Mit Kundensegmentierung vom Supermarkt zum super Markt

Mit Kundensegmentierung zum superMarkt

Warum Kundensegmentierung für die Customer Experience im Handel so wichtig ist

Die einstige Zauberformel „One fits all“ hat ihr Mindesthaltbarkeitsdatum überschritten. Persönliche Vorlieben, Werteorientierung, ethnische und kulturell bedingte Konsumunterschiede nehmen im 21. Jahrhundert einen immer größeren Stellenwert für die Kundschaft ein. Die Kunden von heute stehen selbstbewusster für ihre Präferenzen ein. Gibt es etwa keine Auswahl an tierischen Ersatzprodukten oder nur Obst vom anderen Ende der Welt, strafen ihre veganen und umweltbewussten Kunden die Händler im Zweifel durch Kaufkraftverlagerung – und das, obwohl die Bereitschaft, den Lebensmittelmarkt zu wechseln, im Allgemeinen verhältnismäßig gering ausfällt. Diese Entwicklungen zeigt die aktuelle KPMG-Studie „Auf dem Weg zum super Markt“. Verluste von Kunden sind somit besonders tragisch: Zum einen ist es schwer, sie zu einem erneuten Wechsel zu überzeugen. Zum anderen erschwert die geringe Wechselbereitschaft, dass Supermärkte überhaupt Neukunden gewinnen und so den Verlust anderer Kunden ausgleichen können. Bestandskunden langfristig zu binden und neue Kunden von sich zu begeistern, wird zu einer der zentralen Aufgaben des Lebensmitteleinzelhandels. Eine Aufgabe, die sich nicht allein durch ausgezeichnete Deals oder Schnäppchen bewerkstelligen lässt.

Das Pflichtprogramm für den Lebensmitteleinzelhandel

Im Handel braucht es mehr als nur ein gutes Händchen. Die Argumente, mit denen der Lebensmitteleinzelhandel bei seinen Kunden punkten kann, sind vielfältig und die Kundenbedürfnisse zunehmend komplexer. Der Studie nach zu urteilen sind es vor allem vier Entscheidungskriterien, die für die Wahl des Markts zentral sind:

  1. Die Lage ist das K.-o.-Kriterium schlechthin – und allen anderen Faktoren voranzustellen.
  2. Es folgen die Produktqualität und der Preis eines Produkts, wobei Ersteres noch schwerer wiegt. Dem Zeitgeist entsprechend gewinnt die Nachhaltigkeit der Produkte hierbei zunehmend an Bedeutung.
  3. Daneben spielen Bequemlichkeit und Schnelligkeit eine entscheidende Rolle für ein zufriedenstellendes Einkaufserlebnis. Vor allem beim Bezahlen soll es schnell gehen.
  4. Zudem gilt wie auch in vielen anderen Lebenslagen, der erste Eindruck zählt: Sauberkeit, aber auch das Vorhandensein einer Frischetheke im Markt sind Faktoren, die Kunden als erstes wahrnehmen. Sie sind dementsprechend wichtig für die Customer Experience.

Das mag auf den ersten Blick nach recht offensichtlichen und rationalen Kriterien klingen – und gibt den Lebensmittelmärkten tatsächlich auch vier essenzielle „Must-dos/Must-haves“. Doch mit dem Pflichtprogramm ist es nicht getan. Um den entscheidenden Unterschied zu schaffen, bedarf es mehr.

Super Märkte lesen Kunden ihre Wünsche anhand der Customer Insights ab

Die unterschiedlichen Ansprüche, Erwartungen und Bedürfnisse, die für Kunden ihre individuelle Customer Experience ausmachen, sind so vielfältig wie die schier unendlich vielen Produkte, die es im Handel zu kaufen gibt. Bedingt werden diese vor allem durch klassische soziodemografische Merkmale und individuelle Präferenzen, wie Geschlecht, Alter oder Haushaltsgröße sowie durch die Einstellung zum Lebensmitteleinkauf generell, die Einkaufsgewohnheiten und psychografische Merkmale, die umfassendere Rückschlüsse auf das Verhalten von Kunden und deren Bedürfnisse wiedergeben. Damit der Supermarkt um die Ecke diesen verschiedensten Ansprüchen angemessen begegnen kann und wahrhaftig zu einem super Markt für seine Kunden wird, ist eine geeignete Kundensegmentierung nötig. Diese hilft dabei, wichtige Treiber zu identifizieren, die bei der Wahl der Einkaufsstätte der verschiedenen Kundengruppen ausschlaggebend sind. Mithilfe der gewonnen Customer Insights können Lebensmittelmärkte zielgruppengerechte Kundenerlebnisse schaffen, die neue Kunden begeistern und Stammkunden auch langfristig binden.

