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Die bedeutende Rolle von ESG-Ratings im Treasury

Wie die Finanzabteilung dabei helfen kann, dass Unternehmen Nachhaltigkeitsziele erreichen

Nachhaltigkeit gewinnt im Treasury zunehmend an Bedeutung. Für die Finanzfunktion ist es essenziell, sich aktiv für Nachhaltigkeit einzusetzen und Geschäftspraktiken anzupassen, um den Anforderungen von Regulatoren, Banken und Investoren gerecht zu werden. ESG-Ratings bieten als Instrument zur Bewertung von Nachhaltigkeitsleistungen von Unternehmen eine besondere Chance. Gleichzeitig ermöglichen die Ratings, von finanziellen Vorteilen wie beispielsweise verbesserten Kreditkonditionen zu profitieren.

Das Treasury kann den Bewertungsprozess federführend begleiten und dabei Vorteile für die eigene Praxis generieren. Das Verständnis für das ESG-Rating als potenziellem Werthebel und die damit einhergehenden Herausforderungen sind jedoch entscheidend dafür. Doch welche für Treasury spezifischen Details sind bei der Praxis-Integration von Nachhaltigkeitskriterien in Entscheidungen besonders zu beachten?

Das unterscheidet ESG-Ratings von traditionellen Finanzratings

Traditionelle Finanzratings bewerten die Bonität und Kreditwürdigkeit von Unternehmen. Sie beziehen sich auf quantitative Informationen wie Bilanzen, Gewinn- und Verlustrechnungen oder Cashflows. Die Bewertung erfolgt anhand klar definierter Kennzahlen und Ratingskalen. Allgemein stellen sie ein wichtiges Instrument für Investoren dar, um das Risiko von Investitionen abzuschätzen.

Im Gegensatz dazu bewerten ESG-Ratings die Nachhaltigkeitsleistungen von Unternehmen. Sie beziehen quantitative sowie qualitative Informationen zu ESG-Faktoren mit ein und erfordern eine umfassende Bewertung von nicht-finanziellen Faktoren, darunter Diversität und Inklusion oder Geschäftsethik. Sie werden aktuell in Investitionsentscheidungen berücksichtigt, aber sind nicht zwingend erforderlich.

Derzeit existieren auf dem Markt verschiedene Arten von ESG-Ratings. Sie haben unterschiedliche Themenschwerpunkte und sind auch unterschiedlich zu interpretieren. Drei Beispiele:

  • ESG-Risk-Ratings, die bewerten, in welchem Ausmaß Unternehmen Nachhaltigkeitsrisiken ausgesetzt sind, darunter beispielsweise Extremwetterereignisse.
  • ESG-Impact-Ratings, die die Auswirkungen des unternehmerischen Handels auf die Umwelt betrachten.
  • Ratings mit speziellem Ansatz, darunter Climate Ratings.

Die besondere Rolle der Treasury-Abteilung

Aufgrund der Fokussierung auf quantitative Daten und der Nutzung von starren Skalenbewertungen ist die Aufteilung der Verantwortlichkeiten im Prozess eines klassischen Finanzratings zumeist klar definiert. Im Mittelpunkt stehen die Abteilungen der Finanzfunktion. Strebt ein Unternehmen hingegen ein Nachhaltigkeitsrating an, wird dieser Prozess komplexer.

Um ein ganzheitliches Bild der Nachhaltigkeitsleistung des Unternehmens zeichnen zu können, müssen sowohl quantitative als auch qualitative Daten aus verschiedensten Unternehmensbereichen gesammelt, aggregiert und ausgewertet werden. Abteilungsübergreifende Kommunikation und Zusammenarbeit sind somit von essenzieller Bedeutung.

Nichtsdestotrotz kommt der Treasury-Abteilung auch hier eine zentrale Bedeutung zu: Sowohl die Investor Relations als auch die Bankenkommunikation werden regelmäßig federführend von der Treasury-Abteilung behandelt. Sie ist somit prädestiniert – unter Einbezug der anderen relevanten Abteilungen – den Prozess zum Erhalt eines ESG-Ratings aktiv voranzutreiben. Die Treasury-Abteilung fungiert dabei unter anderem als Sprachrohr gegenüber Stakeholdern wie Banken und Investoren.

Diese neuen Chancen und komplexen Aufgabenstellungen ergeben sich für das Treasury durch ESG-Ratings

ESG-Ratings bieten der Finanzfunktion im Unternehmen zahlreiche Möglichkeiten, um die Nachhaltigkeitsstrategie des Unternehmens zu fördern und gleichzeitig von den finanziellen Vorteilen zu profitieren, denn die Ratings sind dazu geeignet, die Finanzierungskonditionen zu verbessern und durch Transparenz zur Glaubwürdigkeit des Unternehmens beizutragen. Das kann sich in erheblichem Maß positiv auf die Reputation auswirken.

Darüber hinaus kann das Treasury durch transparente Berichterstattung über die ESG-Performance  das Vertrauen in die Nachhaltigkeitsstrategie stärken sowie grüne Finanzierungsinstrumente identifizieren und im Entwicklungsprozess neuer Produkte verankern. ESG-Ratings sind zudem auch als Bestandteil des Finanzrisikomanagements einzusetzen, um potenzielle finanzielle Risiken zu reduzieren.

ESG-Ratings sind demnach als Ergänzung zu rein finanziellen Unternehmensratings empfehlenswert und sinnvoll. Klar ist indes auch, dass es bei dem jungen Produkt noch Herausforderungen gibt. Dessen sollten sich Unternehmen bewusst sein. Im Fokus:

  • Fehlende Standardisierung der ESG-Ratings kann zu unterschiedlichen Interpretationen und schlechter direkter Vergleichbarkeit führen.
  • Es existiert keine einheitliche Definition des Nachhaltigkeitsbegriffs. Die mögliche Folge: Nachhaltigkeitsaspekte werden unterschiedlich gewichtet.
  • Ratingagenturen setzen auf unterschiedliche Bewertungskomponenten und -methoden, wodurch unterschiedliche Ergebnisse entstehen können.
  • Probleme bei der Datenverfügbarkeit und -qualität verhindern mitunter vollständige Bewertungen.
  • Selektive Informationen in Nachhaltigkeitsberichten der Unternehmen können das Bild der tatsächlichen Nachhaltigkeitsleistungen von Unternehmen verzerren.

Fazit: Worauf es für das Treasury jetzt ankommt

Fest steht: ESG führt zu einer grundlegenden Transformation der Wirtschaft – und Nachhaltigkeitskennzahlen sind künftig ausschlaggebende Messgrößen. Darauf gilt es auch für das Treasury zu reagieren. Bewertungen wie ESG-Ratings sind jetzt bereits tragfähige Optionen. Allerdings fehlen noch diverse Standards. Für das Treasury kommt es in der Praxis daher jetzt auf folgende Aspekte an:

  • Schaffung einer Marktübersicht der Ratingagenturen und ESG-Ratingarten.
  • Durchführung eines Auswahlverfahren, um die Anbieter und ihre Bewertungsmethoden zu vergleichen.
  • Erste Kosten-Nutzen-Analyse für die Beauftragung eines ESG-Ratings unter Berücksichtigung der unternehmensindividuellen Gegebenheiten.
  • Koordination des Beantragungsprozesses mit beispielsweise ESG, Investor Relations und Risikomanagement.
  • Abteilungsübergreifende Zusammenarbeit zur Sammlung relevanter ESG-Daten.

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