Bessere Customer Experience im Pannenfall bei niedrigeren Kosten

Pannenhilfe: Wie Unternehmen durch Digitalisierung bessere Kundenerlebnisse erzeugen

Wie der Pannenfall zum entscheidenden Moment in der Customer Journey werden kann

Eine Panne ist für Fahrer:innen neuerer Fahrzeuge ein eher unwahrscheinliches Erlebnis. Dennoch zählte allein der ADAC im Corona-Jahr 2021 insgesamt fast 3,5 Millionen Einsätze. Wenn es doch zur Panne kommt, dann meist im ungünstigsten Moment: auf dem Weg zur Arbeit, zu wichtigen Terminen oder auf der Reise in den Urlaub. Dadurch wird die Pannenhilfe zu einem Ereignis, das die Wahrnehmung eines Automobilunternehmens in den Augen seiner Kund:innen entscheidend beeinflussen kann. Versagt der Hersteller in einem Pannenfall, sind Kund:innen entsprechend sensibilisiert und entscheiden sich künftig womöglich für einen Wettbewerber.

Wie die Digitalisierung die Erwartungen der Kund:innen an die Pannenhilfe verändert

Kund:innen können heutzutage Essen oder Taxis per Smartphone bestellen und den Erhalt der Leistung minutengenau auf einer Karte nachvollziehen. Alle Informationen werden in Echtzeit bereitgestellt und sind bequem über das Smartphone abrufbar. Ein solches Nutzungserlebnis in alltäglichen Lebensbereichen erhöht auch die Erwartungen an digitale Services in Verbindung mit dem Auto. Entsprechende Services müssen einfach bedienbar sein, möglichst alle notwendigen Informationen integrieren und diese den Nutzenden zugänglich machen. Übertragen auf den Pannenservice bedeutet das: Einfaches Rufen der Pannenhilfe per App oder mobiler Website, automatische Lokalisierung des Pannenortes, Integration oder digitale Abfrage der Fahrzeugdaten, schnelle Zuordnung eines Pannenhelfenden, Kartenanzeige der Entfernung des Pannenhelfenden zum Pannenort sowie die Prognose der Ankunftszeit. Muss das Fahrzeug in die Werkstatt geschleppt werden, sollten das Ersatzfahrzeug schnell verfügbar und die für die Überlassung notwendigen Formalitäten digital abgewickelt werden können. Nach der erfolgten Pannenhilfe erwarten die Kund:innen einen digitalen Schadens- und Reparaturreport sowie einen unkomplizierten Zahlungs- bzw. Schadensregulierungsprozess, der keine Fragen offenlässt. Funktioniert das Zusammenspiel zwischen Menschen, Prozessen und Software reibungslos, merken die Kund:innen bestenfalls kaum, dass im Hintergrund komplexe Abläufe im Gange sind. Der durch das Pannenereignis erzeugte Stress bei den Kund:innen kann reduziert, ein positives Kundenerlebnis erzeugt und die Loyalität zur Marke des Automobilunternehmens, welches den Pannenservice abwickelt, gesteigert werden. Im Idealfall ereignet sich das sogenannte Beschwerdeparadoxon, sodass aus einem Negativerlebnis ein positiver Rückschluss auf die Marke erfolgt.

Herausforderungen für Anbietende von Pannenservices

Eine nahtlos integrierte Lösung ist für Hersteller im Pannenfall erfolgsentscheidend, wenn der Kundschaft ein ganzheitlich positives Markenerlebnis geboten werden soll. Um das zu erreichen, besteht die Herausforderung darin, Organisation, Prozesse, Systeme und Touchpoints zu Kund:innen optimal aufeinander abzustimmen. Allerdings ist die Pannenhilfe kostenintensiv und daher häufig an voneinander unabhängige Dienstleistende ausgelagert, die versuchen, die eingehenden Pannenvorgänge möglichst schnell über eigene Systeme und Prozesse abzuarbeiten. Dabei erfolgt die Interaktion zwischen den Prozessbeteiligten häufig unstrukturiert und manuell per Telefon. Dadurch mangelt es oft an Transparenz, wodurch Informationen auf dem Weg von einer beteiligten Person zur nächsten verlorengehen können. Ein häufig auftretendes Problem ist etwa, dass im Callcenter unklar ist, welche Pannenhelfenden aktuell erreichbar oder verfügbar sind. In der Folge entstehen Prozessschleifen und Folgeanrufe, die letztlich zu höheren Kosten und längeren Reaktionszeiten führen. Durch die Koordination der Pannenhilfe über menschliche Interaktionen ist der Prozess zudem nicht skalierbar. Dazu kommen häufig die mangelnde Integration der Prozesse und Systeme der Prozessbeteiligten sowie eine geringe Transparenz und Steuerbarkeit.

