Landmaschinenvertrieb in Deutschland

Die aktuelle Entwicklung und Trends auf dem deutschen Landmaschinenmarkt.

Der Agrarsektor spielt eine enorm wichtige Rolle in der deutschen Wirtschaft. Im Jahr 2020 erwirtschaftete die Landwirtschaft rund 23,1 Milliarden Euro oder 0,75 Prozent der Bruttowertschöpfung in Deutschland. Klingt dies erst mal nach sehr viel, ist es jedoch ein deutlicher Rückgang gegenüber dem Jahr 2019, in dem die Bruttowertschöpfung bei 1,5 Prozent lag. Damit einhergehend ändert sich auch die Zahl der Arbeitskräfte. Derzeit sind in Deutschland über 550.000 Menschen in der Landwirtschaft beschäftigt. Aufgrund von Faktoren wie Konsolidierung, demografischem Wandel und Verstädterung nimmt diese ab. Viele in der Landwirtschaft Tätige werden älter und es gibt nicht genügend jüngere Menschen, die bereit sind, Betriebe zu übernehmen. Darüber hinaus führt die Automatisierung zu einem Verlust von Arbeitsplätzen in der Branche. Um dem entgegenzuwirken, gibt es verschiedene Initiativen und Programme, die darauf abzielen, die Zahl der Landwirt/-innen zu erhöhen und Neueinsteiger/-innen zu unterstützen. So gibt es beispielsweise Subventionen für den Kauf oder die Modernisierung von landwirtschaftlichen Betrieben sowie Mittel zur Diversifizierung der Einkommensquellen in ländlichen Gebieten. Diese Initiativen zielen ebenfalls darauf ab, den von Männern dominierten Markt zu diversifizieren und mehr Frauen für ihn zu begeistern.

Insgesamt ist die Beschäftigung in allen Bereichen der Landwirtschaft rückläufig und es wird immer schwieriger, qualifizierte Arbeitskräfte zu finden. Dies gilt insbesondere für den Verkauf landwirtschaftlicher Erzeugnisse und die Werkstätten, in denen es an qualifiziertem Personal mangelt. Darüber hinaus führt der anhaltende Trend zur Verstädterung ebenfalls zu einem Mangel an erschwinglichem Wohnraum, was es für kleinere landwirtschaftliche Betriebe schwierig macht, Arbeitskräfte anzuwerben und zu halten.

Im Gegensatz zum weiter ansteigenden Fachkräftemangel hat sich der Weltmarkt für Landmaschinen in den letzten Jahren positiv entwickelt. Die Steigerung der landwirtschaftlichen Produktivität und die wachsenden Bevölkerungszahlen sowie der damit einhergehende Bedarf nach Nahrungsmitteln führte zu einem Anstieg der Nachfrage nach Landmaschinen und somit zu einer höheren Investitionsbereitschaft der Landwirt/-innen. Deutschland ist einer der führenden Hersteller von Landmaschinen in Europa, was zu der hohen Nachfrage auf dem heimischen Markt beiträgt. Während sich die wirtschaftliche Situation in Deutschland derzeit negativ entwickelt, ist die Investitionsbereitschaft weiterhin hoch, auch wenn ein leichter Abwärtstrend bei den Zulassungen der Hersteller zu verzeichnen ist.

Der Wettbewerb unter den bekannten Marken wie John Deere, Fendt oder Deutz-Fahr bleibt dennoch bestehen, jedoch treten weiter günstigere Marken wie Solis (Indien) in den deutschen Markt ein. Diese Traktoren sind in der Regel eher im Niedrig-PS-Markt eingesetzt, werden aber von dem markentreuen Landwirt/-innen als qualitativ hochwertig wahrgenommen.

Der Traktorenmarkt ändert sich derzeit in rapidem Tempo. Dabei gibt es einige Wachstumsfaktoren und auch einige Wachstumshemmnisse.

