USA versus China: Wie der Tech-Wettstreit sich auf die Finanz-IT auswirkt
Banken im US-China-Tech-Wettstreit
Mit Weitblick können deutsche Banken ihre IT-Strategie widerstandsfähig ausrichten
Keyfacts:
- Der Wettstreit zwischen den USA und China führt zu einer Fragmentierung des globalen Technologiemarktes.
- Deutsche Banken sind von Chinas Technologiemarkt abhängig und müssen die damit einhergehenden Risiken des US-China-Konflikts souverän managen.
- Indem sie ihre IT-Strategie gezielt ausrichten, können Banken ihre Widerstandsfähigkeit im geopolitischen Konflikt stärken und etwaige einseitige Abhängigkeiten abbauen.
Die Beziehungen zwischen den USA und China verschlechtern sich. US-Politiker:innen warnen vor Chinas Unterstützung für Russlands Krieg in der Ukraine. Und auch die anhaltende Taiwan-Problematik bleibt ein Konfliktpunkt. Es resultiert eine globale Fragmentierung des Technologiemarkts, da beide Parteien darauf abzielen, ihre Eigenständigkeit zu stärken, Verwundbarkeiten zu reduzieren und ihre Technologiesektoren zu entkoppeln.
US-Beschränkungen für den Export von Halbleitern und das CHIPS- und Science-Gesetz zur Stärkung ihrer Wettbewerbsfähigkeit im Hinblick auf Halbleiter beschleunigen diesen Prozess. Die USA erwägen zudem Kontrollen für Schlüsseltechnologien wie Quantencomputing und künstliche Intelligenz und werden wahrscheinlich einen Mechanismus zur Überprüfung von Investitionen in chinesische Technologien im Ausland umsetzen. Peking wiederum hat jüngst die Bedeutung der technologischen Selbstständigkeit betont.
Bundeskanzler Scholz: „Derisking statt Decoupling“
Bundeskanzler Scholz gab im Rahmen seines Chinabesuchs im Juni 2023 zwar an, dass die Bundesregierung auf eine Weiterentwicklung der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit China setzen sollte und sprach auf dem G7-Gipfel in Japan von einem „klugen Derisking statt Decoupling“. Dennoch haben diese Entwicklungen auch Auswirkungen auf die deutschen Handelsbeziehungen mit China. So hat die Europäische Kommission 2022 den EU Chips Act vorgeschlagen, der sich aktuell in Abstimmung befindet. Das Ziel: Den Anteil der EU an der globalen Halbleiterproduktion zu verdoppeln. Deutsche Unternehmen gehen den Ansatz der erhöhten Unabhängigkeit jedoch häufig nicht mit und steigern ihre Investitionen in chinesische Firmen.
Deutsche Banken im US-China-Technologiekonflikt
Die Abhängigkeit deutscher Banken von Chinas Technologiemarkt nimmt dabei zu. So gewinnt China im globalen Vergleich als Standort für Rechenzentren stetig an Bedeutung, während die deutsche Finanzbranche bisher wenig auf deutsche Rechenzentren setzt. China will zudem zum „Rechenzentrum der Welt“ werden und Zugriffe auf chinesische Clouds von jedem Ort der Welt aus ermöglichen. Weiterhin beziehen deutsche Technologiefirmen Hardwarekomponenten aus China – zum Beispiel kommen circa ein Drittel aller Halbleiter von dort. Außerdem spielen digitale Zahlungslösungen aus China, wie Alipay und WeChat Pay, auch in Deutschland eine immer größer werdende Rolle, während digitale Zahlungslösungen aus Deutschland häufig noch im Entwicklungsstadium sind.
Banken geben circa 42 Prozent ihrer Investments für Technologien aus und sollten genau überlegen, wie sie mit den Risiken des US-China-Technologiekonflikts umgehen.
Banken, die circa 42 Prozent ihrer Investments für Technologien ausgeben, müssen sich genau überlegen, wie sie mit den Risiken des US-China-Technologiekonflikts umgehen. Um zu vermeiden, dass Lieferketten zusammenbrechen, Kosten steigen und Sicherheitsrisiken entstehen, sollten sie mögliche Gesetze und Sanktionen frühzeitig berücksichtigen und entsprechende Maßnahmen ergreifen. Konkret sollten sie folgende Sachverhalte bewerten:
- Ausgewogene Risikodiversifizierung hinsichtlich der Standorte für Rechenzentren bei der Auslagerung von Daten und Diensten in die Cloud.
- Politische Unabhängigkeit hinsichtlich der Beschaffung von Endgeräten und Hardware für On-Premise-Rechenzentren an Firmen.
- Analyse des IT-Anwendungsportfolios hinsichtlich einseitiger Abhängigkeiten zu Entwicklerfirmen bei Softwarekomponenten und Priorisierung europäischer Lösungen.
- Aktives Vorantreiben europäischer Innovationen durch Kooperationen mit Technologieunternehmen und Innovation Labs.
Ausrichtung der IT-Strategie auf die geopolitischen Risiken
In diesem Zusammenhang ist strategische Weitsicht gefordert. Die Komplexität der Situation wird verstärkt durch bestehende strategische Partnerschaften, Kapitalmarktabhängigkeiten sowie Investitionsbeziehungen. Banken müssen ihre Abhängigkeiten von Technologieunternehmen umfassend untersuchen und mögliche Auswirkungen einer schnellen Abkopplung (Decoupling) auf andere Unternehmensziele prüfen. Nur so können sie mittels der Diversifizierung von Technologien und Lieferketten ihre Widerstandsfähigkeit im geopolitischen Konflikt sicherstellen, regulatorische Unsicherheiten vermeiden und sich vor Sicherheitsbedenken und Wettbewerbsverzerrungen schützen. Gleichzeitig kann eine erhöhte politische Unabhängigkeit deutsche Banken für Anleger:innen attraktiver machen, die zunehmend auf sozial nachhaltige Finanzdienstleistungen setzen.