Unternehmensbewertungen: Diese Details sollten Sie jetzt kennen

Unternehmensbewertungen: Diese Details sollten Sie jetzt kennen

Unser Experte analysiert, wie aktuelle Ereignisse in Unternehmensbewertungen einfließen.

Zahlreiche Krisen in der jüngeren Vergangenheit, hohe Inflation und das angestiegene Zinsniveau – all das hat starken Einfluss auf die Bewertung von Unternehmen. Sie müssen nicht nur ihre Geschäftsmodelle an die neuen Gegebenheiten anpassen, sie sollten auch die erwartete Zinsentwicklung im Auge behalten. Das hat Folgen für Renditeforderungen von Firmen und die Unternehmensbewertung.

Wie stark also sollten aktuelle Ereignisse in die Unternehmensbewertung einfließen? Unser Experte für die Bewertung von Unternehmen, Dr. Andreas Tschöpel, beantwortet im Interview die wichtigsten Fragen.

In unserer aktuellen Kapitalkostenstudie geben wir einen Überblick, wie sich das zunehmend unsichere wirtschaftliche Umfeld auf Ihre Geschäftsmodelle, Planungsrechnungen und langfristigen Renditeerwartungen (Kapitalkosten) auswirkt. Jetzt lesen.

Welche Themen treiben die Firmen hinsichtlich der Bewertung von Unternehmen aktuell am meisten um?

Nach den jüngsten Krisen durch die Covid-Pandemie, den laufenden Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und die Kämpfe im Nahen Osten stehen die Unternehmen vor zahlreichen geopolitischen Risiken, die beispielsweise bestehende Handelsketten weiter bedrohen. Auch wenn die hohen Inflationsraten der letzten zwei Jahre aktuell tendenziell zurückgehen, scheinen die Zinssenkungserwartungen an den Märkten und die mit ihnen verbundenen ansteigenden Bewertungen möglicherweise etwas verfrüht. Die Notenbanken haben relativ deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sie die Inflationsentwicklung sehr genau beobachten und Zinssenkungen erst konkret diskutiert werden, wenn sich Inflationsraten im Zielkorridor der Notenbanken stabilisieren.

Wie stark beeinflussen diese Themen die Ergebnisse und Cashflows von Unternehmen?

Zum einen beeinflussen die geopolitischen Krisen, aber auch aktuelle Megatrends wie ESG oder künstliche Intelligenz die einzelnen Geschäftsmodelle sehr individuell. Zum anderen stehen Unternehmen weiterhin vor der Herausforderung, ihre Geschäftsmodelle kontinuierlich an eine zunehmend unsicher erscheinende Zukunft anzupassen. Unterdessen können allerdings auch langfristige makroökonomische Effekte die zukünftigen Ergebniserwartungen beeinflussen. So bleibt zu berücksichtigen, dass ein geringes Zinsniveau bei erhöhter Inflation zu Realrenditen von Null oder auch negativen Realrenditen führt. Auch in der Vergangenheit waren temporär negative Realrenditen beobachtbar, die jedoch bei entsprechend hohem Zinsniveau und Inflationsraten im Zielkorridor rasch zurück in den positiven Bereich fanden und damit auch ein Indikator für ein nachhaltig positives reales Wirtschaftswachstum waren. Es bleibt abzuwarten, inwieweit sich die Wachstumsschwäche des Euro-Raumes beispielsweise im Vergleich zu den USA von den jüngeren Entwicklungen löst und wie dies auf das individuelle Ergebniswachstum der Unternehmen einzahlt.

Im Rahmen unserer regelmäßigen KPMG Kapitalkosten Insights ordnen wir die aktuellen Entwicklungen an den Kapitalmärkten ein und geben Hinweise, wie diese in Unternehmensbewertungen – insbesondere in den Kapitalkosten – zu berücksichtigen sind. Wir diskutieren mit Ihnen über die aktuellen Marktparameter wie Gesamtrendite, Basiszins, Inflation, Marktrisikoprämie und Betafaktoren, mögliche Interpretationen ihrer Entwicklung sowie denkbare zukünftige Szenarien. Nächster Termin: 22. Mai 2024 von 11:00 bis 12:00 Uhr, Hier melden Sie sich an.

Welchen Einfluss hat das angestiegene Zinsniveau auf die Renditeerwartungen an die Unternehmen?

Implizite Renditemodelle zeigten in den letzten Monaten ansteigende Renditeerwartungen mit einer kurzen Phase der Stabilisierung und jüngst wieder rückläufigen Tendenzen. Hierfür gab es im Wesentlichen zwei Gründe: Während zu Beginn der Renditeanstieg im Wesentlichen inflationsgetrieben war, traten im Anschluss hieran eher wieder rezessionsgetriebene Risikoaspekte in den Vordergrund. Trotz eines erheblichen Anstiegs des Basiszinsniveaus verharrten die Marktrisikoprämien auch weiterhin in der vom Fachausschuss für Unternehmensbewertung und Betriebswirtschaft (FAUB) des IDW empfohlenen Bandbreite von sechs bis acht Prozent. Die aktuell rückläufige Tendenz der Renditeerwartungen spiegelt unter anderem die reduzierten Inflationserwartungen aber sicher auch Zinssenkungsphantasien der Märkte wider.

Mit unserem Tool – dem KPMG Valuation Data Source – bekommen Sie Informationen zu allen relevanten Kapitalkostenparametern auf einen Blick. Jetzt testen.

Welche Empfehlungen leiten sich jetzt aus den jüngsten Entwicklungen ab?

Selten waren Prognosen, Notenbankkommunikation und Markterwartungen so uneinheitlich wie im aktuellen Marktumfeld. Es empfiehlt sich einmal mehr, die eigenen Geschäftsmodelle resilienter als in der Vergangenheit aufzustellen. Zudem darf nicht vergessen werden, dass das aktuelle Zinsumfeld eher der historischen Normalität entspricht als die letzte Dekade der Niedrigzinssätze. Momentan ist die im Markt befindliche Geldmenge weiterhin oberhalb historischer Größen, mit signifikant unterschiedlichen Ausprägungen beispielsweise in den USA und in Europa. Im Kampf gegen die Inflation, die in den zurückliegenden Hochinflationsphasen regelmäßig nach ersten Rückgängen zurückkehrte, bleibt abzuwarten, wie vorsichtig die Zentralbanken agieren werden. Wie auch bereits in unserer Kapitalkostenstudie 2023 ausgeführt, ist zudem zu erwarten, dass die wirtschaftliche Entwicklung in den entwickelten Wirtschaftsräumen zukünftig möglicherweise weniger einheitlich erfolgt. Unternehmen sollten daher die für sie relevanten Szenarien entwickeln.