Nachhaltigkeit sorgt für Kundenerlebnis und -zufriedenheit
Nachhaltigkeit erzeugt Kundenerlebnis
Wie sich das Thema Nachhaltigkeit vom Kostenfaktor zum Umsatzfaktor entwickelt
Warum können sich viele Unternehmen noch nicht für Nachhaltigkeit begeistern?
Wenn die Weltbevölkerung nach dem deutschen Lebensstandard leben würde, wären drei Erden nötig – im Vergleich mit den USA sogar fünf. Daher ist Nachhaltigkeit ein Thema, welches aktiv angegangen werden muss. Allerdings sind das keine Neuigkeiten, besonders nicht aus Marktteilnehmersicht. Auch Kunden machen ihre Kaufentscheidung immer häufiger davon abhängig, ob Unternehmen nachhaltig handeln. Nach einer repräsentativen Umfrage aus der Markt-Media-Studie VuMA ist es einem Großteil der Bevölkerung beim Kauf von Produkten wichtig, dass das jeweilige Unternehmen sozial und ökologisch verantwortlich handelt.
Der zunehmende Druck auf Unternehmen, sich mit Nachhaltigkeit ernsthaft und langfristig zu beschäftigen, ist nicht nur auf den Verbraucher zurückzuführen. Vermehrt treten regulatorische Maßnahmen in Kraft, die Unternehmen dazu bringen sollen, Verantwortung zu übernehmen und nachhaltige Verbesserungen zu erzielen. Themen wie das Sorgfaltspflichtengesetz („Lieferkettengesetz“), der Green Deal oder das Verpackungsgesetz (VerpackG) spielen hierbei eine signifikante Rolle und werden in Unternehmen erst einmal nur als Kostentreiber, Pflichtprogramm und als Muss wahrgenommen. Neue Regularien bedeuten in erster Linie Veränderungen und Veränderungen kosten die Unternehmen Geld. Es ist jedoch gerade jetzt wichtig, diese Veränderung als herausragende Chance zu sehen, um sich bestmöglich im Markt zu positionieren und den Kunden mit umfangreichen Nachhaltigkeitsstrategien zu begeistern.
Was bedeutet eine umfangreiche Nachhaltigkeitsstrategie für den Kunden von heute?
Dass Nachhaltigkeit ein relevantes, nicht mehr wegzudenkendes Thema ist, ist bereits seit Abschluss des Kyoto-Protokolls 1997 bekannt.
Als vor knapp 20 Jahren der Biodiesel, welcher aus Rapsöl gewonnen wurde, auf den Markt kam, waren die Kunden begeistert und fühlten sich bei dem Auftanken des Kraftfahrzeugs als pflicht- und umweltbewusster Bürger. Wer nun auch noch anstelle des chemisch-gebleichten Papiers das graubraune Umweltpapier verwendet hat, der konnte sich als Vorreiter in Sachen Umwelt-/Nachhaltigkeitsbewusstsein (Nachhaltigkeit 1.0) sehen.
Mit der Zeit jedoch hat sich der Wissensstand zum Thema Nachhaltigkeit Schritt für Schritt in der Gesellschaft erhöht – und somit auch unter den Konsumenten. Heute (Nachhaltigkeit 2.0) verlangt der Kunde aktiv nachhaltige Produkte. Die Bekleidung soll aus recycelten Materialien bestehen (z. B. Schuhe aus Ozeanplastik), der Kaffee soll fair gehandelt sein, das Fortbewegungsmittel soll ohne Verbrennungsmotor angetrieben werden (z. B. Bus, Auto, Motorrad/-roller).
Morgen ändert sich das Verständnis des Kunden weiter. Der Kunde verlangt nicht nur nachhaltige Produkte, sondern er hinterfragt sie auch (Nachhaltigkeit 3.0). Wie und wo wurde der Akku des Elektroautos hergestellt. Wie sind dort die Arbeitsbedingungen? Wie werden die Mitarbeiter geschult? Was macht der Ozeanplastikschuhhersteller, damit erst kein Plastik in den Ozean gelangt? Wie lang hält das Produkt und was passiert mit dem Produkt nachdem es unbrauchbar geworden ist? Was wird im Unternehmen getan, damit der CO2-Fußabdruck reduziert wird? Was ist die Nachhaltigkeitsstrategie und wie wird sie konkret umgesetzt? All diese Fragen werden mit der Zeit immer lauter und der Kunde verlangt immer mehr Antworten aus den Bereichen Umwelt (Environment), Soziales (Social) und Unternehmensführung (Governance) (ESG).
Die Unternehmen müssen umdenken, vorausdenken und handeln, denn der Konsument hat langsam kein Verständnis mehr für ausbleibende Beteiligung an ehrlichen und ernstgemeinten ESG-Nachhaltigkeitsinitiativen.
