Das Arbeiten in den eigenen vier Wänden statt im Büro des Arbeitgebers ist in der Corona-Pandemie für viele zur neuen Normalität geworden. Der Trend zum ortsunabhängigeren Arbeiten wird auch nach der Pandemie bleiben.
Zugleich haben viele Beschäftigte aber auch erlebt, dass die Bedingungen im Wohn- oder Esszimmer nicht immer optimal sind oder auf Dauer der Austausch mit anderen Arbeitenden fehlt. Darum ist – neben der Tätigkeit im Büro und im Homeoffice – das Arbeiten in einem sogenannten Co-Working-Space eine dritte Option, die zunehmend an Attraktivität gewinnt.
Was ist Co-Working?
Beim Co-Working mieten Selbstständige und Start-ups, aber zunehmend auch größere Unternehmen für ihre Mitarbeitenden, einen fixen oder wechselnden Schreibtisch in einem Gemeinschaftsgebäude. So arbeiten z. B. eine Softwareentwicklerin, ein Modedesigner, zwei Bauingenieure und eine Unternehmensberaterin unter einem Dach – aber jede Person für sich an individuellen Projekten und in der Regel nur temporär. Dennoch kann ein Gemeinschaftsgefühl entstehen, von der Begegnung in der Kaffeeküche über Networking bis hin zu gegenseitiger Hilfestellung.
Der Arbeitsplatz kann flexibel gemietet werden: stundenweise, als Tagesticket oder eine Wochen- oder Monatspauschale. Die Kündigungsfristen sind oft sehr kurz. Der Anbieter stellt Tisch, Stuhl und WLAN. In der Miete inbegriffen sind die Nutzung von WC und Gemeinschaftsküche, oft auch Getränke, sowie Betriebs- und Reinigungskosten. Schränke und ein Telefonanschluss können dazu gemietet werden, außerdem bei Bedarf zeitweise die Nutzung von Konferenzräumen.
Inzwischen gibt es in Co-Working-Spaces neben den Großraumflächen häufig auch separate, abschließbare Büros. Dies ist ein Angebot für Nutzer:innen, die neben der Kommunikation etwa in der Kaffeeküche auch Privatsphäre wünschen.
Welche Vorteile bietet Co-Working?
Co-Working kann die Balance zwischen Homeoffice und festem Büroplatz beim Arbeitgeber ergänzen. Die Arbeitsräume bieten eine andere Qualität des Arbeitens – auf Dauer ist es anregender, als allein im eigenen Wohnzimmer vor sich hin zu arbeiten, und Beruf und Privatleben sind besser voneinander getrennt. Der Vorteil für Unternehmen: Co-Working-Spaces lassen sich flexibel nutzen, die kurzen Mietfristen sind der langen Mietbindung klassischer Büros überlegen, Pay-Per-Use-Systeme und -Arbeitsräume sind denkbar.
Was spricht für Co-Working-Angebote im ländlichen Raum?
In Großstädten wie Berlin, Frankfurt, Köln oder München haben sich mittlerweile einige Co-Working-Angebote etabliert. Damit sind die Potenziale des Konzepts aber bei Weitem nicht ausgeschöpft. Es lohnt sich, Co-Working auch in kleineren Orten, in ländlichen Regionen oder Speckgürteln von größeren Städten einzurichten.
Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die nicht zuhause arbeiten können, aber einen weiten Weg zur Arbeit haben, finden so in relativer Nähe zum Wohnort eine neue Möglichkeit zu arbeiten. Dies reduziert Pendelzeiten. So haben die Menschen mehr Zeit für Familie, Freunde und Erholung. Zudem sinkt der CO2-Ausstoß.
Doch wo finden die Beschäftigten ihren Schreibtisch in Wohnnähe? Hierzu sollten Unternehmen in ländlichen Regionen ihre freien Arbeitsplätze oder Flächen flexibel Externen zum Co-Working anbieten können. Vernetzten Angeboten bieten sich so große Potenziale. Sie haben dann nicht nur eine neue Einnahmequelle, sondern können auch aus dem Networking mit den Firmenfremden Nutzen ziehen.
