Nachhaltigkeit in der Chemiebranche: Zeit für eine Reaktion

Um ihren Energiebedarf zu senken, hat die Chemiebranche Optimierungsprozesse eingeleitet

Es ist das Thema, an dem kein Unternehmen mehr vorbeikommt und dem man sich dringend stellen sollte. Netto-Null-Emissionen, bekannt auch unter den englischen Schlagworten „Net Zero“. Wie also schaffen es Unternehmen, ihren CO2-Ausstoß zu minimieren, wie gelingt der Weg zur Klimaneutralität? Denn klar ist, der Ausstoß von Treibhausgasen muss sinken, um eine weitere Erwärmung der Atmosphäre zu verhindern.

Firmen kooperieren für klimaneutralen Strom

Ich möchte dazu einen Blick auf die Chemieindustrie werfen. Ohne Zweifel eine Industrie, in der viele fossile Brennstoffe verbraucht werden und der CO2-Ausstoß hoch ist. Um ihre Produktion aufrecht zu erhalten, benötigen die Unternehmen Energien (unter anderem Strom und Dampf), die auf fossilen Brennstoffen basieren. Wie die Umstellung auf klimaneutralen Strom funktionieren kann, zeigt eine Kooperation zweier Konzerne. Sie entwickeln die Idee eines Offshore-Windparks, um so eigenen grünen Strom für ihre Produktion nutzen zu können.

Chemiebranche hat Optimierungsprozesse in Gang gesetzt

Bei der Versorgung mit klimaneutralem Strom ist für die Unternehmen aus der Branche die wichtigste Frage, ob und wie schnell ausreichende Energiemengen besorgt werden können. Die Beantwortung dieser Frage spielt bei der Umsetzung die größte Rolle. Denn Optimierungsprozesse, um den Energiebedarf im eigenen Unternehmen zu senken, sind längst in Gang gesetzt worden oder schon abgeschlossen. Das reicht von einfachen Maßnahmen wie beispielsweise dem flächendeckenden Einsatz weniger energieintensiver Leuchtmittel als auch der Optimierung gesamter Produktionsprozesse inklusive der Koppelprodukte.

Viele ökologische Alternativen sind teuer und aufwändig

Darüber hinaus gibt es für die Branche noch Möglichkeiten, ihren Verbrauch zu senken. Allerdings muss sich noch zeigen, inwiefern diese ökologisch sinnvoller sind. Ölbasierte Produkte könnten zwar auf biobasierte umgestellt werden. Das ist zum Teil teuer und aufwändig, da bestehende Technologien umgestellt werden müssten. Ein weiterer Nachteil: Für eine Umstellung werden große Mengen an Rohstoffen (etwa Palmöl) gebraucht, die dann in einigen Ländern als Ernährungsquelle fehlen.

Es existieren noch keine zusammenhängenden Kreisläufe für die Aufbereitung von Industriemüll

Bei der Wiederverwertung von Müll sieht es ähnlich aus. Es ist schwierig und aufwändig, den bei der Produktion entstandenen Müll sauber zu trennen und die viele Plastikarten lassen sich mechanisch nicht mehr so reinigen, dass sie wieder für alle Anwendungen (bspw. im Lebensmittelbereich) eingesetzt werden könnten. Noch existieren keine zusammenhängenden Kreisläufe für die Aufbereitung und Wiederverwertung industriellen Mülls. Vor allem am Beginn der Kette hapert es bei einigen Plastikarten, weil es hier noch niemanden gibt, der den Müll einsammelt.

Regulierung erhöht den Druck, emissionsfrei zu produzieren

Es gibt aber schon einzelne Beispiele in der Branche, in der auf Kreislaufverwertung gesetzt wird. Noch ist das aber eine Nische. Ich denke, dass zunehmende Regulierung und damit der gesetzliche Druck, emissionsfrei zu produzieren, zunehmen wird. Das setzt Unternehmen unter Druck, bietet ihnen aber auch Gelegenheit, ihr Geschäftsmodell zu transformieren, neue Produkte zu entwickeln und die Wertschöpfungskette neu aufzustellen. Firmen, die hier schnell handeln und zum Beispiel als erste am Markt gänzlich nachhaltig gefertigte Produkte präsentieren können, haben gegenüber der Konkurrenz einen erfolgsentscheidenden Wissensvorsprung.

Unternehmen der Branche sollten die Transformation, die Kundenwünsche nach mehr Nachhaltigkeit und die Zunahme der Regulierung als eine Chance sehen, sich zu transformieren und für die Zukunft aufzustellen. Gleichzeitig sollte die Transformation der Branche so gestaltet und reguliert werden, dass die Unternehmen nicht aus Deutschland abwandern.