Wie war das noch – dabei sein ist alles? Dieser Auffassung war man auch im E-Commerce. Doch „nur“ eine Plattform zu bieten, auf der Kunden ihre Einkäufe online tätigen können, reicht nicht mehr aus. Mit dem wachsenden Angebot und den neuen Möglichkeiten durch den technologischen Fortschritt sind die Ansprüche der Kunden an das digitale Erlebnis stetig gewachsen. Welchen Stellenwert Onlinekanäle für den Handel einnehmen, verdeutlicht aktuell die Corona-Pandemie: Der Online-Handel legte im Vergleich zu 2020 noch einmal kräftig zu: von Januar bis Juni stiegen die Umsätze um 25%, trotz der guten Zahlen im Jahr 2020. Dieses zu nutzen und Schwachstellen auszumerzen, sollten Online-Händler jetzt ganz oben auf ihre Agenda setzen, um langfristig erfolgreich und konkurrenzfähig zu sein.
Fehlende Kundenzentrierung im Online-Handel
Trotz des offensichtlichen Online-Booms zeigt sich deutlich: Händler haben Nachholbedarf – sei es bei der Optimierung der Suche und Navigation, beim Umfang der Produktinformation, bei der Bereitstellung von unterstützenden Tools oder bei flexiblen Kauf- und schnellen Support-Optionen. Laut einer aktuellen Studie von Forrester Consulting gehen die vom Kunden präferierten Eigenschaften eines Online-Shops und die dahingehenden Bemühungen der Händler zu oft getrennte Wege. Drei von vier Kunden ist etwa eine simple Navigation wichtig. Doch nicht einmal die Hälfte der Online-Händler (46 Prozent) versucht diesen Anforderungen gerecht zu werden. Ähnlich sieht es bei den Produktinfos und den Filtermöglichkeiten aus. 80 Prozent der Kunden wünschen sich möglichst detaillierte Beschreibungen, jedoch bemüht sich nur jeder vierte Online-Shop darum, diese auch anzubieten. Passende Produkte auf Basis ihrer Suche wünschen sich 82 Prozent der Kunde, aber nicht mal jeder zweite Händler bietet die Option zu filtern an. Von kundenzentrierten Strategien scheinen die Online-Händler teils noch weit entfernt.
Sechs Säulen für eine exzellente E-Commerce Experience
Um der Diskrepanz zwischen den Bemühungen der Händler und den Kundenbedürfnissen gerecht zu werden, gibt es sechs Treiber für eine herausragende Customer Experience: Personalisierung, Empathie, Zeit & Aufwand sowie Erwartungen, Problemlösungskompetenz und Integrität. Im E-Commerce liegt allerdings eine andere Gewichtung der einzelnen Qualitäten vor als im stationären Handel. Die drei Treiber Erwartung, Problemlösung und Integrität gehören zu den Standards, den „Digital Basics“, die jeder Online-Händler bieten muss. Sie stellen die Grundvoraussetzung für einen funktionierenden Online-Handel dar. Erst durch die „Differentiators“, drei besonders wichtige Qualitäten, können Shops den Kundenerwartungen gänzlich gerecht werden und eine exzellente E-Commerce Experience schaffen. Personalisierung, Empathie und Zeit & Aufwand helfen Händlern, sich deutlich von ihrer Konkurrenz abzuheben und eine exzellente Experience zu schaffen.
Muss vs. Genuss: Darauf kommt es Käufern an
Wenn es darum geht, in welches der Differenzierungsmerkmale Händler am besten investieren können, sollten sie sich zunächst darüber im Klaren sein, welche Käufer sie ansprechen wollen. Online-Shops differenzieren da zwischen zwei Gruppen, die zu zwei unterschiedlichen Strategien der Kundenorientierung führen:
- Muss-Käufer sind diejenigen, für die das Produkt im Fokus steht, sie handeln eher nach der Maxime: „Wo bekomme ich jetzt möglichst einfach diesen Artikel her?“ Sie bevorzugen Marktplätze bzw. Plattformen, die ein breites Sortiment mit verschiedensten Produkten von diversen Marken anbieten.
- Genuss-Käufer sind diejenigen, für die das Shopping-Erlebnis im Vordergrund steht, frei nach dem Motto: „Eigentlich brauche ich nichts, aber ich kann ja mal schauen.“ Sie bevorzugen Online-Händler, die eine spezifische Produktpalette anbieten, wie etwa der Shop einer bestimmten Marke.
Ob der Fokus eines Online-Händler auf Muss- oder auf Genuss-Käufern liegt, die Grundregel ist simpel: Personalisierung ist für beide E-Commerce-Strategien Pflicht. Bei Muss-Käufern zählt die Reduktion von Zeit & Aufwand, bei Genuss-Käufern hingegen Empathie.
Kundenzentrierung als Wettbewerbsvorteil
Die langjährige Zusammenarbeit mit Kunden zeigt, dass schon einzelne gezielte Maßnahmen, Großes bewirken können. Etwa durch ein personalisiertes Katalog-Cover auf Basis der Kundeninformationen, die vielen Shops bereits vorliegen: Alter, Kauf- und Clickverhalten. Die personalisierte Ansprache erzeugt (unterbewusst) Relevanz für den Kunden und verknüpft Online- und Offline-Kanäle miteinander. Für die nötige Empathie mit Blick auf den Genuss-Käufer kann die Tonalität sorgen. Finden Händler den passenden Ton in der Interaktion mit ihren Kunden, vermittelt ihnen das unterbewusst, dass der Händler mit ihnen auf einer Wellenlänge ist. Die Muss-Käufer können Online-Shops für sich gewinnen, indem sie beispielsweise keine Versandkosten verlangen oder den Kauf mit der Ein-Klick-Bezahlung ermöglichen. Was sämtliche Maßnahmen gemein haben: Sie setzen den Käufer und seine Bedürfnisse in das Zentrum ihrer Bemühungen.