Für Kund:innen führt das im Pannenfall oftmals dazu, dass nach der Pannenmeldung durch lange Reaktionszeiten und wechselnde Ansprechpersonen ein Gefühl der Unsicherheit entsteht. Der durch die Situation bereits vorhandene Stress wird zusätzlich verstärkt. Um die Unsicherheit zu kompensieren, greifen Kund:innen mitunter durch weitere Anrufe im Callcenter erneut in den Prozess ein und verlangsamen die Abläufe zusätzlich. Im Ergebnis ist das Kundenerlebnis schlecht, der Negativeffekt des Pannenereignisses wird noch verstärkt.

Chancen durch digitalisierte Prozesse und Geolocation-Lösungen

Durch die Digitalisierung möglichst vieler Prozessschritte sowie die Nutzung von Standardlösungen führender Softwareanbieter besteht allerdings die Chance, an mehreren Stellen gleichzeitig zu gewinnen: durch ein verbessertes Kundenerlebnis, zufriedenere Mitarbeitende und niedrigere Kosten. Dazu hat KPMG den Prozess von der Pannenmeldung bis zur -behebung genau analysiert und hohe Einsparpotenziale identifiziert. Je nach Digitalisierungsgrad können mehr als 80 % der im Prozess anfallenden Kosten vermieden werden. Das heißt: Je mehr Einsparpotenzial realisiert werden soll, desto mehr Prozessschritte und Touchpoints zwischen den Beteiligten müssen digitalisiert und integriert werden.

In dem Zusammenhang zu nennen wären etwa eine App oder eine mobile Website mit Geo-Ortung für die Pannenmeldung, ein CRM-System mit integriertem Termin-, Ressourcen- und Gebietsmanagement sowie eine App mit Auftragsmanagement und Routennavigation für die technische Fachkraft im Außeneinsatz.

Mehrwerte durch die digitalisierte Pannenhilfe

Sind die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen, ergibt sich eine Vielzahl von Mehrwerten sowohl für die Kund:innen als auch für die anderen am Prozess beteiligten Personen.

Durch die digitale Erfassung strukturierter Informationen an den jeweiligen Touchpoints sind einfachere, automatisierte Arbeitsabläufe möglich, wodurch Reaktions- und Durchlaufzeiten drastisch reduziert werden können. So erfolgt etwa die Zuordnung einer technischen Fachkraft zu einem Pannenfall durch das Ressourcenmanagement des CRM-Systems auf Basis von Geodaten schneller, die vorhandenen Ressourcen werden effizienter genutzt und Prozessschleifen entfallen. Überdies haben alle Beteiligten in Echtzeit Zugriff auf alle wichtigen Informationen wie beispielsweise die Dauer bis zur Ankunft der technischen Fachkraft am Pannenort.

Manuelle Prozeduren und komplexe Koordinationen per Telefon entfallen – die Kommunikation wird einfacher, schneller und es entstehen weniger Kosten für unproduktive Tätigkeiten. Die Mitarbeitenden der Callcenter werden von wiederkehrenden Standardabläufen entlastet und können sich auf Problemlösungen im Sinne der Customer Experience konzentrieren.

Für die technische Fachkraft ist für die Einbindung in den Prozess lediglich ein Smartphone nötig. Der technische Roll-out der Lösung kann somit sehr schnell und ohne größere Hürden erfolgen. Die Ortung und Navigation zum Pannenfall erfolgt bequem über die App, alle zu erledigenden Aufgaben sind transparent dargestellt und können einfach abgearbeitet werden. Prozess- und Systembrüche werden vermieden, die fehleranfällige Dokumentation auf Papier entfällt. Zusätzlich können durch mehrere Sprachversionen der App sprachliche Barrieren zwischen der technischen Fachkraft und Zentrale bzw. Techniker:in und Kund:in abgebaut werden. Insbesondere wenn zur Ferienzeit viele Kund:innen im Ausland unterwegs sind, kann der gleiche Pannenservice mit lokalen Pannenhelfenden in allen Märkten angeboten werden. Wird die Pannenhilfe von unabhängigen technischen Fachkräften geleistet, kann deren Bezahlung über vollständig digitalisierte Prozesse beschleunigt werden. Dadurch wird die Nutzung der App noch attraktiver.

