Steuerrecht kann hart sein. Das musste jüngst eine Steuerpflichtige erfahren.
Ihr verstorbener Ehemann hatte ihr das hälftige Eigentum an dem gemeinsam bewohnten Einfamilienhaus vererbt. Kurze Zeit später musste die Frau aus dem Haus ausziehen – aufgrund einer psychischen Erkrankung, die durch den Tod des Partners mit ausgelöst wurde.
Aus diesem Grund wurde ihr – nach einer Entscheidung des Finanzgerichts Münster (Urteil vom 10.12.2020, Az.: K 420/20) – die steuerfreie Übertragung des Eigenheims versagt.
Wann das Vererben von Wohnimmobilien steuerfrei bleibt
Grundsätzlich ist das Vererben der selbstgenutzten Wohnimmobilie an Ehe- bzw. Lebenspartner erbschaftsteuerfrei. Dies gilt unabhängig von Größe und Wert des Eigenheims.
Allerdings ist Voraussetzung für die Steuerbefreiung, dass die oder der Überlebende die Immobilie nach der Erbschaft mindestens zehn Jahre lang selbst bewohnen.
Wenn der erbende Ehepartner innerhalb dieses Zeitraums das Eigenheim ganz oder teilweise verkaufen, vermieten, länger leer stehen lässt oder unentgeltlich jemandem überlässt – dann entfällt die Steuerbefreiung rückwirkend in voller Höhe.
Allerdings gibt es eine Ausnahme: Wenn der erbende Ehepartner aus zwingenden Gründen an einer Selbstnutzung zu eigenen Wohnzwecken gehindert ist. Objektiv zwingende Gründe liegen etwa im Fall des Todes oder bei einer Pflegebedürftigkeit vor, die das Führen eines eigenen Haushalts nicht mehr zulässt.
Depression als zwingender Grund?
War die Depression der Frau ein zwingender Grund, aus dem Einfamilienhaus auszuziehen? Diese Frage musste das Finanzgericht klären – und verneinte, da die Witwe weiterhin einen eigenen Haushalt an anderer Stelle führte.
Ein zwingender Grund ist nach Wertung des Gerichts nur gegeben, wenn überhaupt kein eigener Hausstand mehr geführt werden kann.
Das Finanzgericht hat die Revision zum Bundesfinanzhof (Az.: II R 1/21) zugelassen, der nun final darüber zu entscheiden hat. Nachteilige Erbschaftsteuerbescheide sollten daher durch Einspruch offengehalten werden.