Auch das Unternehmen, das Co-Working-Arbeitsplätze für seine Beschäftigten anmietet, kann profitieren, indem es im Gegenzug bei sich Flächen reduziert oder freiwerdende Plätze wiederum für Co-Working anbietet. Die Mitarbeitenden erhalten durch den kreativen Austausch im Co-Working-Space Inspiration und neue, befruchtende Impulse für ihre Arbeit.
Unternehmen, die die Möglichkeit zum wohnortnahen Arbeiten in Co-Working-Spaces anbieten, steigern außerdem im Kampf um die Toptalente ihre Arbeitgeberattraktivität: Sie können die geeigneten Fachkräfte akquirieren, die weder in der Großstadt am Sitz des Unternehmens wohnen (können) noch Lust auf lange Anfahrtswege haben.
Wie trägt Co-Working zur Regionalentwicklung bei?
Von diesen neuen Arbeitsformen profitieren aber auch die ländlichen Regionen. Co-Working kann weitere Landflucht mindern, leerstehenden Gebäuden neues Leben einhauchen, Orte bzw. Ortskerne neu beleben und dort die Lebensqualität heben. Gaststätten oder Bäckereien im Ort können Mittagessen für die Co-Worker anbieten und so Existenzgrundlagen sichern.
Zugleich kann Co-Working im ländlichen Raum oder in den Speckgürteln den Zuzug in die Städte und damit den Druck auf dortige Wohnungsmärkte verringern. Außerdem wird so zu einer Verkehrsentlastung beigetragen. Insgesamt kann Co-Working so zu einer intelligenten und besseren Auslastung von Flächen führen.
Was ist für mehr Co-Working-Spaces zu tun?
Vieles spricht also dafür, Co-Working-Spaces im ländlichen Raum zu fördern. Wer ein solches Angebot starten will, braucht ggf. eine Anschubfinanzierung und/oder unterstützende Beratung beispielsweise zu Business Cases, der Entwicklung von Plattformen, Fördermöglichkeiten, konkret vor Ort Baurecht, Lärm- und Brandschutz, Versicherungen, Vertragsrecht und anderen relevanten Themen. Dies kann die lokale Wirtschaftsförderung leisten, gegebenenfalls mit Unterstützung durch Spezialisten von KPMG.
Für große Unternehmen bieten sich zudem nationale Lösungen und damit auch nationale Plattformen oder der Zusammenschluss verschiedener Anbieter an; eine Herausforderung selbst für etablierte Dienstleister, wenn es um die Identifikation von Investoren und Kooperationspartnern, aber auch von interessanten Regionen und Städten geht.
Außerdem gilt es, die rechtlichen und sicherheitstechnischen Rahmenbedingungen zu schaffen, damit Unternehmen ihre freien Arbeitsplätze bzw. Flächen Dritten anbieten können. Dazu gehören auch Aspekte des Arbeits- und des Datenschutzes. Damit die Co-Working-Plätze flexibel und kurzfristig gebucht werden können, braucht es passende vertragliche Regelungen. Außerdem sollte eine digitale Plattform implementiert werden, auf der die freien Plätze vor Ort angezeigt werden und gebucht werden können.
Natürlich ist für Co-Working auf dem Land schnelles Internet der entscheidende Faktor. Daher besteht die Förderung der öffentlichen Hand insbesondere auch darin, diese Infrastruktur bereitzustellen, Entwicklungspotenziale auch für entsprechend moderne Arbeitsplätze generell zu heben oder die Kultur einer digitalen Entwicklung mit Open Source zu fördern. Auch bei der Planung neuer Quartiere sollte immer bedacht werden: Das Zueinanderbringen von Wohnort und Arbeitsplatz ist eine zukunftsweisende Idee, die es ökonomisch und ökologisch lohnt, weiter zu entwickeln.
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