Mehr Frauen an die Spitze – das ist das Ziel des sogenannten Zweiten Führungspositionen-Gesetzes (FüPoG II), das kürzlich vom Deutschen Bundestag und danach vom Bundesrat verabschiedet wurde. Das Gesetz definiert für große Privatunternehmen sowie den öffentlichen Dienst verbindliche Vorgaben hinsichtlich der Teilhabe von Frauen an Führungspositionen. Damit hat die Bundespolitik das am 1. Mai 2015 in Kraft getretene FüPoG I weiterentwickelt.
Frauenquote für Vorstände
Zentral ist ein Mindestbeteiligungsgebot für Frauen (Frauenanteil) in Vorständen deutscher Unternehmen, die börsennotiert und paritätisch mitbestimmt sind: Besteht der Vorstand aus mehr als drei Mitgliedern, müssen künftig mindestens eine Frau und ein Mann Vorstandsposten begleiten. Das FüPoG I von 2015 hatte eine verbindliche Frauenquote für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen nur im Hinblick auf den Aufsichtsrat festgelegt (30 Prozent).
Zudem sind größere Unternehmen, die börsennotiert oder mitbestimmt sind, seit 2015 verpflichtet, Zielgrößen zur Erhöhung des Frauenanteils in Leitungspositionen (Vorstand, Aufsichtsrat, die beiden obersten Leitungsebenen unterhalb des Vorstands) festzulegen. In einem Großteil der Fälle existiert laut der Bundesregierung bisher aber keine Zielgröße für die Vorstandsebene oder diese liegt bei null Prozent – das heißt, es ist keine Frau für den Vorstand eingeplant.
Das neue Gesetz sieht jetzt vor, dass diese Unternehmen explizit begründen und darüber berichten müssen, warum ihrem Vorstand, dem Aufsichtsrat oder den beiden obersten Führungsebenen unterhalb des Vorstands ausschließlich Männer angehören sollen (Quote null Prozent). Unternehmen, die keine Begründung für die Zielgröße Null angeben oder gar keine Zielgröße melden, sollen künftig sanktioniert werden.
Wenige Kandidatinnen aus Mangel an Erfahrung
Die Fortentwicklung des ersten FüPoG ist aus meiner Sicht nachvollziehbar. Seine Evaluation drei Jahre nach Inkrafttreten zeigte zweierlei:
- Aufgrund der festen Frauenquote für Aufsichtsräte stieg in diesen Gremien der Frauenanteil.
- Die gesetzliche Regelung, wonach Unternehmen für den Frauenanteil im Vorstand lediglich Zielgrößen frei festlegen, diese jedoch nicht erreichen müssen, führte nicht zu mehr weiblichen Vorstandsmitgliedern. Die gesetzlich zulässige Zielgröße Null schaffe keine Notwendigkeit, sich mit der Thematik auseinanderzusetzen, so der Evaluationsbericht.
Fehlende weibliche Führungskräfte an der Spitze bzw. die Zielgröße Null für den Frauenanteil wurden oftmals mit einem Mangel an ausreichend qualifizierten Kandidatinnen begründet. Dies kann eine Herausforderung sein, ist allerdings auch eine Folge der aktuellen Situation: Eine Vorstandserfahrung – vielfach als Voraussetzung für eine Besetzung gefordert – können nur vergleichsweise wenige Frauen mitbringen, da sie bislang selten die Möglichkeit für einen Vorstandsposten etwa in DAX-Unternehmen hatten.
Das FüPoG I verlangte von Unternehmen allerdings nicht, sich aktiv und gezielt um Kandidatinnen zu bemühen – also etwa den Suchradius zu erweitern oder geeignete Frauen außerhalb der traditionellen Netzwerke anzusprechen. Das dürfte sich ab jetzt ändern.
Ein Gesetz für einen Kulturwandel
Das neue Gesetz zum Frauenanteil in Führungspositionen zwingt Unternehmen dazu, sich mit Fragen der Diversität und Gleichstellung von Frauen in Führungspositionen ernsthafter und intensiver zu befassen. Es sollte dazu führen, dass Frauen unternehmensintern systematischer für Führungspositionen aufgebaut und gefördert werden. Dies erfordert gegebenenfalls Anpassungen von Strukturen und Personalprozessen, um Frauen den Weg an die Spitze zu ebnen.
Auf lange Sicht dürfte damit in vielen Unternehmen ein Kulturwandel einhergehen, der Erwartungen an Führungskräfte verändert und tradierte Rollenbilder aufbricht. Auch im Vorstand muss es möglich sein, Kinder und Karriere unter einen Hut zu bringen.
Bessere Bedingungen hierfür schafft das FüPoG II mit der Regelung, dass Vorstandsmitglieder einer Aktiengesellschaft, Geschäftsführer:innen einer GmbH und geschäftsführende Direktor:innen einer Europäischen Gesellschaft (SE) für eine gewisse Zeit ihre Bestellung ruhen lassen können. Dies gilt für Mutterschutz und Elternzeit, aber auch bei Krankheit oder Pflege eines Familienangehörigen.
Zugleich lässt das Gesetz auch weiterhin die Zielgröße null Prozent für den Frauenanteil in Führungspositionen zu, wenn nachvollziehbare Sachgründe vorliegen. Dass diese transparent gemacht werden müssen, dürfte – wie in anderen Fällen einer Berichtserstattungspflicht, etwa zu Nachhaltigkeitsaspekten – den öffentlichen Druck erhöhen, zumal bei der Verletzung der Berichtspflicht gesetzlich Sanktionen drohen.