Nachhaltige Finanzprodukte sind bereits seit einigen Jahren im Trend. Das zeigen beispielsweise Fonds, die Aktien nach ESG-Kriterien auswählen, also verantwortungsvolle Unternehmensführung als unerlässlich für Investments erachten. Besonders großes Wachstum im Bereich der privaten Geldanlage ist aber auch bei Fremdkapitalinstrumenten wie den sogenannten Green Bonds zu verzeichnen. Dabei rücken im internationalen Vergleich nicht zuletzt steuerliche Aspekte besonders in den Fokus – und eine neue EU-Verordnung heizt jetzt womöglich auch in Deutschland neue Diskussionen an.
Was sind Green Bonds?
Green Bonds sind festverzinsliche Anleihen mit dem Versprechen, dass die Emittenten die Erlöse für die Finanzierung eines Klimaschutz- oder Umweltprojekts verwenden, darunter beispielsweise Maßnahmen zur Förderung erneuerbarer Energien. Die besonderen Anleihen gehören damit grundsätzlich zu den nachhaltigen Vermögensanlagen und werden von Förderbanken, aber auch von Geschäftsbanken, Unternehmen und Staaten ausgegeben.
Welche Rolle spielen Green Bonds aktuell auf dem Markt?
Die nachhaltigen Anleihen sind bei Anlegerinnen und Anlegern aktuell sehr gefragt. Dies bestätigen von der Europäischen Union (EU) jüngst veröffentlichte Zahlen, nach denen der Markt sowohl weltweit als auch auf EU-Ebene zwischen 2015 und 2020 um durchschnittlich 50 Prozent pro Jahr gewachsen ist. Ein Drittel der weltweit ausgegebenen nachhaltigen Anleihen wurden in Euro emittiert: Insgesamt waren es 1.249 Milliarden Euro.
Welche Anleihen werden als Green Bonds klassifiziert?
Einen allgemeingültigen, offiziellen Standard für als Green Bonds vermarktete Anleihen gab es bisher nicht. Eine Orientierung mit groben Vorgaben gaben bis dato nur private Anbieter wie die International Capital Markets Association. Mithilfe dieser Vorgaben bündelt derzeit auch die Deutsche Börse ihr Green-Bond-Segment. Nunmehr hat die EU jedoch im November 2023 mit der Verordnung 2023/2631 den weltweit ersten offiziellen ökologischen Standard für Green Bonds erarbeitet. Der Standard ist ab Ende 2024 von den Emittenten anzuwenden.
Gibt es für Green-Bond-Investments in Deutschland eine steuerliche Förderung?
Wer seine Geldanlage mit einer „guten Tat“ verbindet, indem er in nachhaltige Finanzprodukte wie Green Bonds investiert, wird derzeit in Deutschland nicht steuerlich gefördert. Ein Investment in derartige Produkte unterliegt den gleichen steuerlichen Regelungen wie beispielsweise Investments in Anleihen von Konzernen, deren Geschäftsmodelle als eher weniger nachhaltig angesehen werden. Das bedeutet, dass in Deutschland steuerlich ansässige Privatpersonen bei laufenden Zinserträgen sowie Veräußerungserlösen einem Sondersteuersatz inklusive Solidaritätszuschlag von 26,375 Prozent unterliegen – gegebenenfalls zuzüglich Kirchensteuer. Die Steuern werden regelmäßig von der inländischen Bank der Investierenden abgeltend einbehalten, die Erträge sind nicht in Steuererklärungen anzugeben – die sogenannte Abgeltungsteuer.
Welche Steuerregelungen gelten in anderen Staaten?
Anders als in Deutschland werden Green Bonds in anderen Staaten seit einiger Zeit steuerlich begünstigt: Laut einer internen, KPMG-weiten Untersuchung gehören dazu innerhalb der EU beispielsweise Luxemburg, die Niederlande und Malta, außerhalb der EU Brasilien, Tunesien und Simbabwe.
Die Steuervergünstigungen richten sich zum einen an den Ausgeber der Anleihe, der beispielsweise in Malta bei der Anleiheemission eine 50-prozentige Gebührenreduzierung der sogenannten Listing Fees erhält. Zum anderen richten sich die Vergünstigungen an die Anleihegläubiger, denen für die Erträge einkommensteuerliche Vergünstigungen gewährt werden. Dies wird beispielsweise in Brasilien umgesetzt. Für in Brasilien steuerlich ansässige Privatpersonen wird der Steuersatz für Erträge aus Green Bonds mit null Prozent statt des persönlichen Steuersatzes von 15 bis 22,5 Prozent angesetzt; für brasilianische Unternehmen wird der Körperschaftsteuersatz mit 15 statt 25 Prozent angesetzt.
Fazit: Neue Diskussionen in Deutschland erforderlich
Sollte auch Deutschland steuerliche Anreize schaffen, um den dringend benötigten Investitionsnachschub von ESG-freundlichen Projekten zu unterstützen? Diese Frage sollte angesichts der Rahmenbedingungen im Ausland debattiert werden.
Denkbar und leicht umsetzbar – auch für die steuerabführungsverpflichtenden Banken – erscheinen meiner Meinung nach die künftige Reduzierung des Steuersatzes und der Wegfall des Solidaritätszuschlages auf Erträge aus Green Bonds. Dies sollte ein Anreiz für Anleger sein, neben dem Ansinnen, „Gutes zu tun“, auch Steuervorteile wahrzunehmen. Schließlich müssen insbesondere Unternehmen ihr eigenes Geld aufgrund der Verpflichtung gegenüber Aktionär:innen und Anteilseigner:innen regelmäßig so anlegen, dass die Profitabilität im Vordergrund steht. Mit einersteuerlichen Förderung von Green Bonds wären Investments in diese Anlageklasse auch unter rein finanziellen Gesichtspunkten zu rechtfertigen.
Eine solche steuerliche Lenkungswirkung für Green Bonds könnte im Gegensatz zu Direktsubventionen des Staates in Erneuerbare Energien und ähnliches gleich mehrere Vorteile haben:
- Green Bonds kosten regelmäßig weniger Steuergelder,
- Green Bonds regen Sparer:innen an, ihr Geld nachhaltig zu investieren – damit profitieren auch Kleinsparer:innen von der Energiewende und weiteren grünen Projekten. Und folgerichtig:
- Unternehmen mit weniger nachhaltigen Produkten könnten sich schlechter über den Kapitalmarkt finanzieren und hätten wiederum einen weiteren Anreiz, ihr Geschäftsmodell klimafreundlicher auszugestalten.
Klar ist: Es bietet sich für den Gesetzgeber grundsätzlich an, jetzt neue Regelungen zu schaffen, denn durch die EU-Verordnung vom November 2023 werden nunmehr feste Standards nach der EU-Nachhaltigkeitstaxonomie gesetzt. Es kann also eine explizite Abgrenzung von Green Bonds zu anderen Anleihen vorgenommen werden. Das mögliche Resultat: ein überaus attraktives steuerliches Anreizsystem.
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