu, dass Kryptowährungen salonfähig werden und als ganz normale Anlageklasse neben Aktien, Anleihen und Co. wahrgenommen werden – sowohl im breiten Retail-Markt wie bei institutionellen Investoren.

Institute mit Retailgeschäft ermöglichen ihren Kunden bereits Zugang zu Bitcoin oder entwickeln entsprechende Angebote, um in den digitalen Geldbörsen mitzumischen – also fachlich gesprochen ihren Share-of-Wallet zu halten, perspektivisch auszubauen und Kunden zu binden.

These 2: Blockchains – die Renaissance der Permissioned Netzwerke wird sich fortsetzen.

Sie hat 2023 begonnen und wird sich in diesem Jahr fortsetzen: die Renaissance der Permissioned Netzwerke. Getrieben ist diese Entwicklung durch günstige regulatorische Rahmenbedingungen. Und dennoch wird 2024 voraussichtlich noch keine Permissioned Blockchain eine signifikante Skalierung erreichen.

Das Ethereum-Ökosystem wird auch 2024 die dominierende Smart-Contract-Plattform bleiben. Institute sollten ihre Digital-Asset-Infrastruktur und Produktlösungen daher als einen Baustein im EVM-Ökosystem (Ethereum Virtual Machine) umsetzen.

These 3: Der digitale Euro wird politisch kontrovers diskutiert werden.

In der Diskussion um den digitalen Euro wird es in diesem Jahr ernst. Absehbar ist, dass der Nutzen einer digitalen Zentralbankwährung für die Verbraucherinnen und Verbraucher stärker hinterfragt werden wird. Auch die Diskussion, ob es sich beim digitalen Euro um ein digitales Zahlungsmittel oder ein digitales Zahlungssystem handelt, wird weiter an Fahrt gewinnen.

Ob der Gesetzentwurf für den digitalen Euro bereits 2024 verabschiedet wird, ist keineswegs sicher. Grundsätzlich wird die Europäische Zentralbank (EZB) aber an ihrem Konzept festhalten und den Aufbau der Digital Euro Service Plattform (DESP) weiter vorantreiben – eines der größten IT-Projekte im Finanzdienstleistungsbereich aller Zeiten kündigt sich an.

These 4: Tokenisierte Wertpapiere bleiben auch 2024 ein „Private Market Case“.

Zu erwarten ist, dass tokenisierte Wertpapiere auch 2024 keine Massenadaption erfahren. Sie bleiben in diesem Jahr noch ein Anwendungsfall in geschlossenen Märkten mit wenigen Teilnehmern, etwa im Crowdfunding. Zwar werden Angebot und Nachfrage zunehmen, jedoch auf niedrigem Niveau. Skalierbare Ansätze werden eher im Kontext der Mobilisierung bestehender Wertpapiere auf DLT-Netzwerken zu beobachten sein. Insbesondere das Collateral Management könnte einen spannenden Anwendungsfall darstellen.

Insgesamt gewinnt die Digitalisierung des Kapitalmarkts aber weiter an Fahrt. Um keine Entwicklung zu verpassen, ist es wichtig, sich an den relevanten Diskussionen zu den Marktstandards der Zukunft zu beteiligten. Dazu zählen unter anderem die EZB-Trials zum Wholesale Settlement und das DLT Pilot Regime.

These 5: Die MiCAR verändert alles – und wird von vielen noch unterschätzt.

Das dominierende regulatorische Thema 2024 ist die Markets in Crypto Assets Regulation (MiCAR), die EU-Verordnung über die Märkte für Kryptowerte. Sie schafft einen europäischen Binnenmarkt mit annähernd 450 Millionen Bürgerinnen und Bürgern – der bis dato größte adressierbare, regulierte Markt für Kryptowerte und damit verbundene Dienstleistungen weltweit.

Das finale Inkrafttreten der MiCAR (Mitte beziehungsweise Ende 2024) wird damit zu einer neuen aufsichtsrechtlichen Dynamik führen und auch Instituten, die bereits über eine Zulassung nach dem Kreditwesengesetz verfügen, zusätzliche Chancen eröffnen.

These 6: USD-Stablecoins bleiben (vorerst) dominant.

Die Dominanz der auf US-Dollar lautenden Stablecoins wird 2024 anhalten. Denn die MiCAR schafft zwar einen attraktiven regulatorischen Rahmen für die Ausgabe von Euro-Stablecoins, wird aber erst Mitte 2024 in Kraft treten und hohe regulatorische Hürden mit sich bringen. Zudem muss sich die Vorteilhaftigkeit von MiCAR-basierten Stablecoins erst noch beweisen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Marktkapitalisierung der Euro-Stablecoins 2024 die Marke von einer Milliarde Euro nicht überschreiten wird.

These 7: Neue Trends in Sicht: DLT trifft auf ESG und KI.

Der Markt für CO2-Verschmutzungszertifikate ist bisher dominiert von öffentlichen Zertifikaten, doch der Markt für private Verschmutzungszertifikate wächst. Werden diese als Token ausgegeben, fallen sie in den Anwendungsbereich der MiCAR, sodass für ihre Emissionen Whitepaper erstellt werden müssen.

Das könnte zu einer Professionalisierung des Marktes für Verschmutzungszertifikate – sogenannte Carbon Credits – führen. Impulse für den Markt werden sich auch aus der Überlappung der Distributed Ledger Technologie (DLT) und künstlicher Intelligenz (KI) ergeben. Sie werden sich gegenseitig bei der Adaption unterstützen, etwa im Bereich des Urheberrechts von Trainingsdaten.