Vermutlich kennen Sie das aus Ihrem privaten Bereich: Man will einen alten Schulfreund mal wieder anrufen und kramt ein älteres Adressbüchlein hervor. Doch lässt sich die Schrift noch entziffern? Und ist die Telefonnummer überhaupt noch aktuell? Und dann findet sich im Smartphone noch eine ganz andere Nummer. Welche stimmt denn nun?
Schon dieses simple Beispiel zeigt: Über Erfolg oder Misserfolg des Prozesses (hier: der gelungene Anruf) entscheidet die Qualität der dafür herangezogenen Daten. Sie müssen aktuell und korrekt sein, zudem vollständig, eindeutig und verständlich.
Datenqualität braucht aktives Management
Erst recht gilt das im Unternehmensumfeld. Im Zeitalter der Digitalisierung beruhen viele Unternehmensprozesse auf Daten, und Führungskräfte treffen Entscheidungen auf der Basis von Datenanalysen. Fehlerhafte Daten können zu Fehlentscheidungen führen und enorme Kosten verursachen. Außerdem bestehen Compliance-Risiken.
Kurz gesagt: Schlechte Datensätze führen zu schlechten Ergebnissen. Fachleute sprechen vom Prinzip „Garbage in, garbage out“.
Die wachsende Erkenntnis, dass Daten Werte generieren, hat in Unternehmen das Bewusstsein für die Wichtigkeit hochwertiger Daten geschärft. Deshalb sollte die Sicherstellung einer kontinuierlich hohen Datenqualität für Unternehmen eine Priorität sein. Dafür bedarf es eines aktiven Qualitätsmanagements. Das gilt erst recht angesichts der zunehmenden Digitalisierung von Geschäftsprozessen im Zuge der ERP-Umstellung auf S/4HANA. Die Einführung von S/4HANA ist ein idealer Zeitpunkt, um die existierenden Datenbestände zu bereinigen. Außerdem ist es sinnvoll, bei der Definition des Target Operating Models im Zuge der S/4HANA-Migration bereits Datenmanagement-Gesichtspunkte zu berücksichtigen.
Nutzen und Aufwand abwägen
Die Frage, ab welchem Niveau Daten hochwertig sind, lässt sich allerdings nicht generell beantworten. Die verschiedenen Datenqualitätsmerkmale lassen sich nur kontextbezogen bewerten. Dabei geht es ganz pragmatisch darum, ob Datensätze geeignet sind, einen bestimmten Zweck zu erfüllen. Ob Daten z. B. exakt genug sind, hängt davon ab, wofür sie genutzt werden.
Es geht also nicht um Perfektionismus, sondern um eine bestmögliche Abwägung zwischen Nutzen und Aufwand. Denn die Sicherstellung einer hohen Datenqualität verursacht Kosten. So könnte etwa der Aufwand, mit dem ein Mitarbeiter Daten stets aktuell hält, höher sein als der Nutzen, den man aus diesen Daten ziehen kann. Daher gilt es zu beurteilen, welcher Grad an Vollständigkeit, Exaktheit oder Aktualität jeweils angemessen bzw. ausreichend ist. Dafür haben wir einen Indikator entwickelt, der beide Seiten berücksichtigt: den Data Quality Efficiency Index (DAQEI).
Regulatorische Vorgaben gehen vor
Eine weitere Frage ist, wie lange Daten vorgehalten werden sollen und wann sie archiviert werden können, damit sie nicht die Performance der Systeme verlangsamen. Sie sehen: Ein wirksames Datenmanagement-Konzept deckt den gesamten Lebenszyklus von Daten ab: von der Eingabe bis zur Archivierung und späteren Löschung.
Eines muss dabei aber klar sein: Die regulatorischen Vorschriften hinsichtlich des Datenmanagements und Datenschutzes sind selbstverständlich einzuhalten und dürfen nicht zugunsten einer höheren betrieblichen Effizienz lax gehandhabt werden. Nur soweit die Vorgaben Spielräume lassen, können Unternehmen entscheiden, wie viel Aufwand für Datenqualität sie jeweils betreiben möchten.
Klare Verantwortlichkeiten für Datenqualität festlegen
In der Regel werden Daten in Unternehmen über die gesamte Prozesskette genutzt. Dadurch können bei minderwertigen Daten Folgekosten in einem Bereich entstehen, der die Daten gar nicht erfasst und pflegt. Deshalb ist die Frage, wer für die Datenqualität verantwortlich ist, von großer Relevanz.
Wir unterscheiden hier zwischen der Data Governance und dem Data Management. Die Data Governance ist gewissermaßen die „Legislative“: Sie definiert und überwacht die unternehmensweite Datenstrategie, die einheitlichen Richtlinien und Standards. Das Data Management ist die „Exekutive“, die die operativen Aktivitäten entlang des Datenlebenszyklus ausführt.
Das Data Management obliegt üblicherweise der jeweiligen Fachabteilung. Für die Data Governance sind drei Varianten denkbar:
- Im dezentralen Ansatz werden auch die Data-Governance-Rollen im jeweiligen Fachbereich festgelegt.
- Die zentrale Variante sieht dagegen die Gründung einer eigenständigen Data-Governance-Abteilung vor.
- In der hybriden Variante wird die Data Governance innerhalb einer bestehenden Abteilung verankert, die sich mit Regularien und Accounting-Standards befasst.
Wichtig ist, gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die positiven Effekte einer hohen Datenqualität transparent und regelmäßig zu kommunizieren. Dies steigert das Verständnis für den Sinn des Datenqualitätsmanagements und seiner Prozesse.