ESG: Ein Blaukehlchen mit aufgerissenem Schnabel vor einem gelben Rapsfeld.

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Nachhaltigkeitsberichterstattung boomt – hat aber noch Schwächen.

Er soll Vertrauen bei Stakeholdern und Investoren schaffen, das Image verbessern und Kunden langfristig binden: der Nachhaltigkeitsbericht von Unternehmen. Deshalb boomt er auch so. 92 der 100 umsatzstärksten Unternehmen in Deutschland veröffentlichten im Jahr 2020 einen Nachhaltigkeitsbericht – drei Jahre zuvor waren es noch 73 Prozent.

Positiv anzumerken ist auch, dass sich dabei 2020 eine signifikante Mehrheit – sowohl in Deutschland als auch weltweit – an den UN-Zielen für nachhaltige Entwicklung (Sustainable Development Goals – SDGs) orientiert. 2017 tat dies nur ein geringer Teil der Unternehmen.

Nachhaltigkeitsberichterstattung: Wenn dann richtig

Dies zeigen die Ergebnisse unserer Studie KPMG Survey of Corporate Responsibility Reporting 2020. Die Tendenz geht also in die richtige Richtung. Dennoch macht die Studie meiner Meinung nach auch deutlich, dass es noch Bereiche gibt, in denen Nachhaltigkeitsberichterstattung besser werden sollte.

Zu wenige berichten über Biodiversitätsrisiken

So berichtet beispielweise lediglich ein Viertel der Unternehmen aus Branchen mit mittlerem und hohem Biodiversitätsrisiko über eben jene Herausforderung. Und das obwohl gerade im vergangenen Jahr eine ganze Reihe wissenschaftlicher Veröffentlichungen das Ausmaß des Verlustes von Biodiversität beschrieben hatte. Danach sind seit 1970 die Populationen von Wildtieren um 68 Prozent zurückgegangen. Die UN betont die Bedeutung von Biodiversität auch im Kampf gegen den Klimawandel. Und stellt fest, dass bisher keines der 20 Biodiversitätsziele, die 2010 verabschiedet worden sind, vollständig erreicht ist.

Problematisch ist das nicht nur deshalb, weil mehr als die Hälfte des weltweiten BIPs von funktionsfähigen Ökosystemen abhängt, sondern auch weil die Biodiversitätskrise uns alle unmittelbar betrifft: Wie die Corona-Pandemie gezeigt hat, ist die Zerstörung natürlicher Lebensräume ein wichtiger Faktor bei der Übertragung von Viren von Tieren auf Menschen.

Negative Auswirkungen werden verschwiegen

Und Schwachstellen haben viele Berichte längst nicht nur beim Thema Biodiversität, sondern die Mehrheit der Berichte beschreibt generell fast ausschließlich eigene positive Beiträge zum Thema Nachhaltigkeit. Negative Auswirkungen werden dagegen weitgehend verschwiegen. Mir drängt sich der Eindruck auf, dass der eine oder andere Nachhaltigkeitsbericht vor allem deshalb existiert, weil die Öffentlichkeit dies erwartet – und weniger, weil das betreffende Unternehmen die Bedeutung des Themas verstanden hat. Hier sehe ich Nachholbedarf seitens der Unternehmen.

Der Druck auf Unternehmen wächst

Ein weiterer Grund, warum die Berichte noch offener und vollständiger werden sollten: Nachhaltigkeit ist nicht nur wichtig für unser aller Zukunft, sie kann auch die Performance und den Wert eines Unternehmens steigern. Und wird von den Kapitalmärkten entsprechend honoriert. Deshalb machen Stakeholder und Investoren gerade in jüngster Zeit verstärkt Druck, indem sie mehr Transparenz einfordern.

Immer wichtiger wird dabei der Zusammenhang zwischen Nachhaltigkeit und potenziellen Geschäftsrisiken. Auslöser dafür sind der Klimawandel und seine Folgen auch für das eigene Unternehmen.

Ich gehe davon aus, dass auch die finanziellen Dimensionen anderer Nachhaltigkeitsthemen wie Menschenrechte, Diversity, Arbeitsstandards und angemessene Entlohnung zukünftig stärkere Beachtung finden.

Es braucht einheitliche Standards

Dass wir insgesamt mehr Nachhaltigkeitsberichterstattung erleben, liegt auch an wachsenden regulatorischen Anforderungen. Aktuell bemüht sich eine Reihe internationaler Initiativen darum, die Standards für solche Berichte zu vereinheitlichen. Zugleich wächst der Druck auf diese Organisationen, sich zusammenzuschließen, weil auch Investoren vernehmbar harmonisierte Standards einfordern. Der Wunsch nach einem globalen System für die Unternehmensberichterstattung wächst und das ist gut so. Die Zeit dafür ist meines Erachtens (über)reif.

 

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