Da vor allem psychografische Segmentierungskriterien – wie Persönlichkeitsmerkmale, individuelle Lebensstile, Wertvorstellungen, Meinungen und Interessen – neue und ertragreiche Informationen liefern, sollten Unternehmen diese keinesfalls unterschätzen. Denn ein auf diese Kriterien ausgerichtetes Vorgehen bietet die Möglichkeit, noch spezifischer die Bedürfnisse und Erwartungen von Kundengruppen zu bestimmen sowie die Customer Experience der Händler optimal danach zu justieren. Doch mit den psychografischen Merkmalen überschwemmt den Handel oftmals eine Flut an Customer Insights. Diese in eine skalierbare Form zu bringen ist essenziell, um sie anschließend in eine kundenorientierte Strategie einfließen zu lassen, die die Kundenloyalität steigert. KPMG hat exemplarisch vier Archetypen im Lebensmitteleinzelhandel anhand ihrer psychografischen Merkmale identifiziert. Besonders interessant: Signifikante Unterschiede in Bezug auf einzelne Betriebstypen oder einzelne Lebensmitteleinzelhändler gibt es dabei nicht.

Infografik
Was Kunden des Lebensmitteleinzelhandels ausmacht – die vier Archetype

1. Der Erlebnisorientierte

Die erlebnisorientierten Kunden, häufig jüngere Personen mit einem tendenziell höheren Einkommen, überzeugen Lebensmitteleinzelhändler vor allem mit Services, die den Einkaufsprozess besonders angenehm und effizient gestalten. Proaktive analoge und digitale Aktivierungsmaßnahmen fördern die Kundenloyalität bei diesem angebotsaffinen und vor allem äußerst anspruchsvollen Archetypen.

2. Der Trendsetter

Mit Features, die einen Zusatznutzen bieten, vor allem was die schnellere Abwicklung des Einkaufsprozesses betrifft, lässt sich beim Trendsetter aus Händlerperspektive gut punkten. Auch diese Kunden sind eher jüngere Personen mit einem höheren Haushaltsnettoeinkommen und höherem Bildungsabschluss. Der Trendsetter zeichnet sich durch seine Offenheit für neue Formen der Kundeninteraktion aus und honoriert Services, die ihm einen Mehrwert in Bezug auf seine Ressourcenallokation bieten.

3. Der Selbstverwirklicher

Kunden, die sich durch ein hohes Bestreben nach Selbstverwirklichung auszeichnen, überzeugen Händler vor allem durch eine herausragende Produktqualität und ein breites Sortiment, das den Bedürfnissen dieser genussorientierten Archetypen gerecht wird. Selbstverwirklicher haben tendenziell ein eher höheres Haushaltsnettoeinkommen und einen höheren Bildungsabschluss. Für innovative digitale Services sind sie prinzipiell zugänglich, wenn diese einen deutlich ersichtlichen Mehrwert für sie bieten.

4. Der Sicherheitsbewusste

Unter den Archetyp der Sicherheitsbewussten fallen tendenziell ältere Personen mit einem eher niedrigen Bildungsabschluss und einem eher geringeren Haushaltseinkommen. Die Kosten spielen für diese preissensitive Kundengruppe daher eine wichtige Rolle. Kontinuität in den Abläufen, beim Aufbau der Märkte und eine beständige Sortimentsbasis sind weitere Punkte, die die Loyalität bei diesem Archetypen fördern.

Kundensegmentierung schafft einen Wettbewerbsvorteil

Der Kampf um die Kunden ist hart und die Messlatte im deutschen Lebensmitteleinzelhandel liegt sehr hoch. Um hier langfristig Kundenloyalität zu fördern und neue Kunden dazu zu gewinnen, sollten Händler mit einer Customer Experience glänzen, die Bestandskunden und auch potenzielle Neukunden begeistert und deren Ansprüchen, Erwartungen und Bedürfnissen angemessen begegnet. Das Mittel der Wahl ist hier eine Kundensegmentierung, die über die klassischen soziodemografischen Merkmale hinausgeht. Denn Faktoren wie Alter, Kaufkraft und Wohnort sind diesbezüglich nur bedingt aussagekräftig. Im harten Wettbewerb machen daher die Lebensmitteleinzelhändler den Unterschied, die ihren Kunden die ultimative Customer Experience ermöglichen, indem sie ihnen Stimulation bieten. Freude beim Einkaufen, Spaß an neuen Produkten, Neugier auf frische Anregungen – ein Supermarkt, der das liefert, wird wirklich zum super Markt.

