Wie wichtig ist noch Kohle aus Russland für Deutschland?

Seit Sommer kommt Kohle zu großen Teilen aus Südafrika und Südamerika.

Während hierzulande Braunkohle gefördert wird, hing Deutschland bislang erheblich von Importen von Steinkohle aus Russland ab. Sie machten etwa 50 Prozent des deutschen Steinkohleverbrauchs aus. Seit August 2022 ist die Einfuhr für alle Formen russischer Kohle in die EU untersagt. Und tatsächlich wird seit September keine Steinkohle aus Russland eingeführt. Für Altverträge gilt jedoch eine Ausnahme. Dennoch hält die Bundesregierung am beschleunigten Ausstieg aus der Kohleverstromung fest. Spätestens 2038, idealerweise bereits 2030.

Kohle kommt mittlerweile vorzugsweise aus Südafrika und anderen Ländern

Parallel zum russischen Kohlestopp haben im Sommer die Programme zum Testen neuer Kohlesorten aus Südafrika, Australien, USA, Kolumbien und Indonesien begonnen. Bislang sind die Einschätzungen der Branche dazu recht positiv: Eine Umstellung wäre ohne größere Schwierigkeiten möglich und könnte den 50-prozentigen Anteil russischer Kohle am Gesamtimport durch andere Exportländer bis zum Winter 22/23 kompensieren.

Ein Blick in die Statistik zeigt, dass seit dem russischen Angriff auf die Ukraine und spätestens seit Sommer Deutschland deutlich weniger Steinkohle aus Russland importiert hat. Im Februar 2022 wurden noch mehr als 1,7 Millionen Tonnen importiert. Im November waren es nur noch 265.000 Tonnen. Parallel hat sich der Kohleimport aus Kolumbien von rund 227.000 Tonnen auf etwa 577.000 Tonnen nahezu verdoppelt. Der Anteil russischer Kohleimporte an der Gesamtmenge lag im November bei nicht einmal zehn Prozent. Diese Zahl erklärt sich durch die Ausnahmeregel für Altverträge. Im November 2021 machte Kohle aus Russland noch einen Anteil von 62 Prozent aus.

Im Bereich Kohle gibt es keine verpflichtende Reserve in Deutschland. Es gibt zwar einen grundsätzlich liquiden Weltmarkt für Kohle. Die Umstellung der Lieferketten ist noch nicht vollzogen und wird langwierig sein. Im Lauf des Jahres 2022 war bereits zu sehen, dass sich Deutschland dank Kohlelieferungen aus anderen Ländern aus der Abhängigkeit von Russland ein Stück weit befreit hat.

Kohlevorräte reichen für im Notfall für etwa vier bis sechs Wochen

Zur Gewährleistung der Versorgungsicherheit im Notfall kann für die erhöhte Stromerzeugung durch Kohlekraftwerke auf vorhandene Vorräte an den Kraftwerksstandorten und zwischengelagerte Steinkohle in den Häfen zurückgegriffen werden. Diese knappen Vorräte sind recht unterschiedlich und reichen jedoch nur für etwa vier bis sechs Wochen. Nach einem Verbrauch der Vorräte wären einzelne Kraftwerke abzuschalten. Die dann noch verfügbare Kohle müsste priorisiert eingesetzt werden, um die Netzstabilität zu gewährleisten.

Das heißt, die Leistung der Braunkohlekraftwerke ist ggf. hochzufahren und/oder kurzfristig als bevorzugte Bereiche zu priorisieren. Das betrifft im Weiteren nicht nur die Stromproduktion im Allgemein, sondern auch betroffene Industrien im Speziellen, insbesondere die Stahlindustrie, die bevorzugt werden sollte, weil sie wichtige Komponenten für die Energieinfrastruktur (etwa Ferngasnetze oder Anlagen) produziert.

Welche Lösungsansätze hat Deutschland nun?

Umstellung der liefernden Länder: Hier werden bereits wie beschrieben andere Kohlesorten und Länder in den Fokus genommen. Vor allem Kolumbien spielt hier eine wichtige Rolle.

Anlegen von Reserven: Die Bundesregierung hat zusammen mit der Bundesnetzagentur einen Prozess aufgesetzt, um gemeinsam mit den Kraftwerksbetreibern die Beschaffung und Reservebildung bei Kohle voranzutreiben.

Alternativen: Zur Sicherung der Versorgungssicherheit sollen verstärkt Kohle und Öl für die Stromproduktion genutzt werden, um Gas zu sparen. Das bedeutet, dass Steinkohlekraftwerke, die in die Netzreserve aufgenommen werden, befristet an den Strommarkt zurückkehren können.

Errichtung und Inbetriebnahme von Flüssiggas-Terminals: Wenn alle fünf staatlichen LNG-Terminals ihre volle Kapazität erreichen, können sie in wenigen Jahren ein Drittel des deutschen Gasbedarfs decken. Damit wäre der Wegfall der russischen Gaslieferungen zum Großteil kompensiert. Wenn stärker auf Gas zurückgegriffen werden kann, sinkt auch der Bedarf an Kohle.

Strom grenzüberschreitend liefern: In Frankreich ist Kernenergie die vorherrschende Energiequelle. Ein Lösungsweg kann es auch sein, bei Bedarf Strom von dort zu importieren und aus Deutschland, bei entstehenden Überkapazitäten im Netz, zu exportieren.

Sparen und Ausstieg: Die beste mittelfristige Antwort auf die Importabhängigkeit ist der Ausstieg aus der Kohle, der schrittweise bis 2030 erfolgen soll. Bis dahin werden ohnehin Sparmaßnahmen notwendig.