KI im Automotive Bereich: Blaues Auto wird durchleuchtet

KI in der Automobilindustrie: Das plant Google

Interview: Google-Managerin übe GenAI-Strategien in der Automobilindustrie.

Die Steigerung der Effizienz und Kosteneinsparungen sind für viele Unternehmen von zentraler Bedeutung für den Erfolg ihres Unternehmens. Die rasante Entwicklung von Generativer Künstlicher Intelligenz (GenAI) eröffnet hierfür scheinbar vielversprechende Möglichkeiten.

Über konkrete Anwendungsfälle und Möglichkeiten GenAI in Unternehmen und speziell in der Automobilindustrie einzusetzen, sprechen in diesem Interview Gabriele Eder, Leiterin des Segments Manufacturing, Industrial und Automotive bei Google in Deutschland, sowie Gernot Gutjahr, Partner bei KPMG und verantwortlich für den Cloud Advisory Service in Deutschland und für EMA.

KPMG: In unserem aktuellen CEO Outlook haben 76 Prozent der befragten CEOs Generative AI als eine ihrer Top-Prioritäten genannt. Inwiefern ist diese Euphorie berechtigt?

Gabriele Eder: Diese Euphorie ist absolut berechtigt. KI spielt schon seit mehreren Jahren die Rolle des Treibers von Effizienz und Produktivität in hochgradig automatisierten Unternehmensprozessen. Aber jetzt wird eine ganz neue Klasse an Problemen lösbar, die in den Bereichen Kreativität, Personalisierung und Innovation zuvor einfach als nicht automatisierbar galt – und das macht es so spannend. Künstliche Intelligenz (KI) wird also zurecht als Game Changer für alle Industrien gewertet – und hierzu zählt natürlich auch die generative KI. Nach meiner Wahrnehmung haben viele CEOs verstanden, dass einerseits Effizienz, andererseits aber auch neue Wachstumsmöglichkeiten durch KI geschaffen werden können, die vorher noch nicht da waren. Ein Punkt ist dabei zentral: Für viele Unternehmen steht die Wettbewerbsfähigkeit auf dem Spiel.

Gernot Gutjahr: In der ersten KI-Welle war eine Verbesserung der Prozesse durch intelligente Automatisierung und durch analytische KI möglich. Der Fokus lag dabei meist auf Backoffice-Prozessen, der Reduktion von unnötiger Komplexität und Kosten, beispielsweise durch intelligente Automatisierung in der Buchhaltung oder im operativen Einkauf. Betriebsmodell und Strategie, also die Produkte, Märkte und Wettbewerber unserer Kunden, blieben dabei noch weitgehend unverändert. Was wir in der zweiten KI-Welle verstärkt sehen, sind Verbesserungen in der Top-Line, also in der Gewinn- und Verlustrechnung, zum Beispiel durch digitale Vertriebs- und Servicekanäle.
Der Fokus lag dabei häufig auf der Transformation des Front Office, der Verbesserung der Kundenzentrierung und der Agilität. Generative KI transformiert den Kundenservice, indem sie das Kundenerlebnis und die Produktivität der Agenten verbessert und ergänzt. Das sind echte Veränderungen am Betriebsmodell, im Front Office von Einzelhändlern, Energieversorgern und Telekommunikationsanbietern sowie im Retail-Segment von Banken und Versicherungen.

KPMG: Künstliche Intelligenz gehört zu den Schlüsselfaktoren in der Automobilindustrie. Wie entwickelt sich der Sektor in Bezug auf KI?

Gabriele Eder: KI spielt in der Automobilindustrie bereits heute eine Schlüsselrolle, da KI die Nutzererfahrung bei der Interaktion mit einem Fahrzeug ganz maßgeblich verändern kann. Google ist in der Automobilindustrie sehr präsent, und das Spektrum reicht von Cloud und KI bis hin zu Android Automotive und Geo Services wie Google Maps. Deswegen nutzen wir unsere ganze Bandbreite an differenzierten Services und denken nicht in Silos, sondern rücken den Kundennutzen in den Fokus. Wir denken bei allem, was wir tun: “Wie können wir dazu beitragen, das Erlebnis im Auto zu verbessern?”. Autofahrende erwarten heute dieselbe moderne User Experience, wie sie es von ihren Smartphones gewohnt sind. Die Ansprüche steigen kontinuierlich – und wir bringen unser gesamtes Know-how und unsere Erfahrung in diese Partnerschaften mit ein.