Ein wichtiger Wachstumsfaktor ist der Anstieg der nicht landwirtschaftlichen Nutzung von Traktoren in Branchen wie dem Baugewerbe und Bergbau. Einerseits wird die Verfügbarkeit von Traktoren durch einen Anstieg der Nachfrage in anderen Branchen positiv beeinflusst, was dazu beitragen könnte, dass es mehr Traktoren auf dem Markt gibt und sie für Landwirte möglicherweise günstiger zu beschaffen sind. Zudem kann die nichtlandwirtschaftliche Nutzung von Traktoren den Innovationsanreiz erhöhen, da Hersteller dazu angehalten werden könnten, weitere Technologien und Innovationen zu entwickeln, die auch den Landwirten zugutekommen. Andererseits könnte die höhere Nachfrage in anderen Branchen zu einer höheren Konkurrenz um Traktoren führen, was wiederum dazu beitragen kann, dass es für Landwirt/-innen zu Beschaffungsschwierigkeiten kommt. Weiterhin werden kürzere Austauschzyklen von Traktoren den Markt positiv beeinflussen. Durch ständige Verbesserungen der Technologie können fortschrittlichere Traktoren entwickelt werden. Diese wiederum könnten durch fortschrittliche Technologien wie GPS-gestützte Navigation, präzise Landvermessung und automatische Steuerung effizienteres Arbeiten ermöglichen. Dadurch können die Ertragskapazität und Effizienz in der Landwirtschaft erhöht werden. Des Weiteren könnten Landwirt/-innen auf die neuesten Technologien zugreifen und diese in ihren Betrieben nutzen, was zu höheren Gewinnen führen kann. Die aufkommende ökologische Landwirtschaft und die wachsende Nachfrage nach natürlichen und nachhaltigen Lebensmitteln können ebenfalls zu einer positiven Veränderung auf dem Traktorenmarkt beitragen. Ökologische Landwirt/-innen verwenden oft alternative Methoden zur Bodenverbesserung und Pestizidkontrolle, die weniger schädlich für die Umwelt sind. Daher könnten sie andere Arten von Traktoren benötigen, die besser für ihre spezifischen Anforderungen geeignet sind. Der Markt für Traktoren wird sich aufgrund der wachsenden Nachfrage nach natürlichen und nachhaltigen Lebensmitteln dementsprechend verändern.

Einerseits werden Innovationen und neue Technologien als Wachstumstreiber betrachtet, andererseits können sie auch ein großes Hindernis darstellen. Mit der steigenden Komplexität der Traktoren erhöht sich die Komplexität ihres Betriebs, was zu Problemen führen könnte. Ein Hauptfaktor ist das mangelnde Verständnis des Händlerpersonals und der Endnutzer/-innen für die Funktionsweise und den Betrieb der Traktoren. Dies kann dazu führen, dass Reparatur- und Wartungsarbeiten unzureichend ausgeführt werden, was wiederum die Leistung und Effizienz der Traktoren verringern und ihre Lebensdauer verkürzen kann. Es besteht die Gefahr, dass sich das Vertrauen der Kund/-innen in die Marke und die Qualität der Produkte verringert und sich diese von Marken abwenden und alternative Anbieter aufsuchen. Hier greift erneut das Problem des Fachkräftemangels. Darüber hinaus können Lieferschwierigkeiten und Knappheit von Bauteilen zu Problemen auf dem Traktorenmarkt führen. Lieferverzögerungen können dazu führen, dass die Produktion von Traktoren eingeschränkt oder gestoppt wird, was zu längeren Wartezeiten für den/die Kunden/Kundin führt. Höhere Preise für Bauteile, die durch die Knappheit verursacht werden, treiben die Kosten für die Produktion von Traktoren folglich in die Höhe und die Endpreise steigen – Folge ist eine sinkende Nachfrage. Die Hersteller müssen ihre Produktionspläne möglicherweise ändern, um mit den Lieferverzögerungen umzugehen, was zu Unsicherheit und Instabilität auf dem Markt beisteuern kann.

