Globale Unternehmen mit Auslandstöchtern auf den internationalen Märkten müssen die Hinzurechnungsbesteuerung im Auge behalten. Die Vorschriften werden oftmals übersehen und häufig deckt erst das Finanzamt die Rechtsfolgen nachträglich auf – regelmäßig mit unerwünschten Konsequenzen. Hierzu zwei Beispiele:
Beispiel 1
Ein deutsches Unternehmen ist Inhaber einer Marke und erzielt Lizenzeinnahmen. Es gründet eine ausländische Kapitalgesellschaft in Irland (Steuertarif 12,5 Prozent). Die irische Gesellschaft verwaltet künftig die Marke und vereinnahmt die Erträge.
Beispiel 2
Ein deutsches Unternehmen vertreibt Produkte über eigene, lokale Vertriebsgesellschaften in Asien. Die Vertriebsgesellschaften werden aus Deutschland über eine zentrale Stelle in Singapur (Steuertarif 17 Prozent) beliefert, mit dem eine fremdübliche Gewinnmarge zwischen Einkaufs- und Weiterverkaufspreis erzielt wird.
Die Gewinne werden im Ausland geringer besteuert als in Deutschland (12,5 bzw. 17 Prozent statt ca. 30 Prozent). Hier setzt die Hinzurechnungsbesteuerung an.
Hinzurechnungsbesteuerung führt zu erheblichen Mehrsteuern
Die deutschen Steuergesetze verhindern die Verlagerung bestimmter Gewinne zu Gesellschaften in Niedrigsteuerländern (<25 Prozent), die nicht der deutschen Besteuerung entzogen werden dürfen. Diese ausländischen Gewinne werden fiktiv dem Einkommen der deutschen Muttergesellschaft hinzugerechnet und dem deutschen Besteuerungsniveau, häufig gar darüber hinaus, unterworfen.
Die Vorschriften sind komplex und ihre Anwendung anspruchsvoll. Sind die Voraussetzungen erfüllt, müssen Unternehmen insbesondere bei Feststellung durch eine Außenprüfung zusätzlich zu den geänderten Steuerfestsetzungen mit Nachzahlungszinsen rechnen. In Einzelfällen drohen bußgeld- oder steuerstrafrechtliche Konsequenzen. Neben Großkonzernen stehen zunehmend mittelständische Unternehmen im Fokus.
Die Zahl der Niedrigsteuerländer steigt
Die Hinzurechnungsbesteuerung hat lange ein Exotendasein gefristet. Dies hat sich mit den sinkenden Unternehmenssteuersätzen im Ausland unter die 25 Prozent-Schwelle (jüngst in den USA auf 21 Prozent) und den globalen Entwicklungen zur Bekämpfung von Gewinnkürzungen und –verlagerungen von internationalen Konzernen geändert. Die USA und die meisten Staaten in Europa sind mittlerweile Niedrigsteuerländer. Die Hinzurechnungsbesteuerung erlebt eine Renaissance.
Das Informationsdefizit der Finanzbehörden sinkt
Zudem haben sich für internationale Unternehmen die steuerlichen Rahmenbedingungen drastisch geändert. Hiervon profitiert die deutsche Finanzverwaltung.
Sie erhält mit den gestiegenen steuerlichen Erklärungs- und Dokumentationspflichten der Unternehmen, dem verbesserten Informationsaustausch zwischen den Staaten sowie den zusätzlichen Kompetenzen und technologisch gestützten Prüfungsansätzen in der Betriebsprüfung einen besseren Einblick in die internationalen Geschäftstätigkeiten der Unternehmen als bisher. Steuerpflichtige können nicht länger auf ein Informationsdefizit der Finanzbehörden spekulieren.
Doch wie kann ein Unternehmen die Risiken erkennen und kontrollieren?
Strukturen des Unternehmens auf die Erzielung aktiver Einkünfte ausrichten
Im Idealfall sind bei den Geschäftstätigkeiten des Unternehmens die Voraussetzungen der Hinzurechnungsbesteuerung erst gar nicht erfüllt. In erster Linie sollten die Strukturen so ausgerichtet werden, dass die Auslandsgesellschaften mit ihrer Tätigkeit aktive Einkünfte erzielen.
Bei passiven, niedrig besteuerten Einkünften ist Compliance geboten
Sofern sich passive, niedrig besteuerte Einkünfte – und somit eine Hinzurechnungsbesteuerung – nicht abwenden lassen, sollten die Konsequenzen abgefedert werden. Dies erfordert vollständige, steuerliche Compliance des Unternehmens: Für die ausländische Gesellschaft ist in Deutschland rechtzeitig eine Erklärung für die Hinzurechnungsbesteuerung abzugeben.
Ein funktionierendes Tax-Compliance-Management-System ist essentiell, damit das Unternehmen die Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen kontrollieren kann, bevor das Finanzamt die Gewinne im Schätzungswege feststellt.
Künftige Entwicklungen aufmerksam verfolgen
Im Hinblick auf die sinkenden Steuersätze im internationalen Steuerwettbewerb sollten Unternehmen die Entwicklungen im Ausland aufmerksam verfolgen. So haben unter anderem Belgien und Frankreich bereits beschlossen, ihre Steuersätze stufenweise auf die kritische 25-Prozent-Grenze abzusenken.
Die Vorschriften zur Hinzurechnungsbesteuerung aus 1972 bedürfen einer gründlichen Überarbeitung. Es ist allerdings zu erwarten, dass der deutsche Gesetzgeber mit der fälligen Umsetzung der europäischen Richtlinie (ATAD I) in 2019 versuchen wird, mit einem Mindestmaß an Änderungen die EU-Konformität sicherzustellen.
Fazit
Die Hinzurechnungsbesteuerung birgt für Unternehmen mit Auslandsgesellschaften etliche Fallstricke. Die rechtzeitige Auseinandersetzung mit der Thematik und ein steuerliches internes Kontrollsystem sind unabdingbar, um böse Überraschungen für die effektive Steuerquote oder gar bußgeld- und strafrechtlich bewährte Maßnahmen zu verhindern.
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