Unternehmen stehen vor der Herausforderung, Innovationen in immer kürzerer Zeit zur Marktreife zu führen. Auch die Vorteile durch die digitale Transformation sollen schnell ihren Nutzen bringen. Um dieser Anforderung an Geschwindigkeit gerecht zu werden, wird ein angepasstes Vorgehen benötigt, das eine neue Art des Führungsstils und der Selbstorganisation vereint.
Die Lösung: Agilität. Denn Methoden und Prozesse des agilen Projektmanagements bieten genau das. Sie haben ihren Ursprung in der Produkt- und Softwareentwicklung und tragen dem Veränderungsdruck der Wirtschaft Rechnung. Agilität liefert einen besonderen Mehrwert für Projekte mit hoher Dynamik, bei denen sich das konkrete Zielbild in der Regel erst im Projektverlauf zum definierten Scope gestaltet.
Allerdings trifft dies auf ERP-Projekte wie die Umstellung auf S/4HANA nur teilweise zu. Die Anwendung von agilen Methoden ist hier zwar durchaus sinnvoll. Jedoch zeigt ein Blick in die Praxis, dass bei der Umsetzung einige Anpassungen vorgenommen werden sollten, um Sicherheit bei der Implementierung und Integration zu gewährleisten.
S/4HANA-Detailplanung auch bei agiler Vorgehensweise
Basis eines ERP-Projekts ist ein klarer Zeit- und Budgetrahmen, den es einzuhalten gilt. Wenn, wie meist bei S/4HANA-Transformationen, kein unterjähriger Go-live angestrebt wird, führt ein Verzug im schlimmsten Fall zu einer Projektverlängerung um ein Jahr. Außerdem kann der Umfang an Funktionalität von S/4HANA aufgrund gesetzlicher Vorgaben nicht grundsätzlich flexibel gestaltet werden.
Aus Gründen wie diesen sollte auch bei einem agilen Projektansatz eine Detailplanung für die gesamte Projektlaufzeit erstellt sowie die wesentlichen Meilensteine der S/4HANA-Umsetzung bereits zu Beginn des Projektes festgelegt werden. Der Vorteil: Dies schließt eine anschließende Bearbeitung der Inhalte in Sprints und die Abbildung in User Stories nicht aus, gibt jedoch einen Rahmen für die Steuerung des S/4HANA-Projektes vor.
Bestimmte Aufgaben und Prozesse lassen sich nur bedingt agil lösen
Insbesondere Querschnittsthemen wie Migration, Test und Training, aber auch die Planung und Umsetzung der erforderlichen Aufgabenstellungen im Bereich der IT-Architektur lassen sich nur bedingt an ein agiles Framework adaptieren und in der definierten Sprintlogik abwickeln. Hierfür ist in der Regel eine separate Planung erforderlich.
Die Migration benötigt beispielsweise sehr früh im Projekt die Anforderungen von Objekten aus den Prozessen zur Implementierung, Selektion und Datenbereinigung. Die agil erarbeiteten Prozessanforderungen und deren Implementierung erstrecken sich jedoch über die gesamte Projektlaufzeit.
Fahren auf Sicht erschwert den Blick auf Projektstatus
Fehlt insbesondere ein fester zeitlicher Rahmen, bleibt über die Laufzeit des S/4HANA-Projekts der Status hinsichtlich der Zielerreichung unklar. Die Konsequenz ist meist ein Fahren auf Sicht. Denn ohne eine Gesamtplanung kann der Fortschritt ausschließlich am Fertigstellungsgrad geplanter User Stories gemessen werden.
Da User Stories jedoch erst nach vollständiger Abarbeitung als abgeschlossen gekennzeichnet werden, liefert der Blick darauf jeweils nur eine grobe Sicht auf den Status des Projektes. Die agile Vorgehensweise, die eigentlich einen Geschwindigkeitsvorteil verschaffen sollte, wird damit unter Umständen sogar zur Ursache für Verzögerungen.
Tücken der Agilität von Teilprojekten ohne Gesamtplanung
Die Notwendigkeit einer Gesamtplanung wird auch aus einer anderen Perspektive deutlich. Denn es gibt auch Abhängigkeiten zwischen den Teilprojekten, die für die Prozessdefinition zu berücksichtigen sind. Da die agilen Teams in den Teilprojekten ihre Aufgabenstellung eigenverantwortlich planen und bearbeiten, kommt es durch die Abstimmung zu Abhängigkeiten und damit bei der zeitlichen Synchronisierung unweigerlich zu Einschränkungen.
Fazit: Kultureller Wandel als Voraussetzung für den Einsatz agiler Methodik
Dies sind nur einige Überlegungen aus der Praxis, die die Herausforderungen an die Planung eines agilen ERP-Projektes im SAP-Umfeld aufzeigen. Der Einsatz der agilen Methodik erfordert demnach einen kulturellen Wandel. Denn um die komplexen und mehrdimensionalen Anforderungen erfüllen zu können, bedarf es Projektmitarbeitender, die bereit sind, sich von der klassischen Projektmethode zu lösen, die sich im Zweifel über Jahre im Unternehmen etabliert hat.
Die Aufgabe der Projektmitarbeiter:innen besteht darin, ohne Silodenken eigenverantwortlich und selbstorganisiert zu arbeiten und somit den Teamerfolg mit agilen Prozessen sicherzustellen. Da diese Arbeitsweise bisher nur in wenigen Unternehmen bereits in der Unternehmenskultur verankert ist, gilt es, den Status quo hierzu einzuschätzen und bei der Planung und Durchführung von agilen ERP-Projekten zu berücksichtigen.
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