Im Fokus: Nachhaltigkeitsberichterstattung


Zwar legten auch in der Vergangenheit Unternehmen Rechenschaft über die Nachhaltigkeit ihrer Tätigkeit ab und erstellten Nachhaltigkeitsberichte – wirklich umfassend geschah dies jedoch nur selten. Mit der im November 2022 beschlossene EU-Richtlinie „Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)“ ändert sich der Umfang und die Art der Nachhaltigkeitsberichterstattung von Unternehmen nun tiefgreifend. Die neuen europäischen Regeln gehören zu den umfangreichsten Vorgaben zur Nachhaltigkeitsberichterstattung weltweit und nehmen die Arbeit etablierter Initiativen wie der Global Reporting Initiative (GRI), des Sustainability Accounting Standards Board (SASB), des International Integrated Reporting Council (IIRC), des Climate Disclosure Standards Board (CDSB) und des Carbon Disclosure Project (CDP) auf.

Der Entwurf der europäischen CSR-Richtlinie umfasst zwölf Kategorien zur Berichterstattung in den Bereichen Umwelt, Soziales sowie Unternehmensführung (ESG) und betrifft alle mittleren und großen Unternehmen in der EU, mit dem Ziel, deren Nachhaltigkeit zu steigern.

Komponenten des CSRD-Berichtsstandards

Umwelt:

  • Klimawandel
  • Umweltverschmutzung
  • Wasser und marine Ressourcen
  • Biodiversität und Ökosysteme
  • Ressourcennutzung und Kreislaufwirtschaft

Soziales:

  • Eigene Mitarbeitende
  • Beschäftigte in der Wertschöpfungskette
  • Betroffenes Gemeinwesen
  • Konsumenten und Endanwender

Unternehmensführung:

  • Unternehmensführung, Risikomanagement und interne Kontrollen
  • Geschäftsverhalten

Zeit zur Vorbereitung wird knapp

Betroffene Unternehmen haben nur noch wenig Zeit, sich auf die neuen verpflichtenden EU-Anforderungen zur Nachhaltigkeitsberichterstattung vorzubereiten. Schon am 1. Januar 2024 endet die Frist für Unternehmen, die bereits der Non-Financial Reporting Directive (NFRD) unterliegen. Ab 1. Januar 2025 gilt die CSRD zudem für die großen Unternehmen, die derzeit nicht der NFRD unterliegen. Am 1. Januar 2026 endet die Frist für börsennotierte kleine und mittlere Unternehmen sowie kleine und nicht komplexe Kreditinstitute. Ab diesem Zeitpunkt müssen auch firmeneigene Versicherungsunternehmen über ihre Nachhaltigkeit informieren.

European Sustainability Reporting Standards (ESRS)

Die CSRD hat das Ziel, einem sehr weit gefassten Stakeholder-Kreis vergleichbare und verlässliche Informationen zur Nachhaltigkeit von Unternehmen zur Verfügung zu stellen. Um dieses Ziel zu erreichen, sieht die EU-Kommission vor, dass erstens für alle Unternehmen neu gefasste ESG-Rechnungslegungsstandards (ESRS) zur Anwendung kommen und zweitens die nach diesen Standards aufgestellte Berichterstattung von Wirtschaftsprüfer:innen begutachtet wird. Das neue ESG-Reporting ist verpflichtend im Lagebericht als „Sustainability Statement“ zu integrieren und hat neben übergreifenden Themen Stellung zu den ESG-Themen Environmental, Social und Governance zu nehmen. Dabei werden qualitative Aussagen zur Strategie und zum Ambitionsniveau zu machen sein, aber auch quantitative Angaben mittels sogenannter Performance Measures- beziehungsweise Key Performance Measures (KPIs). Derzeit sind über 150 solcher KPIs in den bislang als Exposure Draft veröffentlichten ESRS gefordert. Die EU-Institutionen verfolgen mit dieser erweiterten Berichtspflicht ein klares Ziel: Neben die etablierte und akzeptierte finanzielle Berichterstattung soll gleichberechtigt die nichtfinanzielle Berichterstattung treten.

