Der chinesische Automarkt entwickelt sich zum härtesten Pflaster für ausländische Hersteller. Dr. Andreas Ries, Global und Deutschland Head of Automotive bei KPMG, erklärt im Interview, warum europäische Autobauer zunehmend unter Druck stehen – und welche Fehler sie sich jetzt nicht leisten sollten.
Wie verändert China das Kräfteverhältnis in der globalen Automobilindustrie?
Der chinesische Markt war lange der Wachstumstreiber – heute ist er das Schlachtfeld der Branche. Mehr als 100 Hersteller konkurrieren dort, doch am Ende wird nur eine einstellige Anzahl überleben. Die Kombination aus Überkapazitäten, staatlicher Förderung und einem massiven Preiskampf macht es selbst etablierten Marken schwer, profitabel zu wirtschaften.
Was heißt das für europäische Autobauer konkret?
Sie stehen unter doppeltem Druck. Einerseits exportieren chinesische Hersteller zunehmend nach Europa – effizient, günstig, oft subventioniert. Andererseits verlieren europäische Unternehmen in China an Boden, weil sie die lokalen Bedürfnisse nicht ausreichend verstehen. Der alte Ansatz, „deutsche Qualität für den chinesischen Markt“, greift nicht mehr.
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Wie kann ein Rückzug aus China vermieden werden?
Der Schlüssel liegt in der Lokalisierung. Erfolgreiche Hersteller investieren direkt vor Ort: in Forschung, Entwicklung, Produktion. Es reicht nicht mehr, Autos zu exportieren – man muss den Markt leben.
Viele chinesische Hersteller drängen derzeit auf den europäischen Markt. Wie gefährlich ist das?
Die chinesischen Hersteller sind technologisch wettbewerbsfähig und verfügen über große Produktionsmengen. Zwar dämpfen Zölle den Zustrom, aber sie sind kein dauerhafter Schutz. Entscheidend wird sein, ob die Anbieter europäische Kunden wirklich verstehen.
Zeigt sich in China eine Blaupause für die Zukunft der Industrie?
Absolut. Der Markt dort zwingt zur Effizienz, zur Geschwindigkeit, zur Anpassungsfähigkeit. Joint Ventures, Allianzen, Partnerschaften – wer allein bleibt, verliert.
Was sind die strategischen Lehren für Europa?
Erstens: Die Produktentwicklung muss lokaler werden. Zweitens: Automatisierung und KI-Einsatz sind kein Nice-to-have, sondern Pflicht. Drittens: Es braucht politische Unterstützung – etwa bei Energiepreisen und Bürokratiekosten. Und viertens: Unternehmen sollten sich für Kooperationen öffnen.