Sich eine Datenbrille aufsetzen und dann ganz selbstverständlich mit einem Avatar in einem dreidimensionalen Internet zwischen unzähligen Welten so bewegen, wie man heute zwischen Webseiten hin- und herwechselt, erscheint sicherlich vielen Menschen derzeit abwegig oder schwer vorstellbar. Aber Expert:innen sind überzeugt, dass das in zehn Jahren Teil unseres Alltags ist. Ein großer Teil unseres Lebens, privat und beruflich, wird sich dann im Metaverse abspielen. Es zeichnet sich ohne Zweifel ein technologischer Gamechanger der Zukunft ab.
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Ein ganz normaler Tag im Metaverse
Ein Tag in der neuen virtuellen Welt könnte in etwa so aussehen: In der Früh ziehen wir die haptischen Handschuhe und smarten Kontaktlinsen an, öffnen mit Blinzeln, Gesten und Blickrichtung den virtuellen Arbeitsplatz und checken unsere Eingangspost. Danach loggen wir uns mit unserem Mitarbeiter:innen-Avatar ins Metaverse ein und treffen Kolleg:innen für ein kurzes Update auf dem virtuellen Air-Campus in luftigen Höhen. Beim analogen Mittagessen bleibt Zeit zum Entspannen, bevor dann am Nachmittag Kolleg:innen aus aller Welt in der virtuellen Firmenzentrale zusammenkommen und die neue Geschäftsstrategie ausarbeiten. Nach Feierabend teleportieren sich einige noch zum Sportmachen ins Metaverse-Gym. All das spielt sich direkt vor unseren Augen ab. Die Kolleg:innen erscheinen uns als Avatar, als ein digitales Ebenbild.
Es gibt Expert:innen, die schätzen, dass es in rund zehn Jahren mehr Avatare in digitalen Welten geben wird als Menschen auf der Erde. Zum Vergleich: Man schätzt die Gesamtheit aller E-Mail-Nutzenden auf 4,5 Milliarden. Ich bin zwar nicht sicher, ob die Einschätzung zu Metaverse-Nutzer:innen wirklich so eintrifft. Was aber in meinen Augen sicher ist: Das Metaverse wird einen starken Einfluss darauf haben, wie wir arbeiten, wie wir Arbeit begreifen, erledigen und angehen werden. Noch liegt die Verwirklichung eines Metaverse, das Tausende begehbare virtuelle Welten miteinander verknüpft, in mehr oder weniger ferner Zukunft. Doch das Entwicklungstempo ist rasant. Ich möchte hier fünf Punkte herausstellen, wie das Metaverse unsere berufliche Zukunft verändern kann.
1. Unternehmensstrategie
Die rasanten Entwicklungen digitaler Welten eröffnen Firmen im wahrsten Sinne des Wortes ganz neue Optionen. Digitale Verkaufsräume zum Beispiel. Etliche Unternehmen und Organisationen aus allen Bereichen haben das bereits erkannt und testen Metaverse-Anwendungen. Die Deutsche Telekom etwa betreibt ein Service-Center, der Autohersteller Mercedes-Benz hat eine NFT-Kunstkollektion veröffentlicht, die Stadt Dortmund betreibt ein virtuelles Kundencenter und die Bundeswehr nutzt die Virtual-Reality-Anwendung fürs Gefechtstraining.
Diese neuen Welten bedeuten auch, dass Unternehmen ihre Strategien anpassen und das Metaverse als zusätzlichen neuen Kanal verstehen sollten. Im Bereich der industriellen Produktion etwa wird das Marktvolumen des Metaverse im Jahre 2030 auf mehr als 341 Milliarden US-Dollar geschätzt. Produzierende Unternehmen können im Metaverse rund um ihr Produkt Erlebnisse schaffen, die die reale Welt nicht bietet. Avatare können zum Beispiel hautnah beim Produktionsprozess „ihres“ Autos dabei sein. Auch der Vertrieb kann virtuell aufgestellt werden. Das bringt in meinen Augen einige Vorteile mit sich: Ein Produkt kann im Metaverse ganz anders präsentiert werden, von Kund:innen besser erlebt werden. Und für Unternehmen entstehen Kosteneinsparpotenziale. Es müssen beispielsweise weniger Verkaufsflächen vorgehalten werden, Vertriebsmitarbeiter:innen müssen für Termine nicht mehr reisen.
