Rote Container übereinander gestapelt mit chinesischer Flagge

Die Chemie-Industrie zwischen Krieg und China-Lockdown

Auswirkungen auf Lieferfähigkeit, Nachhaltigkeit und Wettbewerbsfähigkeit

Anfang 2022 war die Erwartung der Chemie-Industrie, dass nun endlich ein Ende der Corona-Pandemie in Sicht ist und die Erholung von der Pandemie Momentum gewinnt. Diese Hoffnung war leider voreilig. Der Lockdown einer der wichtigsten Handelsplätze der Welt – Shanghai – hat gezeigt, dass man immer noch mit den Auswirkungen der Pandemie kämpft. Zusätzlich hat der Ukraine-Krieg zur weiteren Verschärfung der Probleme in der Energieversorgung sowie zu stark steigenden Preisen für Rohstoffe und Produkte geführt.

Die chemische Industrie steht damit kurz- und wahrscheinlich leider auch mittelfristig vor schwerwiegenden Herausforderungen bezüglich ihrer Lieferketten – verbunden mit den Herausforderungen, die die Umstellung auf nachhaltige Geschäftsmodelle mit sich bringt. Die Chemie-Industrie in Deutschland wird aber nur eine Zukunft haben, wenn man neben der Lieferfähigkeit und Nachhaltigkeit auch die Wettbewerbsfähigkeit erhält.

Gestörte Lieferketten durch Lockdown und Krieg

Ausdruck der seit dem Beginn der Corona-Pandemie gestörten Lieferketten sind beispielsweise die Bilder wartender Schiffe vor dem Hafen von Shanghai und die reduzierten Frachtmöglichkeiten per Luft. Die Lage verschlechtert sich dabei durch den Ukraine-Krieg, der eine deutlich längere Flugzeit nach China, Japan und Südkorea zu Folge hat. Laut Lufthansa Cargo sind die Frachtmengen dadurch um ein Fünftel gesunken.

Wiederholte Produktionsstopps und das Risiko Gasembargo

Immer wieder kommt es zu Produktionsstopps – entweder weil der Lockdown zur Schließung von Werken führt wie bspw. die chinesischen Werke deutscher Chemiehersteller in Shanghai oder durch die fehlende Verfügbarkeit von Rohstoffen, wie beispielsweise die Einschränkungen bei Neon, Palladium oder Nickel durch den Ukraine-Krieg.

Dieser hätte allerdings noch viel schwerwiegendere Folgen, wenn man ein Gasembargo in der EU durchsetzen würde: Dies würde zu einem Ausfall eines Großteils der deutschen Chemieproduktion führen, was wiederum eine Vielzahl von Endindustrien ebenfalls in einen Produktionsstopp bringen würde.

Aufwendiger Abschied von fossilen Energieträgern

Die Frage nach der richtigen Energieversorgung betrifft nicht nur die Lieferfähigkeit der chemischen Industrie, sondern auch die Nachhaltigkeit. Mittelfristig wird sich die Chemieindustrie von der Versorgung von fossilen Energieträgern verabschieden – erste Schritte sind dafür bei allen Unternehmen zu sehen. Beispiele sind vielfältige PPA für grüne Energie bis zur direkten Investition in Windparks.

Zu wenig grüne Energie

Nichtdestotrotz bleibt der bisherige Ausbau der grünen Energien in Deutschland weit hinter dem zurück, was von der chemischen Industrie benötigt. Auch das Thema Wasserstoff hängt zwangsläufig an der Bereitstellung von grüner Energie. Neben der Energieversorgung basieren aber auch viele Produkte der chemischen Industrie auf fossilen Rohstoffen. Dies bedingt einen Wandel hin zu bio-basierten, nicht-fossilen Rohstoffen und zu Technologien, die die Kreislaufwirtschaft unterstützen beziehungsweise als festen Teil der Lieferkette implementieren.

Die Wettbewerbsfähigkeit wahren

Die gestörte Lieferfähigkeit als auch die erhöhten Anforderungen an Nachhaltigkeit führen zu den gleichen Ergebnissen für die chemische Industrie: steigende Preise und erhöhte Kosten. Dies führt zwangsläufig zu einer gefährdeten Wettbewerbsfähigkeit der deutschen chemischen Industrie, wenn die Lieferengpässe und die Anforderungen an Nachhaltigkeit sich nicht global einheitlich auswirken bzw. implementiert werden.

Neben den bedeutenden Preiserhöhungen für Energie, Rohstoffe und Transportkosten kommen große Investitionen auf die chemische Industrie zu: Die Werke müssen sowohl was die Energieversorgung als auch die existierenden Produktionsverfahren betrifft, auf Nachhaltigkeit umgerüstet werden. Außerdem wird besonders im Bereich Kreislaufwirtschaft am Aufbau ganz neuer Technologien gearbeitet.

Welche Maßnahmen kann die Chemie-Industrie ergreifen?

Im Einkauf gilt es, die Rohstoffverfügbarkeit zu sichern, und zwar nicht nur mit Blick auf die Auswirkungen der Pandemie oder des Ukraine-Kriegs, sondern auch langfristig, wenn es um die Verfügbarkeit von bio-basierten Rohstoffen oder grüner Energie geht. Wer seine Produktionsprozesse darauf umstellen möchte, sollte sich schon heute die Mengen für die Zukunft sichern.

Die Produktionslandschaft könnte flexibler ausgelegt werden. Die Belieferung der Welt aus einem deutschen Werk mag in einer „weniger“ globalisierten Welt, eine riskante Strategie sind. Um lange Lieferketten und Abhängigkeiten zu minimieren, empfehle ich eine Re-Lokalisierung. Die Einführung von Kreisläufen wird neue Lieferketten entstehen lassen, die häufig auf Partnerschaften aus bspw. Zulieferer (Chemieindustrie), Kunde (Automobilindustrie) und einem Intermediär (Entsorgungswirtschaft oder Handel) bestehen könnten.

Im Verkauf geht es kurzfristig um die effiziente Weitergabe der Preiserhöhungen, um die Profitabilität trotz Kostensteigerungen zu erhalten. Langfristig wird es um Monetarisierungs-strategien gehen, die Preiserhöhungen, die bspw. aus der Umstellung auf nachhaltige Produkte resultieren, konsistent und konsequent an die Kunden weitergeben.

Studie zu den wirtschaftlichen Auswirkungen des Kriegs auf deutsche Unternehmen

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