Umfang der ESRS

Die neuen ESG-Rechnungslegungsstandards sind seit dem 30. April 2022 im Entwurf veröffentlicht und zur Kommentierung freigegeben. Auch wenn noch Veränderungen zu erwarten sind und weitere Informationen folgen werden, zeichnet sich die Richtung, welche die europäische Nachhaltigkeitsberichterstattung nimmt, klar und konkret ab. Anders als in der internationalen Diskussion, beispielsweise von der US Securities and Exchange Commission (SEC) oder dem International Sustainability Standards Board (ISSB), geht die EU in ihrer ESG-Kommunikation umfangreicher vor: Sie adressiert nicht nur Klimafragen, sondern auch Themen wie Wasser, Verschmutzung, Biodiversität und Kreislaufwirtschaft. Darüber hinaus werden soziale Aspekte und Arbeitsschutz thematisiert und die Rolle von Governance, Risk und Compliance deutlich aufgewertet. Die EU-Taxonomie ist vollständig integriert und auch die Struktur der Reporting Standards ist an die Task Force on Climate Related Financial Disclosures (TCFD) und den International Sustainability Standards Board (ISSB) angeglichen worden. Besonders zu erwähnen ist die neu gefasste doppelte Wesentlichkeitsanalyse, die in einem eigenen Standard in Methodik, Vorgehen und Prüfung konkret erläutert wird.

Fraglos bestehen noch manche Unklarheiten, da die ESRS noch nicht final sind und sektorspezifische Standards zur Nachhaltigkeit noch folgen müssen. Auch die EU-Taxonomie wartet weiterhin auf die Ergänzung der noch fehlenden Umweltziele. Die sozialen Aspekte unter anderem aus der europäischen Variante eines Lieferkettengesetzes und die Social Taxonomy sind ebenfalls noch ungewiss. Aber auch wenn hierzu noch Informationen ausstehen, sind die wesentlichen Themen doch gesetzt. Deshalb ist allen Unternehmen zu raten, die neuen Regelungen so schnell wie möglich zu analysieren und damit in eine Umsetzungsplanung zu gehen.

Keine Zeit verlieren auf dem Weg zum Nachhaltigkeitsbericht

Grundsätzlich sind auf Basis der aktuellen Informationen bereits jetzt folgende Schritte empfehlenswert:

  • Rechtliche Betroffenheit durch die CSRD auf Konzern- und Einzelgesellschaftsebene klären
  • Berichtsstrategie bestimmen
  • Doppelte Wesentlichkeitsanalyse nach ESRS 2 neu konzipieren und durchführen
  • Abgleich der bestehenden Berichte zu den neuen Anforderungen
  • Status Prüfbereitschaft (konzernweit) und ESG-Abdeckung der Governance-Systeme analysieren
  • Lückenanalyse
  • ESG-Reporting-Road-Map aufstellen und Implementierungsplan beschließen

Auch wenn sich das Bild zur CSRD und den ESRS noch konkretisieren wird, sollten die wesentlichen Themen der neuen EU-Standards zügig angegangen werden, da sie sich Teils direkt auf den Managementansatz der Unternehmen auswirken können. Es darf nicht vergessen werden, dass es sich bei der Implementierung eines Nachhaltigkeitsberichts um eine echte Veränderung handelt, für die noch um Akzeptanz im Unternehmen geworben werden muss. Zudem wird die technische Umsetzung des Rahmenwerks zur neuen Nachhaltigkeitsberichterstattung einige Zeit in Anspruch nehmen. Kurzfristig werden umfangreiche Daten berichts- und prüfungspflichtig, die von Personen erstellt werden, die bislang nicht mit einer professionellen Berichterstattung vertraut sind, Anleitung und weitere Informationen auf dem Weg zu einer integrierten Berichterstattung benötigen, und zu den neuen Richtlinien geschult werden müssen.

ESG-Reporting schafft neue Transparenz: ESG-Strategie und Transformation prüfen

In diesem Zusammenhang sollte auch erwähnt werden, dass das ESG-Reporting selbst nur ein Mittel zum Zweck ist. Grundsätzlich wird auf EU-Ebene davon ausgegangen, dass die Unternehmen sich im Rahmen der Erstellung eines Nachhaltigkeitsberichts mit einer umfangreichen Analyse einen Überblick über die Auswirkungen von ESG auf das eigene Unternehmen beziehungsweise des eigenen Unternehmens auf die Umwelt verschafften und daraus eine Risiko- und Chancenübersicht ermitteln. Aus dieser lässt sich dann ein passender Managementansatz mitsamt ökologischen Ambitionen ableiten.

Daher darf über den Herausforderungen der neuen CSR-Berichtspflicht nicht vergessen werden, wie sich die ESG-Diskussion strategisch auswirkt und welche ökologischen Transformationsziele das Unternehmen erreichen will. Diese Informationen werden künftig sehr viel direkter von breiten Teilen der Gesellschaft und interessierten Stakeholdern eingefordert werden.