Rote Container mit chinesischen Flaggen auf einer Karte Europas.

China als Hightech-Supermacht – Europas Wirtschaft unter Zugzwang

Von der Werkbank zur Weltmacht: Europa droht, den Anschluss an China zu verlieren.

Keyfacts:

    • China investiert massiv in Hightech und dominiert Schlüsselbranchen wie Batterien, Solarzellen und Mobilfunk.
    • Für deutsche Unternehmen steigt der Wettbewerbsdruck durch chinesische Innovationen und günstige Preise.
    • Eine differenzierte China-Strategie ist nötig, um Chancen zu nutzen und Risiken zu minimieren.

China hat in den letzten Jahren gezielt in seine technologische Eigenständigkeit investiert – mit Erfolg. Das Land dominiert heute globale Märkte bei Erzeugnissen wie Batterien, Solarzellen, Elektrotechnik und Mobilfunk. Für deutsche Unternehmen bedeutet das: Der internationale Wettbewerb verschärft sich – bei Kosten, Tempo und zunehmend auch bei Qualität.

China investiert strategisch in Innovation

Mit der Industriestrategie „Made in China 2025“ verfolgt die chinesische Regierung das Ziel, das Land bis zum 100. Gründungstag der Kommunistischen Partei im Jahr 2049 zur globalen Supernation zu entwickeln. Schon bis 2025 soll China eine starke Industrienation sein, bis 2035 eine Großmacht.

Technologische Souveränität hat dabei oberste Priorität. Der Schwerpunkt liegt nicht auf kurzfristigem Konsum, sondern auf der gezielten Förderung zukunftsweisender Technologien. China hat sich zu einem Hightech-Standort entwickelt – und das trotz westlicher Exportverbote und Handelshemmnisse.

Im Jahr 2020 reichte China rund 70.000 Patente bei der Weltorganisation für geistiges Eigentum ein – deutlich mehr als die USA. Mit 1,6 Milliarden Mobiltelefonen im Einsatz, hoher Digitalaffinität und pragmatischer Umsetzungsgeschwindigkeit schafft das Land ein Innovationsumfeld, das seinesgleichen sucht.

Deutsche Unternehmen geraten unter Druck

Die Folgen dieser Entwicklung sind in Deutschland deutlich spürbar. Chinesische Produkte drängen mit hoher Qualität und deutlich günstigeren Preisen auf die internationalen Märkte. Im Maschinenbau – einer deutschen Kernbranche – liegen die Preisvorteile chinesischer Anbieter bei bis zu 40 Prozent im Vergleich zu europäischen Herstellern.

Zugleich exportiert China seine Überkapazitäten zunehmend nach Europa – insbesondere in Bereichen wie Solartechnik, E-Mobilität und Maschinenbau. Der heimische Markt in China schwächelt, der US-Markt ist durch Zölle blockiert – Europa wird zur logischen Ausweichoption.

Für deutsche Unternehmen bedeutet das: Der Wettbewerbsdruck steigt – im Heimatmarkt und weltweit.

Investitionen in China: Risiko oder Chance?

Trotz geopolitischer Risiken investieren viele deutsche Unternehmen weiterhin in China. Im Jahr 2024 stiegen die Direktinvestitionen um ein Viertel auf knapp 6 Milliarden Euro. Die Mehrheit deutscher Unternehmen plant laut einer neuen Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), ihr China-Geschäft auszubauen – auch in der Automobilindustrie.

Warum? Weil China als Absatzmarkt, Produktionsstandort und Innovationsraum nach wie vor strategisch wichtig ist. Gleichzeitig existieren klare Risiken: politische Unsicherheit, Marktabschottung und zunehmende Kontrolle durch staatliche Stellen.

Die Bundesregierung verfolgt daher einen Derisking-Ansatz – keine vollständige Abkopplung, sondern gezielte Risikominimierung. Das erfordert jedoch auch auf Unternehmensseite eine differenzierte China-Strategie.

Abhängigkeiten erkennen – und aktiv steuern

Laut der Studie des IW beziehen rund 15 Prozent der deutschen Unternehmen Vorleistungen aus China, die als nicht kurzfristig ersetzbar gelten. Beachtlich ist auch, dass nur 22 Prozent der in China tätigen Unternehmen aktiv Schritte zur besseren Überwachung ihrer Lieferketten unternommen haben. Lediglich 9 Prozent haben ihre Abhängigkeiten und Vorleistungen bereits reduziert und 14 Prozent planen das für die Zukunft. Als Grund werden von 65 Prozent der Unternehmen die mit der Diversifizierung und anderen Resilienzmaßnahmen verbundenen Kosten aber auch der Mangel an Fachkräften in anderen Ländern genannt. In Bezug auf einzelne Produktgruppen bestehen große Abhängigkeiten, insbesondere bei Rohstoffen, chemischen Produkten und Elektronikerzeugnissen.

Was deutsche Unternehmen jetzt tun können

1. Wettbewerbsbeobachtung und Trendscouting in China:

Chinesische Unternehmen sind heute nicht mehr nur Wettbewerber in China, sondern auf dem Weltmarkt. Daher sollten Unternehmen die technischen Entwicklungen, die Trends und die Kostenstrukturen vor Ort in China fortlaufend beobachten, die eigene Wettbewerbsposition stetig hinterfragen und die eigenen Strategien kontinuierlich anpassen.

2. China als Entwicklungs-Center nutzen. Hierfür auch Partnerschaften eingehen:

Unternehmen sollten die Stärken chinesischer Unternehmen für sich nutzbar machen, durch den Aufbau eigener Entwicklungs-Center in China und durch gezielte Partnerschaften mit lokalen Entwicklungsführern.

3. Lieferketten kritisch prüfen:

Wo bestehen Abhängigkeiten von chinesischen Vorprodukten? Gibt es strategische Alternativen – regional oder global? Jetzt ist der richtige Zeitpunkt für Resilienzanalysen entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

4. Investitionen mit Augenmaß:

China ist und bleibt ein wichtiger Absatzmarkt – aber die politische Volatilität ist real. Investitionen sollten auf langfristige Tragfähigkeit geprüft werden und die gesamte Wertschöpfungskette sollte möglichst regional ausgerichtet sein.

Fazit

China ist auf dem Weg zur Hightech-Supermacht – konsequent, strategisch und staatlich gestützt. Für deutsche Unternehmen ergeben sich daraus Risiken, aber auch Chancen: Wer technologisch, strukturell und strategisch mithalten will, sollte jetzt aktiv werden. Der Rückstand ist nicht mehr theoretisch – er ist real. Und er wächst.