Die Umsetzung einer selbstheilenden Lieferkette in der Praxis
Das Idealbild einer selbstheilenden Lieferkette ist für viele Unternehmen als Ziel noch in weiter Ferne. Die meisten Unternehmen stehen aktuell zwischen den Evolutionsstufen 2 und 3. Verschiedene Supply-Chain-Silos wie Einkaufsmanagement, Produktionssteuerung, Lagerverwaltung und Transportmanagement sind mehr und mehr integriert. Eine Ende-zu-Ende-Planung lässt sich zumindest zu Anfang abdecken und teils auch an kurzfristige Ereignisse anpassen. Dies kann man in den vergangenen Jahren beispielsweise am rasanten Anstieg der Implementierungen von SAP IBP (Integrated Business Planning), einer cloudbasierten Lösung für die Supply-Chain-Planung, erkennen.
Herausforderungen auf dem Weg zu einer selbstheilenden Lieferketten
Das größte Hindernis zu einer resilienten und dann selbstheilenden Supply Chain liegen in den meisten Fällen noch in den heterogenen Systemen und den noch nicht an dieses Konzept angepassten Organisationen und Prozesse. Zusätzlich mangelt es meist an der Verfügbarkeit von Daten. Intern lässt sich das im Laufe der Zeit durch stärker integrierte Systeme verbessern, durch einheitliche Datenmodelle und das Wachstum der Analytics-Fähigkeiten des Unternehmens.
Externe Informationen speziell zu Lieferanten, deren Lieferanten, ihren internen Prozessen und sich abzeichnenden Engpässen sind jedoch schwerer zu erhalten. Vertragliche Regelungen, Einkaufsportale und aufstrebende Business-Netzwerke versuchen hier jedoch alle, ihren Beitrag zu leisten. Angesichts des in Deutschland nun bestehenden Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) und ähnlicher erwarteter Regelungen in EU und USA konzentrieren sich mehr und mehr Anbieter darauf, transparente Daten zu Lieferanten, ihren Produkten, Lokationen, Zulieferer und daraus resultierenden Risiken zu sammeln.
Selbstheilende Lieferketten erfordern die Organisation und Mitarbeitende
Neben diesen rein informations- und systemseitigen Herausforderungen erfordert eine selbstheilende Lieferkette jedoch vor allem die Bereitschaft der Organisation und der Mitarbeitenden, diese auch einzusetzen, ihr zu vertrauen und sich auf den Mechanismus einzulassen.
Bei vielen Mitarbeitenden besteht die Angst, durch solche Veränderungen wegrationalisiert zu werden. Durch ein exzellentes Change-Management können derartige Befürchtungen eingefangen werden. Denn Unternehmen, die Erfahrungen mit sich selbst regulierenden Systemen machen wollen, benötigen Fachkräfte, die kontrollierend eingreifen und die Mechanismen optimieren. Dieses sind interne Expert:innen, denen Visionen für die zukünftige Arbeitswelt aufgezeigt werden können. Menschen in der Einkaufsdispo, in Logistik oder Lager können so selbst erleben, wie ihre zukünftige Tätigkeit mit einem neuen System aussieht. Change-Management sollte hier nicht nur als Kommunikation, sondern als aktiver Organisations- und Strukturumbau verstanden und aktiv begleitet werden.
Eine selbstheilende Lieferkette erkennt automatisch und schnell interne und externe Störungen
Zum Beispiel könnte die Lieferkette Knappheit eines bestimmten Rohstoffs automatisch erkennen, alternative Lieferanten suchen, Bestellungen entsprechend ändern und Lieferungen umdisponieren. Bei Maschinenausfällen sollte auf alternative Produktionsmethoden oder andere Produktionslinien oder Werke umgestellt und die Logistik und Materialflüsse entsprechend angepasst werden. Auch bei Lagerengpässen könnte die Lieferkette automatisch alternative Lagerorte suchen und die Logistik entsprechend verändern.
Erste Schritte zur selbstheilenden Lieferkette
Es ist ein langer Weg bis zur selbstheilenden Supply Chain mit zahlreichen großen Themen. Aber viele bereits laufende Initiativen, die wir bei unseren Kunden sehen, zahlen natürlich in dieses Thema ein, zum Beispiel:
- Lieferanten-Diversifikation
- Digitalisierung und Prozesstransformation in SCM
- Automatisierung und Einbindung von KI in Kapazitätsplanung- und Steuerung
- Transparenz in Einkauf, Logistik- und Transportplanung
- Konzernweite Standardisierung der Prozesse und Systeme
- Lieferanten-Transparenz und Risk-Management zu LkSG, ESG, CSRD, etc.