Überrascht war sicherlich eine Steuerpflichtige, als der von ihr erwartete Erbschaftsteuerbescheid um ca. 100.000 Euro höher ausfiel – und der von ihr angerufene Bundesfinanzhof mit Urteil vom 23.2.2021 (II R 29/19) dem zuständigen Finanzamt recht gab.
Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zugrunde: Die Steuerpflichtige hatte von ihrer Mutter eine Eigentumswohnung in einem Zweifamilienhaus nebst unmittelbar angrenzendem Gartengrundstück mit 800 Quadratmetern geerbt. Die Eigentumswohnung wurde zu Lebzeiten von der Mutter bewohnt und unmittelbar nach deren Tod von der Tochter zu eigenen Wohnzwecken genutzt. Da die Eigentumswohnung in Deutschland liegt und die Wohnfläche mit 110 m² nicht die Grenze von 200 m² übersteigt, waren damit die Voraussetzungen für eine erbschaftsteuerfreie Übertragung des Familienheims von der Mutter auf die Tochter gegeben.
Steuerfreie Übertragung des Familienheims prinzipiell möglich
Grundsätzlich spielen die Größe des Grundstücks und auch der Wert der Immobilie für die erbschaftsteuerliche Befreiung keine Rolle. Fraglich war, ob das Gartengrundstück zum Familienheim gehört und damit erbschaftsteuerfrei übertragen wurde oder nicht. Sowohl Mutter als auch Tochter haben die Eigentumswohnung und das angrenzende unbebaute Grundstück, das als Garten genutzt wurde, als eine Einheit gewertet. Daher hatte die Tochter in der eingereichten Erbschaftsteuererklärung auch den Gesamtwert der Eigentumswohnung einschließlich des Gartengrundstücks als steuerfreie Übertragung des Familienheims erklärt.
Auf den Grundbucheintrag kommt es an
Allerdings handelt es sich zivilrechtlich bei der Eigentumswohnung und dem Gartengrundstück um zwei separate Grundstücke, die in unterschiedlichen Blättern im Grundbuch festgehalten sind. Auch das für die Bewertung des Grundbesitzes zuständige Finanzamt erfasste die beiden Grundstücke als zwei unabhängige wirtschaftliche Einheiten. Daher verwehrte der Bundesfinanzhof mit oben genanntem Urteil der Erbin die Steuerbefreiung für das Gartengrundstück, da auch bewertungsrechtlich zwei separate Grundstücke vorlagen und das Gartengrundstück insofern nicht zum steuerbefreiten Familienheim gehört.
Da die Steuerbefreiung des Familienheims nicht nur bei der Übertragung auf Kinder, sondern insbesondere auch beim Erwerb durch den überlebenden Ehegatten Anwendung findet, ist Eigentümern grundsätzlich angeraten, einen Blick in das Grundbuch zu werfen – und im Bedarfsfall je nach Konstellation eine Vereinigung von Flurstücken zu beantragen, sodass in gleich gelagerten Fällen nur ein Grundstück im Rechtssinne vorliegt und dieses auch von der Steuerbefreiung erfasst wird.