EU-CbCR: Drohen Unternehmen Reputationsschäden?

Sorgt für Transparenz: das geplante Public-Country-by-Country-Reporting der EU (EU-CbCR).

Auch wenn die beabsichtigte globale Mindestbesteuerung zurzeit die volle mediale Aufmerksamkeit auf sich zieht – es gibt noch andere Gesetzesvorhaben, die sich mit der grenzüberschreitenden Steuerpraxis von Unternehmen beschäftigen. Das geplante Public-Country-by-Country-Reporting der EU (EU-CbCR) zum Beispiel. Eigentlich geht es dabei eher um eine erweiterte Reporting-Pflicht für Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro. Ziel ist es, der Öffentlichkeit einen tieferen Einblick in die Steuermoral großer Konzerne zu gewähren.

Bereits im deutschen Steuerrecht verankert ist das Country-by-Country-Reporting der OECD. Das jetzt diskutierte EU-CbCR ist ähnlich, die Unternehmensangaben z. B. zu Umsatz, Gewinn oder Mitarbeitendenanzahl sollen aber nicht ausschließlich von den Steuerbehörden der beteiligten Länder einsehbar sein, sondern von einem breiten Publikum. Geplant ist, dass Unternehmen diese Daten zum Beispiel auf ihrem Internetauftritt veröffentlichen müssen.

Wirkung auf Europa plus Steueroasen beschränkt

Während am CbCR der OECD eine weltweite Länderallianz beteiligt ist, wird das CbCR aus Brüssel nur innerhalb der EU seine Wirkung entfalten. Dies hat zur Folge, dass in Europa aktive Unternehmen – einheimische wie Töchter ausländischer – zwar Informationen zu ihren Geschäften in allen EU-Staaten publizieren müssen. Informationen zu Aktivitäten zum Beispiel in China und den USA blieben der Öffentlichkeit aber weiterhin nicht im Detail zugänglich. Um dem Vorhaben aber zumindest etwas mehr Durchschlagskraft zu geben, hat die EU eine Liste bekannter Steueroasen erstellt, für welche die betroffenen Unternehmen ebenfalls die geforderten Informationen angeben müssen.

Dass Steuerbehörden bereits durch das etablierte CbCR der OECD einen deutlich umfassenderen Einblick in die grenzüberschreitenden Geschäfte der großen Konzerne haben, zeigt, dass das CbCR aus Brüssel eine andere Stoßrichtung hat. Es handelt sich um eine Erweiterung der ESG-Berichterstattung, mit dem Ziel, die Öffentlichkeit und auch Investoren besser zu informieren. Immer mehr Unternehmen tun dies im Zuge der immer lauter werdenden Nachhaltigkeitsdiskussionen bereits aus eigenem Antrieb. KPMG konnte hierbei auch schon unterstützen.

Arbeit von Steuerabteilungen wird transparenter

Da deutsche Großkonzerne nicht für besonders aggressive Steueroptimierung bekannt sind, sollte das geplante EU-CbCR für sie keine unüberbrückbare Hürde darstellen – wenn es auch den Aufwand für die Steuerabteilungen weiter erhöhen dürfte. Aber diese stehen ohnehin vor wachsenden Anforderungen, ihre Arbeit transparenter gestalten zu müssen. Viele Mittelständler dürften dem Vorhaben trotzdem mit Argwohn begegnen. Hier scheinen die Bedenken deutlich größer zu sein, dass Konkurrenten aus den zwangsweise veröffentlichten Daten Wissen und Kapital schlagen könnten.

Interessant wird zudem, welche Wirkung das CbCR der EU tatsächlich entfalten wird. Für Investoren könnten die veröffentlichten Daten tatsächlich eine Hilfe bei ihrer Entscheidungsfindung sein, denn sie verfügen über das notwendige Wissen, die veröffentlichten Daten zu interpretieren. Die breite Öffentlichkeit bräuchte hierfür wohl Unterstützung. Fehlinterpretationen der Datenlage könnten schnell zu Boykottaufrufen gegen einzelne Unternehmen in den Sozialen Medien führen – auch wenn diese eigentlich stets korrekt gehandelt haben.

Die Abstimmungsrunden zum EU-CbCR werden in Brüssel und den betroffenen Staaten wohl noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Jedoch sollten sich betroffene Unternehmen bereits jetzt darüber Gedanken machen, wie sie ihr unternehmerisches Handeln transparenter gestalten können, zum Beispiel im Rahmen einer allgemeinen ESG-Berichterstattung. Der Wunsch von Investoren und Öffentlichkeit mehr zu erfahren, wird sich in Zukunft eher noch verstärken.

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