Das Metaverse mit seinen zugrunde liegenden Technologien wie Virtual und Augmented Reality (VR/ AR) sowie Technologien auf Blockchain-Basis (beispielsweise Kryptowährungen, NFTs, Proof of Attendance Protocols, POAP) sollte jetzt Teil der Unternehmensstrategie werden. Bis 2024 kann der Markt – wie jüngst auf dem Weltwirtschaftsforum in Davos diskutiert wurde – bereits auf 800 Milliarden US-Dollar wachsen, bis 2040 könnten es 25 Billionen US-Dollar sein. Unternehmen sollten analysieren, welche Chancen ihnen das Metaverse bietet, wie sie diese für ihr Produkt nutzen können und welche Rolle das Metaverse im eigenen Unternehmen in drei, fünf und zehn Jahren spielen kann.
2. Führungskultur
Die Arbeit mit und in den digitalen Welten des Metaverse hat natürlich auch Einfluss auf die Führungskultur. Ich finde es wichtig, dass die Führungsetage ihren Mitarbeitenden die Begeisterung für neue digitale Chancen und Erlebnisse vorlebt. Dazu gehört es auch, mit gutem Beispiel voranzugehen. Also direkt an der Metaverse-Strategie mitzuarbeiten, die neuen Plattformen selbst zu nutzen und den Mitarbeiter:innen die Möglichkeit zu bieten, den Umgang mit virtuellen Welten wie früher mit den ersten Videokonferenzräumen zum Beispiel jetzt auch mit speziell eingerichteten Metaverse-Räumen zu üben.
Die Metaverse-Begeisterung ist die eine Seite. Die andere: Das Metaverse kann das Zusammenkommen eines Kollegiums enorm erleichtern und deutlich persönlicher gestalten, als es heute mit Videocalls möglich ist. Die Mitarbeitenden kommen in virtuellen Räumen zusammen, sehen die Avatare, Gestik und Mimik ihrer Kolleg:innen direkt vor sich.
Seit Beginn der Corona-Pandemie arbeiten viele von uns zuhause. Durch das Metaverse können die Mitarbeitenden wieder stärker in die Firma „zurückgeholt“ werden, ohne ihren Platz im Homeoffice verlassen zu müssen – der Technik sei Dank. Das Führungspersonal kann im Metaverse die Mitarbeitenden schneller zusammenbringen, ohne große Hotels oder Räume anmieten zu müssen. Barrierefreiheit ist auch gegeben. Und die Möglichkeiten, einzigartige Events für die Angestellten zu schaffen, sind schier grenzenlos. Durch das Metaverse kann eine Unmittelbarkeit geschaffen werden, durch die das Führungspersonal enger an die Belegschaft heranwachsen kann. Ich bin überzeugt, dass sich so auch ein positiver Effekt auf die Führungskultur ergibt.
3. Neue Jobs
Klar ist, dass das Metaverse unsere Arbeitswelt in den kommenden Jahren verändern wird. Neue Erfahrungen kommen hinzu. Unternehmen werden neue Vertriebskanäle entdecken, noch nie dagewesene Events und neue virtuelle Produkte entwickeln. Das sind in erster Linie gute Nachrichten. Neue Möglichkeiten bedeuten für Unternehmen nämlich auch neue Einnahmequellen.
Aber irgendjemand muss die Events planen, die Umgebungen in den Vertriebskanälen designen, Ideen für neue Metaverse-Produkte entwickeln und die anfallende Datenmenge klug und regelkonform managen. Das heißt: In den nächsten Jahren werden Dutzende neue Jobs rund um die neuen digitalen Welten entstehen. Wer sich schon jetzt mit dem Metaverse befasst, sich weiterbildet und Neues probiert, der wird weniger Schwierigkeiten haben, die neuen Möglichkeiten zu erfassen, zu antizipieren und umzusetzen. Auch wenn das Metaverse in vielen Unternehmen noch keine prägende Rolle spielt, rate ich Firmen, sich bereits jetzt die besten Talente zu sichern, um einen Wissensvorsprung zu haben und schon heute Ideen und Anwendungen zu entwickeln. Die Zukunft startet immer jetzt.