Die künftige Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD hat sich zum Ziel gesetzt, die Bedingungen für eine wettbewerbsfähige und wachsende Volkswirtschaft zu schaffen, strukturelle Rahmenbedingungen für Unternehmen und Beschäftigte zu verbessern, Innovationen zu fördern und Bürokratie umfassend abzubauen. Im Webcast „Der Koalitionsvertrag – Steuerpolitische Vorhaben“ erläutere ich, welche steuerlichen Maßnahmen der Koalitionsvertrag vorsieht.
Keine Steuererhöhungen – Punktuelle Entlastungen
Zunächst kann festgehalten werden, dass die Regierungskoalition – entgegen mancher Befürchtungen – keine Steuererhöhungen plant. Dafür soll der Solidaritätszuschlag in seiner jetzigen Form beibehalten werden. Die Einkommensteuer soll für kleine und mittlere Einkommen zur Mitte der Legislatur gesenkt werden.
Für Unternehmen sind punktuelle Entlastungen und Investitionsanreize vorgesehen. Arbeitsanreize sollen auch durch steuerliche Begünstigungen gesetzt werden. Die Stromsteuer soll für alle so schnell wie möglich gesenkt werden.
Der Wohnungsbau soll durch eine Investitions-, Steuerentlastungs- und Entbürokratisierungsoffensive angekurbelt werden. Zur Erbschaftsteuer, Vermögensteuer oder Besteuerung von Kapitalerträgen enthält der Koalitionsvertrag keine Aussagen.
Geplant sind ein Sofortprogramm für den Bürokratierückbau, jährliche Bürokratierückbaugesetze sowie eine Reduzierung der Bürokratiekosten für die Wirtschaft um 25 % (rund 16 Mrd. Euro) und des Erfüllungsaufwands für Unternehmen, Bürgerinnen und Bürger sowie Verwaltung um mindestens 10 Mrd. Euro.
Neue Impulse für Investitionen und Wachstum
Als zentrale Maßnahme für mehr Investitionen ist der sogenannte „Investitions-Booster“ vorgesehen. Unternehmen sollen von einer degressiven Abschreibung auf Ausrüstungsinvestitionen profitieren, die in den Jahren 2025, 2026 und 2027 gilt. Der Abschreibungssatz soll 30 Prozent betragen. Durch die erhöhte Abschreibung in den ersten drei Jahren werden Unternehmen steuerlich entlastet und Investitionen schneller rentabel. Der Koalitionsvertrag äußert sich jedoch nicht dazu, was unter Ausrüstungsinvestitionen zu verstehen ist. Nahtlos an den Investitions-Booster anknüpfen soll eine stufenweise Senkung des Körperschaftsteuersatzes. Ab 2028 soll die Körperschaftsteuer in fünf Schritten, also bis 2032, von derzeit 15 auf 10 Prozent abgesenkt werden. Bemerkenswert daran ist, dass nach den Vorstellungen der Koalitionäre die Absenkung erst mit dem letzten (planmäßigen) Jahr der Legislaturperiode (Anfang 2028) startet, dadurch weit in die anschließende Legislatur hineinreichen wird und somit zum Großteil nicht die eigene Regierungszeit betreffen würde.
Damit auch Personenunternehmen, die die Mehrheit der Unternehmen in Deutschland stellen, steuerlich entlastet werden, sollen insbesondere die Körperschaftsteuer-Option und die sogenannte Thesaurierungsbegünstigung wesentlich verbessert werden. Damit möchte die neue Bundesregierung eine rechtsformneutrale Besteuerung ermöglichen.
Im Bereich der Unternehmenssteuern sieht der Koalitionsvertrag im Wesentlichen Steuersenkungen und Erleichterungen vor. Eine Ausnahme gibt es jedoch: Bei der Gewerbesteuer ist eine Erhöhung des Mindesthebesatzes von derzeit 200 auf 280 Prozent geplant. Betroffen sind somit nur diejenigen Unternehmen, die in Gemeinden mit einem Hebesatz von unter 280 Prozent ansässig sind bzw. Betriebsstätten unterhalten. Sollte die Erhöhung umgesetzt werden, müssten sich diese Unternehmen auf eine Anhebung des Gewerbesteuersatzes – ausgehend vom bisherigen Mindesthebesatz – von derzeit 7 Prozent auf 9,8 Prozent einstellen.
Verbesserte Arbeitsanreize
Ein wichtiges Anliegen der Koalitionäre zur Stärkung der Wirtschaft ist die Verbesserung von Arbeitsanreizen auch durch steuerliche Maßnahmen. Dazu sollen Überstundenzuschläge, die über eine Vollzeitarbeit hinausgehen, steuerfrei gestellt werden. Eine steuerliche Begünstigung soll es auch für Arbeitgeber-Prämien geben, die für die Ausweitung der Arbeitszeit von Teilzeit auf Vollzeit an Mitarbeitende gezahlt werden. Und schließlich sollen mit der sogenannten Aktivrente finanzielle Anreize geschaffen werden, damit sich freiwilliges längeres Arbeiten mehr lohnt. Rentnerinnen und Rentner sollen ihr Gehalt bis zu 2.000 Euro im Monat steuerfrei erhalten.