Auf Basis der im Prozess erhobenen Daten sind gezielte Maßnahmen möglich, um zum Beispiel die Besetzung des Callcenters oder der Service-Standorte zu optimieren und flexibel zu steuern. Anbietende können knappe Arbeitskräfte effizienter einsetzen und deren Zufriedenheit durch bestmögliche Unterstützung der Prozesse durch geeignete Systeme steigern.

Für die Kundschaft lässt sich mithilfe einer digitalisierten Pannenhilfe ein Negativerlebnis in etwas Positives verwandeln, indem eine reibungslose Problemlösung mit transparenten Abläufen angeboten wird.

Adaption auf weitere Anwendungsfälle

Ist die Prozess- und Systemarchitektur für die oben beschriebene Lösung erst einmal vorhanden, kann sie auch auf weitere Anwendungsfälle in der Automobilindustrie übertragen werden.

Naheliegend sind zum Beispiel sogenannte Service-Vans, die mithilfe von „Predictive Maintenance“ mangelhafte Teile am Fahrzeug bei Kund:innen vor Ort austauschen, bevor sie ausfallen.

Großes Einsparpotenzial verspricht auch der Einsatz im Probefahrtenmanagement. Durch Probefahrzeuge, die über eine Plattform gebucht werden können, hat der Hersteller die Möglichkeit, Fahrzeuge aus einer zentralen Probefahrtflotte je nach Bedarf an Händler oder direkt an die Kund:innen zu liefern. Dadurch werden die Fahrzeuge optimal genutzt, wesentlich weniger Fahrzeuge sind nötig und Kosten für Abschreibungen und Handling werden reduziert.

Fahrzeuge können auch bei Kund:innen wieder abgeholt werden, wenn etwa das Leasing ausläuft oder eine Wartung fällig ist. Kund:innen sind erfahrungsgemäß bereit, für diese Dienstleistungen zu zahlen, wenn sie Entlastung bieten und bequem buchbar sind.

Wie KPMG unterstützen kann

Betrachtet man die oben genannten Lösungen für die Pannenhilfe und weitere Services, stellen sich folgende Schlüsselfragen:

  1. Wie ist die Kundenwahrnehmung meines Unternehmens und seiner Marke im Pannenfall?
  2. Welche Rolle spielt mein Unternehmen im Pannenfall?
  3. Wie kann im Pannenfall ein positives Serviceerlebnis für die Kund:innen erzeugt werden?
  4. Welche Veränderungen muss ich an der Organisation, den Prozessen, Systemen und Touchpoints vornehmen, um ein solches Serviceerlebnis zu erzeugen?
  5. Welche Einspar- und Umsatzpotenziale sind bei entsprechenden Investitionen möglich?

Antworten darauf liefert KPMG mit dem Know-how aus vielfältigen Projekten bei Automobil- und Dienstleistungsunternehmen. Mit unserer Expertise können wir Sie dabei unterstützen, Kundenerlebnisse zu gestalten und dabei Umsatz- und Einsparpotenziale zu realisieren.

Co-Autorin: Melina Thieme

 

Customer-Experience-Excellence-Studie 2021

In unserer neuen Studie „Customer Experience – Was für Kunden zählt“ haben wir untersucht, wie Unternehmen exzellente Kundenerlebnisse gestalten können.

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Gestalten der Kundeninteraktion entlang aller Touchpoints eines Unternehmens

In der heutigen Zeit sind Kunden besser informiert, vernetzt und haben höhere Erwartungen an Produkte und legen mehr Wert auf das Kundenerlebnis als je zuvor. Hinzu kommt eine stetig steigende Vielfalt an Produkten, Informationen und Diensten – und das 24/7. In diesem Umfeld wird es für Unternehmen zunehmend schwerer, Kunden zu gewinnen und vor allen Dingen diese auch langfristig zu halten. Daher ist es umso wichtiger für Unternehmen, jede Interaktion mit ihren Kunden möglichst zur vollsten Zufriedenheit zu gestalten. Dafür ist es essentiell, nicht nur den komplexen Kundenlebenszyklus von Anfang bis Ende zu orchestrieren, sondern auch seine Kunden sowie deren Bedürfnisse zu kennen, zu verstehen und in den Fokus zu rücken.

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