Wer ist der Konsument mit dem ausgeprägten Nachhaltigkeitsanspruch?
Der Konsumententypus, welcher die Nachhaltigkeitsstrategien in Sachen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG) hinterfragt, wird auch „Weltverbesserer“ genannt. Weltverbesserer sind zwischen 26 und 39 Jahre alt, essen Fleisch reduziert (Flexitarier), verbringen viel Zeit online via Smartphone, haben Interesse an vielen gesellschaftlichen Themen und vertreten gerne auch eine klare eigene Meinung. Sie sind sportlich aktiv, haben ein mittleres bis hohes Einkommen und sind nicht so preissensibel im Vergleich zu den deutschen Durchschnittskunden. Die Weltverbesserer leben umweltbewusst und möchten auch selbst nachhaltig handeln und dazu beitragen, dass die natürlichen Lebensgrundlagen für zukünftige Generationen erhalten bleiben.
Für gute Qualität und nachhaltige Produkte sind sie bereit, mehr Geld auszugeben, benötigen dafür aber mehr Informationen und Transparenz über das Produkt, die Produktionsbedingungen und den Ursprung. Außerdem möchten Weltverbesserer genau wissen, welche UN-Nachhaltigkeitsziele (Sustainable Development Goals – SDGs) ein Unternehmen verfolgt und was genau unternommen wird. Im Grunde genommen möchten sie eine 360°-Nachhaltigkeit erfahren.
Was bedeutet 360°-Nachhaltigkeit?
Die UN hat 2006 erstmalig Nachhaltigkeit unter den Säulen E (Environment/Umwelt), S (Social/Soziales) und G (Governance/Unternehmensführung) definiert. ESG ist heute in aller Munde. Umwelt ist ein Teil von Nachhaltigkeit, aber nicht ausschließlich. Wenn ein Unternehmen heute nachhaltig handeln möchte, dann müssen alle drei Säulen berücksichtigt werden. Ein umweltfreundliches Produkt auf den Markt zu bringen, reicht nicht mehr.
Ein Unternehmen muss unter anderem folgende Punkte unter Umwelt (E) berücksichtigen:
- Emissionen
- Energieeffizienz
- Natürliche Ressourcen/Tierschutz
- Innovation/
- Chancen
- Luftverschmutzung/Abfall
Zu Soziales (S) gehören unter anderem:
- Menschenrechte
- Produkthaftung
- Mitarbeiterwohl
- Gesellschaft und Allgemeinwohl
- Vielfalt und Gleichberechtigung
Zu Unternehmensführung (G) zählt unter anderem:
- Mitarbeitervergütung
- Lieferketten-Governance
- Compliance und Geschäftsethik
- Transparenz
- Unternehmens- und Managementstrukturen
Somit ist Nachhaltigkeit ein Dreiklang und dieser Dreiklang muss in jede Nachhaltigkeitsstrategie einfließen. Da ESG jedoch noch relativ ungenau ist und keine einheitlichen Ziele formuliert, an denen sich Unternehmen und Verbraucher orientieren können, hat die UN im Jahr 2015 mit den „Zielen für Nachhaltige Entwicklung“ (Sustainable Development Goals – SDGs) genau diese Lücke schließen können.
Wie helfen die „Ziele für Nachhaltige Entwicklung“ (Sustainable Development Goals – SDGs) Unternehmen und Kunden?
Die SDGs (auch UN-Nachhaltigkeitsziele genannt) sind 17 Ziele, die auf E, S und G einzahlen. Von den 17 Zielen befassen sich acht mit der Umweltthematik (zum Beispiel: #6 „Sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen“, #7 „Bezahlbare und saubere Energie“, #13 „Maßnahmen zum Klimaschutz“ oder #15 „Leben an Land“). Zusätzlich zu den acht gibt es noch zehn Ziele, die soziale Themen aufgreifen, wie zum Beispiel #1 „Keine Armut“, #2 „Kein Hunger“, #3 „Gesundheit und Wohlergehen“ oder #10 „Weniger Ungleichheit“. Das Thema Unternehmensführung wird von sechs Zielen berücksichtigt, wie zum Beispiel #5 „Geschlechtergleichheit“, #12 „Nachhaltiger Konsum und Produktion“ oder #17 „Partnerschaft zur Erreichung der Ziele“.
Es gibt einige Ziele, die für mehr als nur eine Säule stehen, daher ist es notwendig, sich mit allen Zielen zu befassen, um als Unternehmen entscheiden zu können, welche UN-Nachhaltigkeitsziele in die Nachhaltigkeitsstrategie einfließen sollten.