F. A. Q. – Häufig gestellte Fragen

Was ist Kundensegmentierung?

Kundensegmentierung bezeichnet die Einteilung des Kundenstammes, aber auch der potenziellen Neukunden in möglichst homogene Gruppen. Dies kann nach sozio-demographischen oder psychographischen Faktoren passieren oder auf ähnlichen Verhaltensweisen der Kunden beruhen. Das Ziel der Kundensegmentierung besteht darin, zu entscheiden, wie mit den Kunden in den einzelnen Segmenten umgegangen werden soll, um den Wert der Kundensegmente für das Unternehmen zu maximieren.

Markt- und Kundensegmentierung

Oft wird Kundensegmentierung mit Marktsegmentierung verwechselt. Bei Letzterem handelt es sich aber um die Abgrenzung des Unternehmens gegenüber der Konkurrenz auf dem Markt.

Kundensegmentierung stellt die Analyse der Kundenmerkmale in den Vordergrund, um diese z. B. im Rahmen von gezieltem Marketing anzusprechen.

Warum ist Kundensegmentierung wichtig?

Durch die Einteilung der Kunden in Kundensegmente können die Bedürfnisse der einzelnen Segmente analysiert und im Optimalfall jeder Kunde anhand seiner Bedürfnisse angesprochen werden. Anhand der Kundensegmentierung kann die Customer Experience oder auch das Leistungsangebot für homogene Kundengruppen optimiert werden.

Wie setze ich Kundensegmentierung richtig um?

1. Zielsetzung klären

Klare, messbare Ziele sind das Fundament einer erfolgreicher Kundensegmentierung.

2. Kriterien der Segmentierung festlegen

Die Kriterien müssen hohe Kaufverhaltensrelevanz aufzeigen, messbar sein und zeitlich bzw. wirtschaftlich umsetzbar sein.

3. Identifikation der Kundensegmente durch gezielte Datensammlung und -verarbeitung

Die Art der Datensammlung ist ebenfalls eine große Herausforderung. In diesem Zusammenhang lohnt es sich z.B. eine gute CRM-Software zu nutzen. Die Verarbeitung der Daten kann je nach Zielsetzung und vorhandenen Ressourcen unterschiedliche Komplexitätsgrade anstreben.

Eindimensionale Kundensegmentierung

Eindimensionale Kundensegmentierung teilt Kunden nach einer Analyse der Kaufhäufigkeit, Verwendungsintensität, Kaufvolumen oder anderer einzelner Kriterien ein. In der Regel werden einfache ABC-Gruppen erstellt, wobei Gruppe A das wichtigste Segment darstellt und somit zum Ziel intensivierter Marketing-Maßnahmen wird.

Mehrdimensionale Kundensegmentierung

Mehrdimensionale Kundensegmentierung teilt Kunden nach aufwendiger statistischer Analyse anhand mehrerer Variablen in komplexe Kundensegmente ein. Der höhere Komplexitätsgrad macht es möglich gezielter auf die einzelnen Kundengruppen einzugehen und ihre Customer Journey zu optimieren.

Kundensegmentierung im B2B

Eine weitere Dimension der Kundensegmentierung ist die Art der Geschäftsbeziehung. Hierbei wird zwischen Kundensegmentierung im B2B und Kundensegmentierung im B2C Bereich unterschieden.

Im B2B Bereich spielen oft mehrere Kaufentscheider eine Rolle (Buying Center). Wichtige Möglichkeiten der Segmentierung liegen hier in den Rahmenbedingungen, operativen Merkmalen, Beschaffungspolitik und situative Merkmalen.

Kundensegmentierung im B2C

In der Kundensegmentierung im B2C Bereich liegt das Augenmerk auf den sozio-, psycho- und demografischen, sowie situativen und verhaltensorientierten Merkmalen. Besonders DISG-Analysen sind ein gutes Tool, um Kundensegmente beschreiben zu können und somit die Customer Journey optimal zu gestalten.

4. Erkenntnisse nutzen, um Personas zu entwickeln und Kundensegmente zu bearbeiten

Anhand der Kundensegmente können nun gezielt besonders profitable Kunden angesprochen und ihre Customer Experience in Hinblick auf die zuvor definierten Ziele optimiert werden.

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