Blockchain: Klimasünder oder Umweltschützer?

Die Blockchain ist besser als ihr Ruf – und kann bei ESG-Anforderungen unterstützen.

Die Blockchain-Technologie wird zum Beispiel für die Kryptowährung Bitcoin und andere digitale Währungen genutzt und hat das Potenzial, die Geschäftswelt grundlegend zu verändern. Der direkte Austausch zwischen den Teilnehmern strukturiert und beschleunigt den Informationsfluss, und der hohe Automatisierungsgrad steigert Performance und Effizienz. Aufgrund der Datendokumentation in einem dezentralen Kassenbuch sind sämtliche Informationen jederzeit abrufbar, rückverfolgbar und transparent. Konsensmechanismen stellen sicher, dass die Transaktionshistorie nicht verändert werden kann. Sie machen Manipulation und Betrug somit praktisch unmöglich.

Energiewirtschaft 2022: Blockchain

Bitcoin-Technologie benötigt viel Energie

Allerdings steht die Blockchain unter dem Ruf, wenig nachhaltig zu sein. Zu diesem Image hat insbesondere die energieintensive Technologie der Kryptowährung Bitcoin beigetragen. Das Thema Nachhaltigkeit hat also auch die Blockchain erreicht.

Deren enormer Energieverbrauch und der große Co2-Fußabdruck liegt vor allem am verwendeten Konsensmechanismus Proof of Work (PoW). Er bildet – verteilt auf ein ganzes Netzwerk – die Vertrauensinstanz, die bei finanziellen Transaktionen herkömmlich durch eine Bank dargestellt wird. Zur Prüfung und Validierung sämtlicher Transaktionen benötigt dieses Netzwerk eine enorme Rechenleistung, was einen hohen Energieaufwand erfordert. Dies ist mit einer nachhaltigen Klimapolitik schwierig zu vereinbaren.

Ressourcenschonendere Alternativen

Doch es gibt nicht nur die PoW-basierte Technologie. Es existieren andere Konsensmechanismen, wie zum Beispiel Proof of Stake (PoS), die nur einen Bruchteil der Rechenleistung benötigen, also erheblich energieschonender sind, und dennoch alle Ansprüche hinsichtlich Leistungsfähigkeit, Transparenz, Sicherheit und Manipulationsschutz erfüllen.

Mit dem PoS-Mechanismus können Blockchains somit wesentlich nachhaltiger gestaltet werden. Hinzu kommt, dass Rechenzentren zunehmend grüner werden und die Rechenleistungen optimiert werden, sodass sie mit weniger Energieaufwand betrieben werden können.

Blockchain unterstützt bei ESG-Anforderungen

Neben der Frage, wie sich die digitale Technologie möglichst nachhaltig gestalten lässt, ist zu betrachten, wie die Technologie zu Nachhaltigkeit beitragen kann.

Die steigenden ESG-Anforderungen an Wertschöpfungs- und Lieferketten erfordern einen erhöhten Austausch von validen, manipulationssicheren Daten. Herkömmliche Plattformen stoßen hier an ihre Grenzen. Die Die digitalen Datensätze ermöglichen hingegen eine stetige Real-Time-Transparenz über die gesamte Lieferkette hinweg und schafft Vertrauen durch technologische Sicherheit und Manipulationsschutz.

Ein möglicher Anwendungsfall ist die Nutzung im Supply-Chain-Management. Über eine Blockchain-basierte Track-and-Trace-Plattform kann entlang der Lieferkette vollumfänglich nachvollzogen werden, wie ein Gut hergestellt wurde und ob hierbei bestimmte ESG-Kriterien erfüllt wurden. Dies betrifft nicht nur den ökologischen Fußabdruck, der sich über die digitalen Datensätze abbilden und speichern lässt, sondern auch soziale/ethische Praktiken bei der Herstellung und Beschaffung.

Damit kann die Technik dazu dienen, entlang der Wertschöpfungsketten zu kontrollieren bzw. sicherzustellen, dass im Sinne des neuen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes Qualitätsstandards und ESG-Kriterien und Ziele im Sinne der Nachhaltigkeit erreicht und eingehalten werden. Der Datentransfer und ein automatisiertes Überprüfen der komplexen Daten erleichtern das ESG-Reporting.

Mehr Transparenz mit der Blockchain

Außerdem könnten Konsument:innen problemlos nachverfolgen, ob zum Beispiel ein bestimmtes landwirtschaftliches Produkt tatsächlich von einem ökologisch arbeitenden Betrieb aus der Region stammt. Die Blockchain verhindert Manipulation etwa durch fälschliches „Green Labeling“ von nicht nachhaltig angebauten Produkten.

Darüber hinaus haben wir den auf Blockchain beruhenden Service KPMG Climate Accounting Infrastructure entwickelt, mit dem man für ein Unternehmen präzisieren kann, wie hoch dessen Treibhausgasemissionen sind und wo diese entlang der Lieferkette entstehen. Damit ist die Blockchain ein wichtiges Instrument, um die Maßnahmen des Pariser Klimaschutzabkommens voranzutreiben.

Einen grundsätzlichen Beitrag zur Nachhaltigkeit kann die Blockchain auch dadurch leisten, dass damit Lieferketten wesentlich effizienter gestaltet werden können. Mithilfe sogenannter „Smart Contracts“ lässt sich mit nie dagewesener Präzision automatisiert berechnen, welche Ressourcen in welcher Stückzahl und zu welchem Zeitpunkt nötig sind, um ein Zwischen- oder Endprodukt herzustellen.

Auch im Rahmen der Energiewende in einer zunehmend dezentralisierten Energielandschaft finden sich Anwendungsmöglichkeiten für die Blockchain-Technologie, etwa bei der manipulationssicheren Zertifizierung von Ökostrom innerhalb der Energiehandelskette, der Selbstorganisation der Stromwirtschaft aus dezentralen Anlagen oder der Ladesäulen-Infrastruktur für Elektrofahrzeuge.

Dirk Distelrath