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KI in Steuerabteilungen: Mythen, Maßnahmen und Technologieausblick

Erfahren Sie, wie moderne Steuerabteilungen aussehen und welche KI-Mythen veraltet sind.

Während Abteilungen wie Controlling, Accounting und Treasury vielerorts bereits von datenbasierten Prognosen und Machine Learning profitieren, bilden Steuerabteilungen laut aktueller KPMG-Studie „KPMG global AI in Finance report“ oft das Schlusslicht . Nur ein Drittel der Unternehmen wagt hier Pilotprojekte – verglichen mit zwei Dritteln in anderen Finanzabteilungen. Die Ergebnisse zeigen klar: Wer jetzt nicht aufholt, setzt wertvolle Effizienzvorteile aufs Spiel.

Gleichzeitig hat sich die technologische Ausgangslage stark verändert. Seit Ende 2022 ermöglicht generative KI den automatisierten Umgang mit unstrukturierten Daten wie BMF-Schreiben, Steuerbescheiden, Richtlinien oder Verträgen. Damit eröffnen sich völlig neue Chancen, die bislang jenseits klassischer Machine-Learning-Verfahren lagen. Steuerabteilungen können so ihre Prozesse beschleunigen und Ressourcen neu verteilen.

In diesem Artikel erfahren Sie, wie sich der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) in Steuerabteilungen konkret gestalten lässt, welche fünf Mythen über den Einsatz von KI veraltet sind und welche Maßnahmen jetzt für einen erfolgreichen Start notwendig sind.

Mythos 1: „KI ist nicht so gut wie ich.“

Manche Mitarbeitenden glauben, KI müsse jeden komplexen Spezialfall des Steuerrechts vollkommen lösen, bevor sie in der Praxis eingesetzt werden kann.

Realität: KI-Systeme müssen nicht jeden steuerlichen Sonderfall beherrschen. Entscheidender ist, dass sie bereits heute viele wiederkehrende Routineaufgaben übernehmen, und schnell erste Entwürfe liefern. Mit jedem Schritt entlasten die KI-Assistenten die Mitarbeitenden und ermöglichen so eine Zeitersparnis.

Mythos 2: „KI hilft nur bei steuerlicher Würdigung“

Oft schwebt den Fachkräften ein Szenario vor, in dem eine KI ausschließlich die steuerliche Würdigung komplexer Sachverhalte übernimmt.

Realität: Die Möglichkeiten gehen weit darüber hinaus. Ob Steuerbescheide auslesen, Verträge nach rechtlichen Vorgaben prüfen, wiederkehrende Anfragen automatisiert beantworten oder Spezialwissen verfügbar machen – KI verhält sich wie ein multifunktionales Werkzeug. KI-Assistenten beschleunigen Arbeitsprozesse und stellen Spezialwissen in breiter Form zur Verfügung, sodass Mitarbeitende davon profitieren, ohne jedes Mal manuell recherchieren zu müssen.

Mythos 3: „Ohne großes Datenmanagement-Projekt, kann eine KI nicht eingesetzt werden“

Viele glauben, dass ein Einsatz von KI in Steuerabteilungen erst sinnvoll ist, wenn sämtliche steuerrelevanten Dokumente aufwendig in eine Datenplattform integriert worden sind.

Realität: Zwar ist Datenqualität ein Grundpfeiler des erfolgreichen Einsatzes von KI, doch lautet das Erfolgsrezept „Use case first“. Das heißt, Sie starten mit einem klar definierten Anwendungsfall und bauen dafür einen fokussierten Datenpool auf. Statt eine umfassende Pauschallösung zu entwerfen, definieren Steuerabteilungen spezifische Use Cases mit passendem Datenbestand. So erproben sie den Nutzen in Rekordzeit, ohne Jahre in vorbereitende Großprojekte zu investieren.

Mythos 4: „KI ersetzt alle bisherigen Technologien“

Die Annahme, dass KI vielseitige Lösungen für jegliche Anforderungen liefert und alle Technologien verdrängt, erscheint attraktiv, wird jedoch der Realität nicht gerecht.

Realität: KI sollte als wichtiges Puzzleteil bestehende Tools ergänzen, anstatt sie vollständig zu verdrängen. Workflows, Tax Engines, Dokumentenmanagementsysteme oder Tax-Compliance-Lösungen behalten ihren Wert – zumal viele Prozesse bereits ohne KI effizient automatisiert sind. Wenn eine vorhandene Technologie bewährte Ergebnisse liefert, besteht kein Grund, zwanghaft auf KI umzustellen. Vielmehr entfaltet KI ihre wahre Stärke genau dort, wo klassische Lösungen an Grenzen stoßen. Wer hingegen auf eine isolierte „KI-Insel“ setzt, riskiert nicht nur, wertvolle Synergieeffekte zu verschenken, sondern investiert womöglich auch in ungeeignete Lösungen – und gefährdet damit mittel- bis langfristig die gesamte KI-Initiative.

Mythos 5: „Alle Mitarbeitenden müssen KI- und Prompting-Expert:innen werden“

Beim Umgang mit KI-Lösungen wie ChatGPT kann der Eindruck entstehen, jede Fachkraft benötige tiefgreifendes Prompting-Wissen, um die besten Antworten zu erhalten.

Realität: Moderne KI-Agenten lassen sich bereits so gestalten, dass Anwenderinnen und Anwender ohne spezielle Schulung hilfreiche Antworten erhalten. Gleichzeitig läuft KI in Business Process Automation Fällen unbemerkt im Hintergrund, etwa beim Erstellen von Verrechnungspreisdokumentationen. In der Folge verringert sich der Schulungsaufwand massiv: Einfache, prozessintegrierte Oberflächen und eine zentrale Plattform sorgen dafür, dass Anwendende ohne KI-Expertise auf zuverlässige Ergebnisse bauen können. Dennoch kann es für ein tieferes Verständnis und den Abbau von Hemmschwellen sinnvoll sein, wenn Mitarbeitende aktiv erste Erfahrungen mit KI- und Prompting-Techniken sammeln. Wer begreift, wie KI-Anwendungen funktionieren, nutzt sie gezielter und kann potenzielle Anwendungsfälle erkennen.