Für Arbeitnehmende soll außerdem die Pendlerpauschale zum 01.01.2026 auf 38 Cent ab dem ersten Kilometer erhöht werden.
Elektromobilität und mehr Innovation
Für Elektromobilität sind Fördermaßnahmen geplant. Hier sollen bestehende Vergünstigungen für elektrische Dienstwagen ausgeweitet und Sonderabschreibungen für Elektrofahrzeuge eingeführt werden.
Die Innovationskraft von Unternehmen wird ebenfalls unterstützt, indem die Forschungszulage verbessert wird. Dies umfasst nicht nur eine deutliche Anhebung des Fördersatzes und der Bemessungsgrundlage, sondern auch Vereinfachungen im Antragsverfahren. Damit könnte die neue Regierung an Verbesserungen bei der Forschungszulage, die bereits in der abgelaufenen Legislatur umgesetzt wurden, anknüpfen. Einzelheiten dazu enthält der Koalitionsvertrag naturgemäß nicht.
Bürokratieabbau und steuerliche Entlastungen im Blick
Im internationalen Kontext möchte die kommende Regierung an der globalen Mindeststeuer festhalten, allerdings deren Umsetzung vereinfachen. Dies könnte den administrativen Aufwand für Unternehmen reduzieren. Außerdem möchte man sich mit Blick auf die internationalen Divergenzen und deren Auswirkungen auf die globale Steuerarchitektur auf europäischer Ebene dafür einsetzen, dass deutsche Unternehmen im internationalen Wettbewerb nicht benachteiligt werden. Eine Herausforderung ist dabei sicherlich das Einstimmigkeitserfordernis auf EU-Ebene, da die Mindeststeuer in einer entsprechenden EU-Richtlinie geregelt ist.
Es sind Anpassungen des steuerlichen Rechtsrahmens für einen Querverbund geplant. Das Gemeinnützigkeitsrecht soll modernisiert und vereinfacht werden.
Gemeinnützige Organisationen sollen von einer Modernisierung und Vereinfachung des Gemeinnützigkeitsrechts profitieren. Im Koalitionsvertrag werden mehrere konkrete Maßnahmen genannt. So zum Beispiel die Anhebung der Freigrenze für Einnahmen aus wirtschaftlichem Geschäftsbetrieb und Ausnahmen von der zeitnahen Mittelverwendung.
Auch bei den Energiepreisen plant die Regierung Entlastungen. Konkret heißt es im Koalitionsvertrag dazu: „Wir wollen Unternehmen und Verbraucher in Deutschland dauerhaft um mindestens fünf Cent pro Kilowattstunde (kWh) mit einem Maßnahmenpaket entlasten“. Dazu soll u. a. als Sofortmaßnahme die Stromsteuer auf das europäische Mindestmaß gesenkt werden.
Mit Blick auf die aktuellen Herausforderungen der globalen Handelspolitik wird hervorgehoben, dass mittelfristig ein Handelsabkommen mit den USA angestrebt wird und kurzfristig ein Handelskonflikt vermieden und Einfuhrzölle auf beiden Seiten des Atlantiks reduziert werden sollen. Daneben soll zeitnah ein novelliertes Außenwirtschaftsgesetz vorgelegt werden. Die Gastronomie soll ab 01.01.2026 dauerhaft von dem reduzierten Umsatzsteuersatz von 7 % auf Speisen profitieren.
Nicht zuletzt verfolgt die Bundesregierung auch ambitionierte Ziele beim Bürokratieabbau und Besteuerungsverfahren. So soll es mindestens ein Bürokratierückbaugesetz pro Jahr geben und die sogenannte Kassenbonpflicht abgeschafft werden. Für Unternehmen soll das Besteuerungsverfahren sukzessive auf eine Selbstveranlagung umgestellt werden. Und die Finanzverwaltung soll durch eine stärkere Digitalisierung und künstliche Intelligenz gestärkt werden.
Steuerpolitik zwischen Anspruch und Umsetzung
Die steuerlichen Pläne der Bundesregierung haben das Potential, Unternehmen zu entlasten und die wirtschaftliche Dynamik in Deutschland anzukurbeln. Zu bedenken ist jedoch, dass alle Maßnahmen des Koalitionsvertrages unter Finanzierungsvorbehalt stehen und sich die aktuellen Verwerfungen in der globalen Handelspolitik auf das Wirtschaftswachstum und somit auch auf die Steuereinnahmen nicht positiv auswirken dürften. Entscheidend wird letztlich sein, wie konsequent und schnell die angekündigten Maßnahmen umgesetzt werden.