Öffentlicher Einkauf maroder Weg mit Schlaglöchern und Pfützen

Öffentlicher Einkauf: Bewegung statt Stillstand

Wie der öffentliche Einkauf mithilfe von Innovationsbeschaffung wieder an Fahrt gewinnt

Marode Schulen, Straßen mit Schlaglöchern, wachsende Städte – in Deutschland besteht erheblicher Sanierungs- und Baubedarf. Der Bund investiert kräftig, um den Investitionsstau aufzulösen: Allein der Bundesverkehrswegeplan 2030 umfasst ein Investitionsvolumen von mehr als 269,6 Milliarden Euro.

Öffentlicher Einkauf ist überfordert

Die Investitionen umzusetzen und somit den Auftrag der öffentlichen Hand zu erfüllen, gelingt aber nur mit einem funktionierenden Einkauf. Das Problem ist meiner Meinung nach: Der öffentliche Einkauf funktioniert nicht so, wie es notwendig ist.

Woran liegt das?

Viele interne als auch externe Faktoren spielen hier eine Rolle:

Die steigende Komplexität der Vergabeprozesse führt dazu, dass bei öffentlichen Ausschreibungen für Bedarfe immer weniger Angebote von Unternehmen abgegeben werden. Insbesondere im Bauwesen steht der private Markt Schlange. Warum also sollte sich ein Baudienstleister mit einem komplexen öffentlichen Ausschreibungsprozess auseinandersetzen?

Der öffentliche Einkauf als Auftraggeber verliert somit immer mehr den Zugang zu Beschaffungsmärkten.

Beschaffungsmarkt ist globaler geworden

Zudem hat sich der Beschaffungsmarkt verändert und ist globaler geworden: Hat der Einkäufer früher noch seinen Dieselbus bei einem regionalen Anbieter beschafft, muss er sich heute auf der Suche nach einem Elektroauto in China umgucken. Das erschwert und verlängert den Beschaffungsprozess.

Operative Ausrichtung des öffentlichen Einkaufs verhindert Neuerungen

Intern hat der öffentliche Einkauf ein Strukturproblem: Während die Privatwirtschaft ihr Profil im Einkauf bereits geschärft hat – im operativen Einkauf wird die Bestellung durchgeführt, der taktische Einkauf kümmert sich um die Ausschreibung und der strategische Einkauf ist für die Beschaffungsstrategie pro Warengruppe verantwortlich –, rennt der öffentliche Einkauf einzig und alleine den operativen Aufgaben hinterher.

Diese Ausrichtung hat zu einer schwachen Position geführt: Der Einkauf wird häufig lediglich als „Erfüllungsgehilfe“ wahrgenommen. Er hat sich weder strategisch weiterentwickelt noch als interner Dienstleister dargestellt. Lust und Mut zur Veränderung? Überschaubar. Neuerungen finden nur bedingt Anklang, sind sie anfangs doch mit mehr Aufwand verbunden, der aktuell einfach nicht zusätzlich leistbar ist.

Ohne Veränderung droht Stillstand

Doch je größer das Spannungsgeflecht wird, umso kritischer wird die Gesamtsituation für den öffentlichen Einkauf. Wenn er seine Daseinsberechtigung behalten und nicht auf dem Abstellgleis landen will, sollte er dringend Lösungen für diese Entwicklungen finden und sich für Innovationen öffnen, um die Versorgungssicherheit der öffentlichen Hand zu gewährleisten und zusätzlichen Mehrwert zu schaffen.

Doch wie gelingt das?

Organisationsstruktur neu denken

 Zu aller erst sollte der Einkauf seine interne Organisation neu gestalten: weg von der reinen Beschaffungsfunktion, hin zu einem strategischen Wertschöpfungspartner. Der Einkauf wird zum internen Berater, der frühzeitig und mit gestaltender Rolle in Beschaffungsvorgänge eingebunden wird.

Es braucht mehr Mitarbeiter, die heute schon an morgen denken und sich fragen: Wie gelingt mir die Beschaffung von Innovationen?

Gezielte Beschaffung von Innovationen

Mit der gezielten Beschaffung von innovativen Produkten, Dienstleistungen und Verfahren können Kosten gespart und neuartige Lösungsansätze begünstigt werden. Zu diesem Schluss kommt auch die Europäische Kommission und hat deshalb im Mai 2018 einen Leitfaden zur Beschaffung von Innovationen verfasst.

Ziel sollte es sein, nicht länger einfach nur den Bedarf zu beschaffen, sondern neue Wege zu gehen: Statt eine Software von der Stange zu kaufen, kann der öffentliche Einkauf beispielsweise zusammen mit einem IT-Dienstleister eine eigene Software entwickeln. An dieser hält er dann Lizenzen und der IT-Dienstleister kann die Lösung weiterverkaufen.

Szenarien für die Zukunft

Für die Zukunft des öffentlichen Einkaufs gibt es also zwei Szenarien:

  1. Er macht weiter wie bisher und ist extrem überlastet. Die Arbeit ist geprägt von Unzufriedenheit und Ineffizienz. Durch seine geringe Profilschärfe hat der Einkauf massive Probleme, neue, talentierte Mitarbei­ter zu finden und zu halten. Der öffentliche Einkauf steht still.
  2. Er verändert sich mit dem wandelnden Markt und öffnet sich für die gezielte Beschaffung von innovativen Produkten und Dienstleistungen. Der Einkauf implementiert eine strategische Ebene im Beschaffungs­prozess und steigert so seine Effizienz. Er ist Netzwerker und Berater der Organisation. Der öffentliche Einkauf nimmt wieder Fahrt auf.

Ich wünsche mir das zweite Szenario. In Bewegung bleiben – in Zeiten der Transformation ein vielversprechendes Motto. Auch für den öffentlichen Einkauf.

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