Unter welchen Bedingungen wurde die Baumwolle für das Hemd hergestellt, das im Modegeschäft auf der Stange hängt? Hält sich der Automobilzulieferer – und ebenso dessen Lieferanten – an Umweltauflagen? Diese und ähnliche Fragen werden für Unternehmen immer relevanter.
Die Gründe dafür sind vielfältig: sich verändernde Kundenansprüche, strengere Regulierung, wachsender Druck von Umweltschutzorganisationen, steigende Anforderungen von Investoren und knapper werdende Ressourcen. Nachhaltigkeit – auch in der Lieferkette – ist also längst nicht mehr nur eine nette Zusatzeigenschaft, sondern ein zwingender Faktor für den Geschäftserfolg.
Nachhaltigkeit entlang der gesamten Lieferkette
Dabei ist Nachhaltigkeit mehr als Umweltschutz: Das weitergehende Konzept ESG (Environment, Social, Governance) umfasst auch Aspekte wie Menschenrechte, Gesundheitsschutz, Diversity und Unternehmenswerte.
Zudem gilt es nicht nur, ESG-Kriterien in der eigenen Organisation zu berücksichtigen, sondern einen ganzheitlichen ESG-Ansatz entlang der gesamten Liefer- bzw. Wertschöpfungskette zu implementieren, von der Auswahl nachhaltiger Lieferanten und Geschäftspartner bis zur kontinuierlichen Messung und Kontrolle von Nachhaltigkeit entlang der gesamten Lieferkette. Nicht zuletzt ist dies eine Anforderung, die mit dem am 1. Januar 2023 in Kraft getretenen Lieferkettengesetz auf Unternehmen zukommt.
Verstöße haben zunehmend massivere Folgen
Auch angesichts weiterer Regularien wie der Taxonomie-Verordnung der EU oder dem CSR-Richtlinie-Umsetzungsgesetz hat das Thema ESG deutlich an Aufmerksamkeit gewonnen. Verstöße werden künftig zu zunehmend größeren Reputationsschäden und höheren Kosten führen.
Dies ist auch vielen Unternehmen bewusst: In unserem Future Readiness Index 2020 gaben auf die Frage, was für ihr Unternehmen in den nächsten fünf Jahren die wichtigsten Themen sind, 51 Prozent die steigende Bedeutung von Nachhaltigkeit und Klimaschutz an – zehn Prozentpunkte mehr als in unserer Studie 2019.
Transparenz und Nachhaltigkeit in der Lieferkette sind essenziell
Um die ESG-Kriterien erfüllen zu können, ist eine umfassende Transparenz der Lieferketten eine notwendige Voraussetzung. Das wird vielfach noch unterschätzt. In einer von uns durchgeführten Firmenumfrage nannten nur 16 Prozent der Befragten das Supply-Chain-Management als Priorität.
In vielen Unternehmen mangelt es noch an Transparenz: Häufig fußt das Wissen über die eigenen Lieferketten auf Selbstauskünften der Lieferanten und langen Excel-Tabellen. Unternehmen benötigen aber einen vollständigen Überblick über ihre gesamte Lieferkette und über alle an der Wertschöpfung beteiligten Lieferanten, zum Beispiel hinsichtlich der Frage, ob diese alle Umwelt- und Sozialstandards einhalten.
Das Ziel: KPI-basiertes Monitoring der ESG-Performance
Dies ist nur zu erreichen, wenn alle relevanten Daten, Kennzahlen und Informationen kontinuierlich in Echtzeit verfügbar sind. Dabei sind die geeigneten bzw. für den ESG-Ansatz relevanten KPIs zu definieren.
Um die eingehenden Daten zur ESG-Performance entlang der Supply Chain bewerten zu können, wird außerdem ein Benchmarking benötigt. Die Frage, an welchen Benchmarks die Lieferanten zu messen sind, ist allerdings gerade im Hinblick auf ESG nicht leicht zu beantworten.
Mit Digitalisierung zu nachhaltigen Lieferketten
Hier tragen digitale Lösungen maßgeblich zur Realisierung bei. Dazu zählen beispielsweise Cloud-Technologien, Data Analytics, Blockchain, digitale Tracking- und Nachhaltigkeits-Tools, KI oder RPA. Ein Erfolgsrezept gibt es nicht. Welche Lösungen gewählt werden, hängt vom jeweiligen Geschäftsmodell, dem digitalen Reifegrad des Unternehmens und vielen weiteren Faktoren ab.
Auf Basis transparenter Daten und mit den genannten Technologien kann somit die Lieferkette im Sinne der ESG-Kriterien gesteuert und angepasst werden. Im Bedarfsfall kann man zum Beispiel ein regionales Liefernetzwerk aufbauen, um ESG-Risiken zu verringern. Mithilfe eines geeigneten Supply-Chain-Managements und Monitorings lassen sich zudem verlässliche Prognosen treffen, Risiken frühzeitig identifizieren und Qualitätsstandards sichern.
Nachhaltigkeit macht den Unterschied
Beim Gedanken an die Erfüllung von ESG-Kriterien herrscht vielfach die Sorge vor steigenden Kosten. Dies ist etwa bei einem Wechsel zu nachhaltig agierenden Lieferanten grundsätzlich denkbar. Diese Sichtweise ist aber einseitig. Es gilt, die Gesamtkosten im Sinne der total cost of ownership zu betrachten und auch mögliche monetäre Folgen bei Verstößen gegen ESG-Anforderungen einzupreisen.
Unternehmen sollten den erhöhten Druck zur Erfüllung von ESG-Kriterien nicht als Herausforderung betrachten, sondern als Chance. Eine nachhaltige Lieferkette kombiniert mit einem technologiebasierten Reporting wird künftig ein wichtiges Differenzierungsmerkmal im Wettbewerb und ein wesentlicher Erfolgsfaktor. Dabei gilt es, das Thema Nachhaltigkeit nicht isoliert im Hinblick auf die Lieferkette zu betrachten, sondern in der gesamtheitlichen Strategie bzw. im Geschäftsmodell des Unternehmens umzusetzen (ESG-Compliance, ESG Due Diligence).
Sprechen Sie zu dem Thema mich oder Marc Ennemann, Partner, Head of Value Chain Transformation & Head of Alliance Management, gerne an.