Zu den Technologien, die die Landwirtschaft momentan besonders prägen und denen das Fachpersonal zukünftig gewachsen sein muss, zählen unter anderem die autonome und automatisierte Erntetechnologie. Diese beeinflusst die Landwirtschaft bereits mehrere Jahre und wird auch in Zukunft eine große Rolle spielen. Autonome Traktoren ermöglichen es Landwirt/-innen, ihre Felder effizienter zu bearbeiten, da sie auf manuelle Arbeitskräfte verzichten und stattdessen maschinellen Einsatz nutzen können. So kann auch dem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden. Das führt zu einer Steigerung der Erträge und einer Reduzierung der Kosten, da Landwirt/-innen weniger Zeit für die Überprüfung ihrer Ausrüstung aufwenden müssen. Durch die genaue Überwachung von Feldern und Bodenbedingungen können Landwirt/-innen auch Daten sammeln, um die Bodenqualität und Pflanzenentwicklung zu überwachen, was zu einer verbesserten Entscheidungsfindung bei der Bewirtschaftung ihrer Felder führt. Die steigende Nachfrage nach autonomen Traktoren hat auch die Hersteller dazu veranlasst, mehr Ressourcen in die Entwicklung dieser Technologien zu investieren. Ein weiterer Aspekt ist die Elektrifizierung und die Einführung emissionsfreier Traktoren, die die Landwirtschaft und den Traktorenmarkt in Zukunft beeinflussen werden. Die Landwirtschaft ist ein bedeutender Verursacher von Treibhausgasemissionen – sie lässt sich 7 Prozent (etwa 54,8 Mio. Tonnen inklusive der Methan-Emissionen aus der Tierhaltung) des deutschen Emissionsausstoßes zuschreiben. Die Verwendung von emissionsfreien Traktoren kann dazu beitragen, die Umweltauswirkungen der Landwirtschaft zu reduzieren, da so auf Stickoxide oder Partikel verzichtet wird. Hinzu kommt, dass die Betriebskosten von Elektrotraktoren niedriger sind als die von Verbrennungstraktoren, da sie keine Brennstoffkosten haben und weniger Wartung benötigen. Sie sind leiser und vibrationsfreier, was zu einer verbesserten Arbeitsumgebung führt. Die höhere Effizienz und Leistung von Elektrotraktoren können dazu beitragen, die Arbeitszeiten zu verkürzen und die Effizienz auf dem Feld zu erhöhen. Intelligentes Energiemanagement- und Fahrzeugnetzintegrationsdienste, auch bekannt als Vehicle-to-Grid-Integration (V2G), ist ein weiterer wichtiger technologischer Fortschritt in der Landwirtschaft. Durch die Verwendung intelligenter Energiemanagement- und Fahrzeugnetzintegrationsdienste können Landwirt/-innen ihre Elektrotraktoren als Energiespeicher nutzen und überschüssige Energie ins Netz einspeisen, wenn die Nachfrage hoch ist. Dies trägt dazu bei, die Abhängigkeit von fossilen Brennstoffen zu reduzieren und die Integration erneuerbarer Energien in die Landwirtschaft zu verbessern.

Neben der sich ändernden Technologielandschaft ändert sich aber auch die Infrastruktur der Landwirtschaft. Immer größer werdende Betriebe prägen das Bild der deutschen Landwirtschaft. Kleine Höfe verkaufen ihr Land an größere Konsortien bzw. Betriebe, sodass Kleinbauern und Kleinbäuerinnen bald nur in Ausnahmefällen existieren könnten. Ein Faktor für diesen Wandel sind beispielsweise gesetzliche Rahmenbedingungen, die Großbetriebe durch mehr finanzielle Mittel leichter umsetzen können, Skaleneffekte und Absatzkosten. Eine Schlussfolgerung daraus könnte sein, dass in Zukunft sehr generisch aufgestellte Hersteller Probleme im Absatz ihrer Maschinen haben werden.

Derzeit merkt der Landmaschinenvertrieb die Krise noch nicht, auch wenn die Preise für die Maschinen bis zu 25 Prozent gestiegen sind. Hier bleibt die zukünftige Entwicklung Spekulation, da die Investitionsbereitschaft nicht nur von der Inflation, sondern auch von den Erzeugerpreisen abhängig ist.

Konzepte wie Traktoren-Leasing und Langzeitmiete werden zunehmend angenommen, auch wenn es hier ebenfalls regionale Unterschiede gibt – so werden diese Konzepte in den südlichen Regionen eher weniger angenommen. Ein wichtiger Faktor hierbei sind die sehr individuellen Anforderungen an die Maschinen, die so in einem Leasingangebot nicht zwangsläufig abgedeckt werden können. Ein herausragender Service und persönliche Kontakte (insbesondere des/der Verkäufers/Verkäuferin zu seinen/ihren Kund/-innen) ist immer noch der Schlüssel zum Erfolg im Landmaschinenvertrieb.

 

Wie kann die KPMG unterstützen?

  1. Wie und in welche Richtung entwickelt sich der Markt für Landmaschinen und wie kann ich das für mein Unternehmen nutzen?
  2. Wie kann einem Fachkräftemangel entgegengewirkt werden?
  3. Welche Trends lassen sich in mein Unternehmen integrieren?
  4. Welchen Herausforderungen muss ich mich stellen und wie kann ich diese überwinden?

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Co-Autorin: Melina Thieme und Celina Alfter

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