An diesen 17 Zielen können sich Unternehmen orientieren und entlang dieser die Nachhaltigkeitsstrategie gezielt ausrichten und dies durch Marketing und Sales transparent an den Kunden vermitteln.
Aus diversen Umfragen und KPMG-Veröffentlichungen (siehe u. a. „Consumer Barometer 01/20 – Fokusthema: Nachhaltigkeit“ KPMG in Deutschland, und „CGO – das Governance-Magazin – Thema u. a.: Nachhaltiges Wirtschaften“ Ausgabe 11, April 2021 KPMG in Deutschland, und „Nachhaltiger Konsum 2030“ Institut für prospektive Analysen (IPA) im Auftrag des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz, Juni 2018) ist zu entnehmen, dass sich genau diese Transparenz gegenüber den Kunden massiv positiv auf die Unternehmenszahlen und die Kundenzufriedenheit auswirkt. Die Kunden sind bereit, für Produkte und Services mehr zu zahlen und außerdem unterstützen sie nachhaltiges Unternehmertum und teilen diese Informationen gerne auf ihren sozialen Netzwerken.
Wie wichtig ist es, sich jetzt mit den UN-Nachhaltigkeitszielen und der Nachhaltigkeitsstrategie auseinanderzusetzen?
Anhand des Kano-Modells ist zu erkennen, was heute passiert, wenn ein Unternehmen Nachhaltigkeit in das Geschäftsmodell integriert. Nachhaltigkeit ist ein Begeisterungsmerkmal. Mehr Nachhaltigkeitsziele und somit mehr Nachhaltigkeit erzeugen höhere Kundenzufriedenheit. Mit der Zeit jedoch sieht der Kunde Nachhaltigkeit nicht mehr als Begeisterungsmerkmal oder Wow-Faktor, sondern als eine Basisanforderung eines modernen Geschäftsmodells. Im Umkehrschluss besagt dies, wenn ein Unternehmen in Zukunft keine Nachhaltigkeitsmaßnahmen umsetzt, erzeugt das Kundenunzufriedenheit gegenüber dem Unternehmen. Damit geht das Unternehmen das Risiko ein, den Kunden an die Konkurrenz zu verlieren. Daher muss man jetzt handeln, um den Kunden heute zu begeistern und morgen nicht zu verlieren.
Wie erzeugt ein Unternehmen Kundenwachstum, Kundenbindung und Kundenzufriedenheit mit Nachhaltigkeit?
Wie oben beschrieben, möchte der Kunde auch gerne selbst in Bezug auf Nachhaltigkeit aktiv werden und handeln. Wenn deutlich wird, dass Unternehmen Nachhaltigkeitsziele ernstgemeint verfolgen, dann sind die „Weltverbesserer“ auch bereit, ihre Daten zu teilen. (Siehe auch Artikel zu „Daten gegen Mehrwert“)
Mit diesen Kunden- und Transaktionsdaten führt ein Unternehmen eine Kundenanalyse mit dem Ziel durch, den Kunden besser zu verstehen und zu segmentieren. Daraus werden Ableitungen und Maßnahmen definiert, um schlussendlich Kundenwachstum und Kundenbindung zu ermöglichen. Dafür werden die Daten quer durch die bewehrten vier Dimensionen genutzt:
- Kundeninteraktion
- Werbliche Sensibilität
- Finanzielles Verhalten
- Demografische Daten
Da der Kunde sich wandelt und die Kundenansprüche sich stetig weiterentwickeln, besonders im Bereich des Nachhaltigkeitsanspruchs, empfiehlt es sich, die bestehenden Kundenwachstums- bzw. -dimensionen um eine weitere Dimension anzureichern. So kann die Personadefinition mit Weltverbesserungsattributen aktualisiert werden.
Die neue Dimension heißt „UN-Nachhaltigkeitsziele“ oder „SDGs“. Bei der Integration dieser neuen Dimension erhöht sich die Transparenz bezüglich des Kunden. Ab diesem Zeitpunkt verstehen die Unternehmen viel besser, was den Kunden wirklich in Sachen Nachhaltigkeit interessiert, bewegt und zum Kauf führt. Eine gezielte Kundeninteraktion, beispielsweise mit einem personalisierten Newsletter mit Bezug auf Nachhaltigkeitsthemen, kann so erfolgreich und iterativ im geschlossenen Feedback-Kreislauf durchgeführt werden.
Mit dieser Methode erfährt der Kunde ein wesentlich besseres bzw. hochpersonalisiertes Kundenerlebnis und bindet sich dadurch gerne langfristig und nachhaltig an das Unternehmen.
Wie viel prognostizierte Umsatzsteigerung die definierte Nachhaltigkeitsstrategie erzielen kann, wird mithilfe des Customer-Lifetime-Value-Modells von KPMG berechnet.