Frau steht mit ausgebreiteten Armen am Strand vor dem Meer und schaut in die Kamera.

International Remote Work: Wie gelingt die rechtssichere Umsetzung?

So finden Unternehmen ein Compliance-Konzept für mobiles Arbeiten aus dem Ausland.

Unternehmen und Mitarbeitende erleben, insbesondere seit der Pandemie, wie gut mobiles Arbeiten funktionieren und welchen Nutzen es bringen kann. Die Möglichkeit, Arbeitszeit und -ort flexibel zu gestalten, verbessert für viele Arbeitnehmer:innen auch die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.

Inzwischen geht es beim mobilen Arbeiten häufig nicht mehr nur darum, einige Tage im Homeoffice arbeiten zu können. Viele Arbeitnehmer:innen möchten zunehmend auch aus dem Ausland arbeiten, also remote über Ländergrenzen hinweg, sei es vom Urlaubsort oder bei der Familie im Heimatland. Dieser Trend wird unterstützt durch die medienwirksame Kommunikation von „Work-from-Anywhere“-Konzepten durch Unternehmen wie den Audio-Streaming-Dienst Spotify oder das Online-Portal für Unterkünfte Airbnb. Begriffe wie „Working Nomads“ sind in aller Munde.

Der Druck auf Unternehmen zur Einführung internationaler Arbeitskonzepte steigt

Bei „Work-from-Anywhere“-Konzepten gilt es grundsätzlich, genaue Compliance- und Governance-Anforderungen zu beachten und das geeignete und vor allem Compliance-gerechte Modell für das eigene Unternehmen zu entwickeln. Die Gesetzgebung passt sich nur sehr langsam an die sich rasant veränderte Arbeitswelt an. Diese Kluft gilt es für Unternehmen mit entsprechenden Regelwerken überbrücken.

Häufig existieren unterschiedliche Konzepte nebeneinander. Einige erlauben das Remote Working für einen begrenzten Zeitraum (Workation, virtuelle Entsendungen, mobiles Arbeiten aus familiären Gründen), bei anderen geht es um permanente Regelungen (Foreign Hires, Mitarbeiter:innen, die auf eigenen Wunsch ins Ausland ziehen möchten, flexible Organisationsstrukturen etc.).

Eins gilt für alle Konzepte: Das Thema Compliance gewinnt beim grenzüberschreitenden Arbeiten deutlich an Komplexität. Welches Arbeitsrecht gilt? Was sollte beim Sozialversicherungsrecht mit Blick auf Arbeitnehmer:innen und Familienangehörigen beachtet werden? Aber auch Themen wie beispielsweise Datenschutz spielen dabei eine Rolle.

So setzen Unternehmen eine Compliance-gerechte „Work from Anywhere“-Strategie um

Die Herausforderung besteht darin, alle relevanten Rechtsgebiete auf dem Schirm zu haben. Dabei gilt es transparente, flexible Rahmenbedingungen, Richtlinien und Prozesse zu definieren, die ein attraktives Remote-Working-Angebot ermöglichen, zugleich den administrativen Aufwand für das umsetzende Unternehmen reduzieren und die rechtlichen Risiken adressieren.

  • Datenschutz: Regeln zur Sicherstellung der Datensicherheit sowie Geheimhaltung von Geschäftsinformationen und Kundendaten
  • Arbeitsrecht: Bestimmung des anwendbaren Rechts, Sicherstellung von Fürsorge- und EU-Registrierungspflichten sowie Equal-Pay-Bestimmungen
  • Immigration: Prüfung von Aufenthaltstiteln und / oder Arbeitserlaubniserfordernissen für Arbeitnehmer:innen
  • Einkommensteuer / Lohnsteuer: Vermeidung von Doppelbesteuerung sowie Registrierungs-/Dokumentations- und Einbehaltungspflichten
  • Betriebsstätten: Vermeidung von Betriebsstätten durch mobiles Arbeiten
  • Sozialversicherung: Sicherstellung des Krankenversicherungsschutzes und Verbleib in der deutschen Sozialversicherung während der Auslandstätigkeit für Mitarbeiter:innen

Vor diesem Hintergrund starten viele Unternehmen mit den Gruppen, bei denen die Einführung von Remote Working schnell und ohne signifikante Compliance-Risiken möglich ist. Hierzu wird die Dauer (zum Beispiel 20 bis 40 Tage) und die Länderauswahl aktuell häufig noch begrenzt (zum Beispiel auf die EU).

Fazit: Eine „Work from Anywhere“-Strategie hängt stark von den Unternehmenszielen und der Unternehmenskultur ab

Die Möglichkeit, flexibel und selbstbestimmt zu arbeiten, zum Beispiel im Homeoffice oder mobil aus dem Ausland, ist für Arbeitnehmer:innen attraktiv und kann einem Unternehmen als Arbeitgeber einen Wettbewerbsvorteil verschaffen. An einigen Wochentagen aus dem Homeoffice zu arbeiten, wünschen sich laut einer Statista-Umfrage mehr als die Hälfte der befragten Arbeitnehmer:innen (55 Prozent). Etwa jede:r Siebte würde es sogar vorziehen, grundsätzlich nicht mehr ins Büro zu müssen.

Um ein Compliance-sicheres Konzept aufzusetzen, ist die enge Verzahnung unterschiedlicher Unternehmensbereiche notwendig: Das „Work from Anywhere“-Konzept sollte mit den verschiedenen Stakeholdern aus den Bereichen Tax und Legal, aber auch HR, Change Management und Technologie diskutiert werden.

Arbeiten von überall – mehr im Video

Wie sich Unternehmen diesem Thema widmen und welche Aspekte von Compliance es gibt, habe ich mit Anna Richter, Head of People & Change Advisory, und Stefan Wagner, Managing Director bei SAP in München, beim Zukunftsgipfel diskutiert. Jetzt Video ansehen:

 

 

 

 

 

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Ingo Todesco