Frau mit Einkaufstüte schaut auf Kassenbon.

Die Inflationsausgleichsprämie - ein Geschenk, das teuer werden kann

Diese Gestaltungsmöglichkeiten und Fallstricke sollten Arbeitgeber kennen.

Die steuerfreie Inflationsausgleichsprämie erfreut sich großer Beliebtheit: Immer mehr Unternehmen kündigen an, diese zahlen zu wollen. Die Bundesregierung hatte das Instrument im Oktober 2022 geschaffen, um Bürger:innen von den stark gestiegenen Preisen zu entlasten. Anders als bei der Energiepreispauschale sollen die Arbeitgeber die Kosten tragen. Der Staat beteiligt sich, indem er auf Steuern und Sozialversicherungsbeiträge verzichtet.

Für die Unternehmen ist die Prämie eine freiwillige Leistung und Arbeitgeber haben viel Spielraum bei der Ausgestaltung. Wenn Arbeitgeber sich für die steuerfreie Zusatzleistung entscheiden, sollten sie allerdings die arbeitsrechtlichen Fallstricke beachten. Ansonsten kann die Prämie sie am Ende deutlich mehr Geld kosten als ursprünglich gedacht.

Bis Dezember 2024 können insgesamt 3.000 Euro ausgezahlt werden

Noch bis Dezember 2024 können Arbeitgeber von der Inflationsausgleichsprämie Gebrauch machen. An jede Arbeitnehmerin und jeden Arbeitnehmer können sie innerhalb dieses Zeitraums einmalig einen Betrag von bis zu 3.000 ausbezahlen. Die 3.000 Euro müssen dabei weder voll ausgeschöpft noch in einer Summe gezahlt werden. Eine Aufteilung in beliebig viele Teilbeträge ist möglich. Aber Achtung: Werden die Teilbeträge regelmäßig, z.B. monatlich ausbezahlt, kann leicht eine betriebliche Übung entstehen. Die Folge wäre, dass die Arbeitnehmer:innen die Prämie auch weiterhin verlangen können – allerdings nicht mehr steuerfrei, wenn der Zeitraum abgelaufen oder der Höchstbetrag überschritten ist. Vermeiden lässt sich das mit einem begleitenden Hinweis auf die Einmaligkeit bzw. das bevorstehende Ende der Zahlung.

Nicht begünstigte Mitarbeiter:innen können die Inflationsausgleichsprämie möglicherweise einklagen

Viele Unternehmen stellen sich die Frage, ob der Arbeitgeber die Inflationsausgleichsprämie auch nur einzelnen Mitarbeitenden oder Mitarbeitergruppen gewähren darf. Grundsätzlich ist das möglich; allerdings müssen sie den arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatz im Blick behalten. Passiert das nicht, können nichtbedachte Arbeitnehmer:innen die Prämie möglicherweise einklagen. Werden nur bestimmte Mitarbeitergruppen begünstigt, braucht der Arbeitgeber einen sachlichen Differenzierungsgrund. Ein naheliegender Grund wäre, nur solche Gehaltsgruppen, Abteilungen oder Standorte zu begünstigen, in denen die Mitarbeitenden besonders von der Inflation betroffen sind. Rechtswidrig wäre es hingegen, Teilzeitkräfte oder geringfügig Beschäftigte ganz von den Zahlungen auszunehmen. Zahlungen anteilig im Verhältnis zur Arbeitszeit sind hingegen ebenso zulässig wie eine unterschiedslose Auszahlung an alle Arbeitnehmer:innen. Ähnliches gilt für befristet Beschäftigte.

Vorsichtig sollten Arbeitgeber damit sein, nur besonders leistungsstarke oder treue Mitarbeiter:innen zu begünstigen. Denn der Zweck der Inflationsausgleichsprämie ist die Linderung der Folgen der Inflation. Zwar darf der Arbeitgeber laut FAQ-Liste des Bundesfinanzministeriums auch weitere Ziele verfolgen, wie etwa Betriebstreue belohnen. Auch darf die Prämie ein Anreiz für Leistung sein. Grundsätzlich sollte man hier aber zurückhaltend agieren – die Hinweise des Bundesfinanzministeriums sind keine Gewähr dafür, dass die Betriebsprüfung sich dieser Ansicht anschließt. Sobald also solche Ziele zu sehr in den Vordergrund rücken, ist die Steuerfreiheit gefährdet und dem Arbeitgeber drohen erhebliche Nachforderungen. Möchte der Arbeitgeber also beispielsweise die Auszahlung der Prämie daran knüpfen, dass das Arbeitsverhältnis zum Auszahlungszeitpunkt noch ungekündigt ist, wird das Finanzamt sie möglicherweise als steuer- und beitragspflichtige Gratifikation werten.

Die Inflationsausgleichsprämie muss zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn hinzukommen

Das Bundesfinanzministerium hat klargestellt: Zahlungen, auf die ein Rechtsanspruch besteht, dürfen nicht nachträglich in eine steuerfreie Inflationsausgleichsprämie umgewandelt werden. Arbeitgeber sollten daher nicht auf die Idee kommen, etwa das jährlich gezahlte Weihnachts- oder Urlaubsgeld oder die Tantieme zu streichen und stattdessen zur Inflationsausgleichsprämie zu greifen.

Was hingegen nicht verboten ist: Für die Prämie einen eigenen Rechtsanspruch zu schaffen. So kann die Inflationsausgleichsprämie zum Beispiel als Verhandlungsmasse in Tarifauseinandersetzungen eingebracht werden oder Gegenstand von Betriebsvereinbarungen sein, vorausgesetzt, das Budget für die Prämie war vorher nicht schon anderweitig verplant.

Nicht abschließend geklärt ist, was passiert, wenn die Prämie zugesagt wurde und Arbeitnehmer:innen noch vor dem Zahltermin kündigen. Darf der Arbeitgeber die Zahlung an den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses knüpfen? Oder kann er die Prämie anteilig kürzen? Viel spricht dagegen, denn die Inflationsausgleichsprämie hat keinen Entgeltcharakter. Sie wird zusätzlich zum geschuldeten Gehalt gezahlt und ist nicht dessen Bestandteil. Ebenso wenig können aber – aus dem gleichen Grund – Arbeitnehmer:innen, die vor dem Zahlungstermin ausscheiden, die Prämie für sich reklamieren, und zwar auch nicht zeitanteilig.

Betriebsratsbeteiligung ist kein Muss, aber empfehlenswert

Muss der Arbeitgeber den Betriebsrat fragen, bevor er die Prämie gewährt? Die Antwort ist ein klares „Nein“, wenn es um die Entscheidung geht, ob der Arbeitgeber die Prämie überhaupt zahlen möchte und welches Budget er dafür zur Verfügung stellt. Und aus unserer Sicht lautet die Antwort auch dann „nein“, wenn es um die Verteilung des Budgets geht, denn es handelt es sich bei der Prämie gerade nicht um Vergütung im eigentlichen Sinn. Aber wie so oft dürfte auch richtig sein, dass die wohlwollende Begleitung einer Maßnahme durch den Betriebsrat deren Akzeptanz erhöht.

Dr. Stefan Middendorf