Geldumschlag wird in Sakko gesteckt

7 Anti-Fraud-Maßnahmen im Not-for-Profit-Sektor

Die Covid-19-Krise lässt Betrüger Hilfsgelder abzweigen. So steuern Sie dagegen.

Die Ausbreitung von Covid-19 stellt den Not-for-Profit-Sektor vor große Herausforderungen. Um Mittelempfänger in entwicklungsschwachen Ländern bei der Bewältigung der aktuellen Wirtschafts-, Gesundheits- und Gesellschaftskrise zu unterstützen, müssen deutsche Geberorganisationen Hilfe und Finanzmittel schnell und effizient bereitstellen. Dieser Handlungsdruck führt zu hohen Fraud-Risiken, da Kontrollmaßnahmen, Aufsichts- und Rechenschaftsmechanismen nicht auf die neue Krisensituation angepasst sind und angesichts der vorherrschenden Katastrophe nachrangig behandelt werden.

Die Pandemie als idealer Nährboden für Kriminelle

Die Covid-19-Pandemie zeigt geradezu exemplarisch, wie schnell Kriminelle entstehende Schwachstellen zu ihrem Vorteil ausnutzen. Durch Covid-19 eingeschränkte Arbeitsmöglichkeiten machen die Aufsichtsbehörden in strukturell schwachen Empfängerländern zu zahnlosen Tigern. Dies verdeutlicht auch die Warnung vor betrügerischen ‚Non-Profit-Organisationen‘, die das südafrikanische Ministerium für soziale Entwicklung (‚Department of Social Development‘) jüngst auf seiner Webseite veröffentlicht hat. Angesichts der hohen Summen, die derzeit im Schnellverfahren bewilligt werden, ist die Situation besorgniserregend.

Missmanagement von Hilfen durch Korruption, Betrug und anderem Fehlverhalten ist für gemeinnützige Organisationen ein heikles Thema, denn dies kann zu schmerzhaften Sanktions- und Rückzahlungen von Geldern sowie einem erschütterten Vertrauen bei relevanten Stakeholdern führen. Im schlimmsten Fall kommen zusätzlich langfristige Reputationsschäden, eine persönliche Organhaftung oder steuerliche Konsequenzen auf die Mittelgeber zu.

Deutsche Mittelgeber sollten sich darum schnellstmöglich selbst ein klares Bild über aktuelle Risiken in der Vergabekette machen, um das wahre Ausmaß zu erkennen und die Risiko-begünstigenden Bedingungen zu verstehen. Nur so können sie wirksame Mechanismen einführen oder verstärken, um Verluste durch Korruption oder Ineffizienzen selbst in den schwierigsten Kontexten zu verhindern.

Bestehende Risiken

Auf die folgenden, zusätzlichen Risiken ist bei der Mittelvergabe zu achten:

  • Erhöhte Schmiergelder und Bestechungszahlungen: Verstärkte Einfuhr- und Transportbeschränkungen, insbesondere in schwer zugänglichen Regionen, erhöhen das Korruptionspotential bei der Anlieferung von dringend benötigtem Material. Gleichzeitig führen reduziertes Personal bei der Einfuhrkontrolle, die Arbeit im Homeoffice und verminderte Erreichbarkeit von Ansprechpartnern dazu, dass es nur wenige Möglichkeiten zur Überwachung von Protokollverletzungen gibt.
  • Unangemessene Preisinflation: Bei der Beschaffung von Material und Dienstleistungen werden im Krisenfall zeitfressende Vergabeverfahren umgangen und alternative Krisenprozesse meist nicht ausreichend dokumentiert. Betrüger nutzen den Handlungsdruck von Hilfsorganisationen aus, um unverzichtbare Produkte zu teuer zu verkaufen.
  • Trittbrettfahrer: Mittels falscher Angaben auf Webseiten oder in den sozialen Medien starten Trittbrettfahrer einen Spendenaufruf unter Bezugnahme auf namhafte Geberorganisationen. Nachdem die vermeintlichen Hilfsorganisationen Spendengelder erhalten haben, stecken die Betrüger diese Gelder ein, ohne sie für den angegebenen Zweck zu verwenden.
  • Fake Organisationen: Ausgesetzte Due-Diligence-Prüfungen führen dazu, dass Hilfsmaterialien beschafft und Dienstleistungen beauftragt werden ohne ausreichende Prüfung der Existenz und Eignung der beauftragten Unternehmen. Mit Hilfe von gefälschten Zertifikaten (etwa zur Gründung, Gemeinnützigkeit oder Qualifikation des Mittelempfängers) und unechten Dokumenten (bspw. Bankkonten, Mitgliedernachweisen) erschleichen sich Fake-Organisationen Fördergelder, obwohl sie hierauf keinen Anspruch haben.
  • Qualitätsmängel: Durch den Zeitdruck in der Krise kommt es oft zu unzureichender Überprüfung der Qualifikation von Lieferanten und Dienstleistern. Dies führt im Ergebnis dazu, dass beschädigte, abgelaufene oder gefälschte Produkte beschafft werden, die hohe (immaterielle) Schäden anrichten (z.B. durch mangelhaftes medizinisches Equipment).

