Mann kauft ein und prüft Etikett von Produkt.

Green Claims Directive: EU will irreführende Umweltaussagen bekämpfen

Neuer Richtlinienentwurf zu „Green Claims“ verlangt Nachweis für Öko-Labels.

Sie zieren immer mehr Produkte und Werbemittel: Öko-Labels. Geworben wird mit Klimaneutralität, nachhaltigen Verpackungen und umweltfreundlichen Inhaltsstoffen. Unklar ist allerdings oft der Wahrheitsgehalt dieser Aussagen. Die EU-Kommission hat ermittelt, dass nur die Hälfte der Öko-Labels und anderer Umweltaussagen ausreichende Nachweise enthalten. Die Behauptung, „grün“ und nachhaltig zu sein, ist zu einem Wettbewerbsfaktor geworden, denn ökologische Produkte sind bei Verbraucher:innen gefragt.

Bei der Vielzahl unterschiedlicher Kennzeichnungen und Methoden kann es schwierig sein, festzustellen, ob die Werbeaussagen vertrauenswürdig sind. Aber nur wenn die Umweltaussagen zuverlässig, vergleichbar und überprüfbar sind, können Verbraucher:innen und andere Marktteilnehmende eine fundiertere Entscheidung für umweltfreundliche Produkte und Dienstleistungen treffen, meint die EU-Kommission. Sie möchte nun sicherstellen, dass die Verbraucherinformationen über ökologische und soziale Auswirkungen verlässlich sind. Mit dem jetzt veröffentlichten Vorschlag einer Richtlinie über Umweltaussagen („Green Claims Directive“) sollen nachhaltige Kaufentscheidungen ermöglicht und irreführende Umweltaussagen und Greenwashing bekämpft werden.

Der Entwurf ist ein weiterer Meilenstein im Rahmen des „Green Deals“. Mit diesem Maßnahmenpaket möchte die EU bis 2050 klimaneutral werden.

Umweltaussagen („green claims“) sollen überprüft werden

Die Richtlinie soll für alle in der Europäischen Union tätigen Unternehmen gelten.

Unter den Vorschlag fallen alle umweltbezogenen Aussagen („Green Claims“), die nach geltendem Recht nicht zwingend vorgeschrieben sind. Das können Texte, bildliche, grafische oder symbolische Darstellungen sein sowie Etiketten, Markennamen, Firmen- oder Produktnamen, die eine positive Wirkung auf die Umwelt versprechen oder implizieren.

Umweltaussagen müssen nach dem Richtlinienentwurf mit einer Methodik begründet werden, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruht und die die Identifizierung aller Umweltauswirkungen ermöglicht. Darüber hinaus sollen besondere Anforderungen für Kennzeichnungen und vergleichende Angaben gelten. Vergleiche sollen fair und methodisch fundiert sein, beispielsweise auf der Grundlage vergleichbarer Informationen und Daten. Unternehmen sollen auch verpflichtet sein, die Begründung der ökologischen Aussagen zu überprüfen und zu aktualisieren, wenn Umstände eintreten, die deren Richtigkeit beeinträchtigen könnten.

Der Entwurf sieht vor, dass eine unabhängige Prüfstelle die Umweltaussagen prüft. Werden die Anforderungen erfüllt, stellt die Prüfstelle eine EU-weit anerkannte Bescheinigung aus.

Der Vorschlag regelt auch die Umweltkennzeichnung. Derzeit gibt es circa 230 verschiedene Labels. Das kann leicht zu Verwirrung und Misstrauen führen. Neue öffentliche Kennzeichnungssysteme sollen daher nicht mehr zugelassen werden, es sei denn, sie werden auf EU-Ebene entwickelt. Alle neuen privaten Systeme sollen künftig einen höheren Umweltanspruch als die bestehenden Systeme aufweisen. Um zugelassen zu werden, brauchen sie nach dem Richtlinienentwurf zunächst eine Vorabgenehmigung.

Kleinstunternehmen sind von den geplanten Regelungen zwar ausgenommen. Aber auch kleinere und mittlere Unternehmen sollen nach dem Willen der EU-Kommission ermutigt werden, sich am grünen Wandel zu beteiligen, zum Beispiel durch finanzielle Unterstützung.

Was auf EU-Unternehmen zukommt

Innerhalb einer vorgesehenen Frist werden Unternehmen die Einhaltung ihrer freiwilligen Aussagen sicherstellen und von einer Prüfstelle bestätigen lassen müssen, um potenzielle Sanktionen und Reputationsrisiken zu vermeiden. Unternehmen sollten ihre Werbeaussagen zeitnah überprüfen, um sicherzustellen, dass ihre mit grünen Werbeaussagen versehenen Produkte die Anforderungen der Richtlinie erfüllen. Bereits jetzt sollten die Vorgaben des Richtlinienentwurfs bei der Marketingstrategie berücksichtigt werden.

Die Nichteinhaltung der vorgeschlagenen Richtlinie kann nicht nur Sanktionen für Unternehmen nach sich ziehen, sondern auch ein relevantes rechtliches Risiko, von Kunden verklagt zu werden. Das öffentliche Image des Unternehmens kann Schaden nehmen, wenn sich herausstellt, dass eine als umweltfreundlich angebotene Ware oder Dienstleistung nicht den Vorschriften entspricht.

Fazit: Ernsthafte Bemühungen um Nachhaltigkeit werden sich auszahlen

Sollte das EU-Parlament den Vorschlag der Kommission annehmen und die Richtlinie erlassen, wird das wohl langfristig das Ende irreführender Umwelt-Labels bedeuten. Verbraucher:innen erhalten mehr Klarheit und die Gewissheit, dass etwas, das als umweltfreundlich verkauft wird, auch tatsächlich umweltfreundlich ist. Die vorgeschlagenen Maßnahmen würden zu einer weiteren Harmonisierung bei der Regulierung der Werbeaussagen führen, den Markt für nachhaltigere Produkte stärken und eine Zersplitterung des Marktes aufgrund unterschiedlicher nationaler Ansätze vermeiden.

Unternehmen, die sich bereits heute ernsthaft um die Nachhaltigkeit ihrer Produkte und Dienstleistungen bemühen, profitieren von dem Vorhaben der EU: Nicht mehr schön klingende Versprechungen, sondern tatsächliches Handeln bringt dann den Wettbewerbsvorteil.

Der Vorschlag der Kommission ist ein wichtiger Schritt zur Bekämpfung von Greenwashing. Es ist zu hoffen, dass die neuen Regeln nicht in erster Linie dazu führen, dass Umweltversprechen zurückgenommen werden. Den Worten sollten vielmehr Taten folgen: Produkte und Dienstleistungen werden dann hoffentlich so nachhaltig, wie sie versprechen.

Isabelle Knoché