KPMG: Wie zu Beginn angesprochen, ist es nicht einfach, durch Technologie einen in einer Bilanz ablesbaren Nutzen zu erzielen. Das gilt offenbar nicht für Google. Was macht Google anders und richtig, was können Organisationen von Google lernen?

Gabriele Eder: Google baut kontinuierlich auf seine Stärken in der Softwaretechnologie auf. Gleichzeitig erfinden wir uns immer wieder neu. So sind wir zum Beispiel nach der “Mobile first”- Strategie nun seit mehreren Jahren in einer Phase des „AI first“ angekommen – und wenden KI nicht mehr nur für unsere eigenen Produkte an, sondern ermöglichen unseren Kunden, selbst KI für ihre Transformation einzusetzen.

KPMG: Wie sieht das bei unseren Kunden aus, Gernot Gutjahr?

Gernot Gutjahr: Damit KI einen signifikanten Beitrag zum Unternehmensergebnis leisten kann, müssen Unternehmen KI im gesamten Unternehmen skalieren und im Back Office, Front Office und Middle Office verankern. Um diese Skalierung zu erreichen, sind echte strategische Partnerschaften notwendig. Bei Cloud und KI geht es um Innovation und Daten. KI löst komplexe Optimierungsaufgaben. Je mehr Daten die KI zur Verfügung hat, desto besser sind die Lösungen. Gute KI nutzt damit Daten aus allen Bereichen eines Unternehmens, bei den besten KIs kooperieren Partner über Unternehmensgrenzen hinweg. Dabei müssen alle Partner und alle Kunden dieser Partner davon profitieren.

Gabriele Eder: Ergänzend und darauf aufbauend: Wir haben viele Beispiele, wie Unternehmen interne Datenschätze mit externen Datenquellen aus einem erweiterten Ökosystem wertstiftend verbinden können – zum Beispiel durch die Nutzung von Google Maps erhält unter anderem Mercedes-Benz Zugang zu Googles Geodaten, zu unseren Echtzeit-Verkehrsinformationen und noch vielem mehr. Wenn dann Autodaten, darunter die Tankfüllung und die sogenannten Place Details von über 200 Millionen Orten weltweit verknüpft werden, dann kann eine KI sinnvolle Vorschläge machen. In diesem Fall hieße das, dass die Person am Steuer nicht nur erfährt, wann eine Tankstelle aufzusuchen ist, sondern auch, welche Tankstelle zu dem Zeitpunkt geöffnet hat. Das ist eins von zahlreichen Beispielen, wie die Analyse und Korrelation von Daten über Unternehmensgrenzen hinweg einen Wert stiften können.

KPMG: Und was heißt das für Datensicherheit und Datenschutz?

Gernot Gutjahr: Wir beraten unsere Kunden und Partner, indem wir klare Prinzipien und ethische Leitplanken für den verantwortungsvollen Einsatz von KI aufstellen. Dieses hat mehrere Dimensionen: Im engeren Sinne geht es darum, dass die Modelle selbst zuverlässige und transparente Ergebnisse liefern; im weiteren Sinne, dass die Anwendung selbst ethischen und rechtlichen Standards entspricht.

Gabriele Eder: Wir haben einen sehr hohen Anspruch an Google AI: Unsere hochperformanten Modelle wollen wir mit ethischen und rechtlichen Standards verbinden. Diesen Anspruch haben wir auch transparent und öffentlich in unseren KI-Prinzipien seit 2018 als Leitfaden dokumentiert, die auf Fairness, Sicherheit, Datenschutz und Verantwortung beruhen. Und wir haben detaillierte Empfehlungen und digitale Anwendungen zur Verfügung gestellt, um andere Unternehmen zu befähigen, KI sinnvoll und für gute Zwecke einzusetzen. Wir stellen sicher, dass unsere KI wirtschaftlich, ethisch und zuverlässig einen Nutzen erbringt.

KPMG: Vielen Dank für das Gespräch.

Hören Sie das komplette Interview als Podcast: „Autofahrer erwarten die modernste User Experience“ (kpmg.de).

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