Kunde im Mittelpunkt – Wie sich Banken neu erfinden

Wer als Bank in Zukunft noch erfolgreich sein will, muss den Wandel wagen. Nur wie?

Die deutsche Bankenlandschaft ist im Umbruch. Erste Sparkassen, Genossenschaftsbanken und Privatbanken schließen sich zusammen oder verschwinden, weil sie kein zukunftsfähiges, profitables Geschäftsmodell haben. Der Einstieg von BigTechs in den Finanzsektor und der Aufstieg von FinTechs setzt die etablierten Geldhäuser zusätzlich unter Druck. Zwar ist der deutsche Markt groß, doch er wächst nicht. Damit wird der Kuchen lediglich anders verteilt. Mit umständlichen Prozessen und Standardangeboten geben sich die Kunden nicht mehr zufrieden. Sie verlangen von ihrer Bank einen einfachen Kontakt, intuitive Bedienung und auf sie zugeschnittene Produkte.

Wer als Bank in Zukunft noch erfolgreich sein will, muss sich also ändern und insbesondere die Kundenschnittstelle positiv besetzen. Nur wie? Tim Weckmüller, Partner bei KPMG im Bereich Management Consulting Banking, und Susanne Börnsen, Senior Manager bei KPMG auch im Bereich Management Consulting Banking, erklären, auf welche Punkte es ankommt.

KPMG Digital Hub: Woran arbeiten Sie gerade? Was treibt Ihre Kunden um?

Tim Weckmüller: Momentan unterstützen wir Banken dabei, ihren Vertrieb auf digital umzustellen. Bei vielen musste das durch die Corona-Pandemie von jetzt auf gleich erfolgen und wird nun fortgeführt und optimiert.

Susanne Börnsen: Dabei geht es insbesondere um die Einführung von Customer-Relationship-Management-Systemen und die Verknüpfung der Systeme und Prozesse mit künstlicher Intelligenz (KI) und Data Analytics, um nicht nur digitale Wege anzubieten, sondern die Kundenschnittstelle optimal auf die Kundenbedürfnisse auszurichten.

Was müssen die etablierten deutschen Banken ändern, damit ihnen die Konkurrenz von BigTechs und weiteren neuen Anbietern nicht das Wasser abgräbt?

Weckmüller: Wer als Bank erfolgreich sein will, muss den Kunden in den Mittelpunkt stellen. Es reicht nicht, nur ein paar Prozesse anzupassen und einen netten Chatbot zu entwickeln, der simple Fragen beantwortet. Das ist Flickwerk. Die etablierten Banken müssen von der Strategie über die Kultur und IT bis zu ihren eigenen Mitarbeitern alles auf den Kopf stellen.

Startpunkt ist also die Strategie, welche sollten Banken fahren?

Weckmüller: Jede Bank muss sich fragen, welche Zielgruppen und Wachstumsfelder sie erschließen will. Hier gibt es nicht die eine Lösung für alle. Ein guter Anfang ist, anhand der Daten – und Banken sitzen auf einem großen Datenschatz – die eigenen Kunden zu analysieren. Wer sind sie? Was brauchen und wollen sie? An diesen Bedürfnissen müssen sich Service und Produkte ausrichten. Vielen Kunden wäre schon sehr geholfen, wenn es für alle Lebenslagen eine einzige Anlaufstelle gäbe, bei der von der Kontoführung über die Baufinanzierung bis zur Kreditsachbearbeitung alles gebündelt ist.

Die Banken müssen auch weg davon, sich Produkte im stillen Kämmerlein auszudenken und dann ihren Kunden vor die Nase zu setzen. Ein erster Schritt wäre, die eigenen Mitarbeiter einzubeziehen. Schließlich haben sie täglich Kontakt mit Kunden und wissen, was diese wünschen. In einer weiteren Stufe könnten die Kunden selbst in die Entwicklung neuer Produkte einbezogen werden. So lässt sich gut erkennen, welche Trends tatsächlich nachgefragt werden und was nur ein kurzer Hype ist.

Nutzen Banken die Ideen ihrer Mitarbeiter?

Börnsen: Viel zu wenig. Bei vielen hängt irgendwo ein Briefkasten, in den die Kollegen ihre Ideen einwerfen können. Was aus den Vorschlägen wird, ist meist nicht ersichtlich. Wird tatsächlich mal etwas davon umgesetzt, sind es oft Banalitäten. Wir brauchen einen Kulturwandel! Innovationen gehören nicht in eine separate Abteilung; es muss Teil des Alltags werden, sich ständig neu zu erfinden. Dazu benötigen die Mitarbeiter mehr Freiraum, Kooperation statt Kontrolle. Wir müssen weg von der Praxis, dass nur einige graue Eminenzen Entscheidungen treffen. Die eigenen Mitarbeiter einzubinden, erfordert Transparenz, Vertrauen und Entscheidungskompetenz. Und natürlich müssen Banken den Mut haben, die Anregungen von Kunden und Mitarbeitern auch umzusetzen. Das Argument, dass Finanzhäuser die Risiken im Blick haben müssen und hohe Verantwortung tragen, ist zwar richtig, wird aber oft als Ausrede vorgeschoben, um nichts ändern zu müssen.

Schaffen die Banken den Wandel mit dem bestehenden Personal oder braucht es dazu neue Talente?

Börnsen: Sowohl als auch. Vielfach können Mitarbeiter durch Weiterbildung oder Training on the Job den Umgang mit neuen Prozessen und Systemen lernen. Intelligente IT-Systeme könnten sie dabei unterstützen, indem sie etwa Prozessabläufe steuern oder mögliche weitere Schritte vorschlagen. Viele Mitarbeiter haben jedoch eine große Scheu vor neuen digitalen Systemen. Oft liegt das daran, dass ihnen nicht klar ist, welchen Nutzen und welche Vorteile ihnen der Einsatz bringt oder sie haben Sorge, dass ihr Wissen über den Kunden dann weniger Wert ist – ein Phänomen, das uns oft im Vertrieb begegnet. Hier ist begleitendes Change Management ein wichtiger Faktor für den nachhaltigen Erfolg von IT-Systemen.

Für einige Aufgaben der Banken von morgen brauchen wir ganz neue Talente. Gesucht werden hochmotivierte Mitarbeiter, die ständiges Lernen und Veränderung spannend finden, die sich gerne in neue Themen eindenken und wissen, dass ihr Job in einem Jahr ganz anders aussehen wird als heute. Eine Banklehre ist dafür nicht immer nötig.

Ist es nicht sehr teuer, auf jeden Kunden individuell einzugehen?

Börnsen: Effizienz und Kundenfokus schließen sich nicht aus. Jedem Kunden das zu bieten, was er braucht, verlangt nach intelligenten und leistungsfähigen Service- und Vertriebsprozessen im Hintergrund. Nicht jede Bank muss das gesamte Produktspektrum anbieten. Was andere besser können, lässt sich über Partner in einem Ökosystem anbinden. Das bedeutet natürlich, sich zu öffnen. Doch Banken müssen etwas vom Kuchen abgeben, um die Rosinen behalten zu können.

 

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