Was kann getan werden?

Die folgenden Maßnahmen können deutsche Geberorganisationen ergreifen, um die entstehenden Risiken rechtzeitig zu mindern:

  • Krisenmanagement: Die Einrichtung eines zentralen Krisenmanagers ist hilfreich, um präventiv adäquate Krisenpläne und Maßnahmen zu entwickeln. Damit die Maßnahmen im lokalen Kontext effektiv umgesetzt werden können und den Zielen der Entwicklungszusammenarbeit dienen, sollten sie mit den Empfängerorganisationen abgestimmt werden.
  • Kommunikation: Regelmäßiger Informationsaustausch zwischen Mittelgeber und Empfängerorganisation während des Ausnahmezustands wahrt Transparenz über geplante und getroffene Maßnahmen. Mit dem Krisenmanagement abgestimmte Workarounds sollten zielgerichtet an die betroffenen Einheiten inklusive Partner- und Empfängerorganisationen kommuniziert werden. Hierbei ist zusätzlich die Bedeutung der Einhaltung von Anti-Korruptionsmaßnahmen in Krisenzeiten zu thematisieren.
  • Dokumentation: Die Verschriftlichung eingeführter Workarounds und krisenbedingte Prozessänderungen stellt Compliance-Gesichtspunkte sicher. Eine Dokumentation der übergangsweise eingeführten Abläufe ist zudem notwendig, um die Prozesse nach der Krise wieder geordnet in den Regelbetrieb überführen zu können.
  • Nulltoleranzkultur: Eine umgehende Reaktion und Sanktionierung von Wirtschaftskriminalität sowie die Demonstration einer Nulltoleranzkultur gegenüber nicht zweckgerichteter Verwendung der erhaltenen Mittel tragen dazu bei, ungewollte Mittelabflüsse bereits im Anfangsstadium zu beenden.
  • Hinweisgebermechanismen: In Zeiten der sozialen Isolation und erschwertem Kontakt zu Ansprechpartnern sind dezentrale Hinweisgebermechanismen essenziell. Beschwerden oder Verdächtigungen im Zusammenhang mit potenziellen Unregelmäßigkeiten liefern meist die ausschlaggebenden Hinweise, um Ineffizienzen und kriminelle Vorgänge bei der Mittelverwendung aufzudecken.
  • Third Party Due Diligence: Die Aufrechterhaltung etablierter Third-Party-Due-Diligence-Prozesse stellt die Qualifikation der Geschäftspartner sicher und mindert Korruptionsrisiken. Um den Prüfungsaufwand gering zu halten, sollten Sie nach Möglichkeit von der Vergabe von Unteraufträgen an Subunternehmer absehen.
  • Monitoring: Nothilfeprojekte mit verringerten Kontrollmaßnahmen sollten von der Geberorganisation durch transaktionsbasierte Stichproben überprüft werden. So können Fehler im Prozess oder auch Verstöße zeitnah entdeckt und behoben werden.

Fazit

Die Auswirkungen von Covid-19 erschweren es für deutsche Mittelgeber, effektive Krisenhilfe unter Einhaltung ihrer Rechenschaftspflicht gegenüber den Interessengruppen zu erbringen. Um glaubwürdig durch die Krise zu kommen, sind die Mittelgeber jetzt aktiv gefragt sich an der Prävention von Fraud-Risiken im Not-for-Profit Sektor über die Grenzen der eigenen Organisation hinaus zu beteiligen. Im eigenen Interesse sollten sie mit Empfängerorganisationen in Kontakt treten, risikominimierende Maßnahmen stärken und an die neuen Gegebenheiten anpassen. Andernfalls dürften Betrugsszenarien und Korruption durch die riesigen Corona-Hilfspakete für die Wirtschaft aufblühen und könnten dabei nachhaltigen Schaden verursachen.