Keyfacts:
- Für Unternehmen mit mehr als 250, aber nicht mehr als 1.000 Mitarbeitenden entfällt die Berichterstattung nach der CSRD und der EU-Taxonomie.
- Die geplanten Änderungen der CSDDD entlasten Unternehmen mit zahlreichen und langen Lieferketten potenziell stärker.
- Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitenden sollen zum Teil von ihrer Auskunftspflicht gegenüber durch die CSRD und CSDDD verpflichteten Unternehmen entlastet werden.
- Ob die vorgeschlagenen Änderungen in Bezug auf die CSDDD flächendeckend erhebliche Erleichterungen für Unternehmen bewirken, ist zweifelhaft.
Mit der Omnibus-Richtlinie möchte die EU-Kommission die Pflichten aus der CSDDD, der CSRD und der EU-Taxonomie lockern. Dadurch möchte sie die Wettbewerbsfähigkeit der europäischen Wirtschaft erhöhen und den Verwaltungsaufwand für die Unternehmen verringern. Ganz besonders sollen mittelständische Unternehmen entlastet werden. Die Auswirkungen für die deutschen Unternehmen wären jedoch unterschiedlich stark.
Unternehmen mit maximal 1.000 Mitarbeitenden
Am meisten dürfte der Vorschlag Unternehmen mit mehr als 250, aber nicht mehr als 1.000 Mitarbeitenden zugutekommen. Denn aufgrund der Reduzierung des Anwendungsbereichs der CSRD soll für sie die Pflicht zur Erstellung eines Nachhaltigkeitsbericht nach der CSRD komplett entfallen. Laut Schätzung der EU sind das rund 80 Prozent der ursprünglich vorgesehenen Unternehmen.
Nach der Omnibus-Richtlinie sollen nur noch Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und entweder mehr als 50 Millionen Euro Umsatz oder mehr als 25 Millionen Euro Bilanzsumme den CSRD-Report abgeben müssen. Bisher mussten zwei der drei Kriterien überschritten sein: mehr als 50 Millionen Euro Umsatz, mehr als 25 Millionen Euro Bilanzsumme oder mehr als 250 Mitarbeitende.
Für Unternehmen der „zweiten Welle“, also Unternehmen mit mindestens 1.000 Mitarbeitenden, die jedoch nicht von öffentlichem Interesse sind, soll die erstmalige Berichtspflicht um zwei Jahre verschoben werden. Börsennotierte KMU sollen ganz aus dem Anwendungsbereich der CSRD herausfallen.
Auch die Taxonomie-Berichterstattung soll für Unternehmen mit bis zu 1.000 Mitarbeitenden wegfallen. Verpflichtet sein sollen dann nur noch große Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitenden und einem Nettoumsatz von mehr als 450 Millionen Euro. Unternehmen, die die neu vorgeschlagenen CSRD-Schwellenwerte überschreiten, aber weniger als 450 Millionen Euro Umsatz haben, können freiwillig berichten.
Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitenden
Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitenden sollen außerdem dadurch entlastet werden, dass andere Unternehmen für Zwecke ihrer CSRD-Berichtserstellung nicht mehr alle Informationen von ihnen erheben dürfen.
Auch von den geplanten Änderungen in der CSDDD hätten Unternehmen mit weniger als 500 Mitarbeitenden Vorteile. Zwar gelten für diese die Vorgaben der CSDDD nicht direkt. Unter die CSDDD fallen sollen weiterhin Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten und einem weltweiten Nettojahresumsatz von mehr als 450 Millionen Euro. Die CSDDD betrifft aber mittelbar auch kleinere Unternehmen, wenn sie Geschäftspartner von den verpflichteten Unternehmen sind. Geschäftspartner mit weniger als 500 Mitarbeitenden sollen im Rahmen des allgemeinen Mappings von Risikobereichen entlastet werden. Nach der CSDDDD verpflichtete Unternehmen sollen von ihnen nur noch Informationen erheben dürfen, die im Einklang mit dem VSME-Standard sind.
Unternehmen, die das deutsche Lieferkettengesetz schon umgesetzt haben
Vorteile durch die Omnibus-Initiative dürften Unternehmen haben, die die Vorgaben des deutschen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes (LkSG) schon in ihre Prozesse integriert haben. Denn die Sorgfaltspflichten des jetzigen Vorschlags kommen denen des LkSG im vielen Bereichen sehr nah. Das LkSG sieht Risikoermittlungen und -bewertungen grundsätzlich nur in Bezug auf den eigenen Geschäftsbereich und unmittelbare Zulieferer vor. Ermittlungen auch bei indirekten Geschäftspartnern, wie sie derzeit die CSDDD noch ohne spezifische Einschränkung vorsieht, sind nur notwendig, wenn Anhaltspunkte für tatsächliche oder potenzielle negative Auswirkungen vorliegen. Dies entspricht der Reichweite, die auch die Omnibus-Richtlinie vorsieht.
Unternehmen, die noch nicht mit der Umsetzung der CSDDD begonnen haben
Wer sich noch nicht mit der Umsetzung der CSDDD beschäftigt hat, profitiert von der beabsichtigten Verschiebung der Richtlinie. Der Vorschlag der Omnibus-Richtlinie sieht vor, den Anwendungsbeginn für erste Unternehmen um ein Jahr auf den 26. Juli 2028 zu verschieben. Wer hingegen schon auf der Basis der bisherigen Fassung der CSDDD Prozesse konzipiert hat, ist dabei möglicherweise über die künftigen Anforderungen der CSDDD hinausgegangen, wenn der Vorschlag angenommen wird.
Unternehmen, die auf kritische Lieferanten angewiesen sind
Unternehmen sollen bei schwerwiegenden potenziellen oder tatsächlichen negativen Auswirkungen nicht mehr zur Beendigung der Geschäftsbeziehung mit einem Lieferanten verpflichtet sein. Das ist nach der bisherigen CSDDD der Fall, wenn in schweren Fällen ein milderes Mittel – wie etwa eine Aussetzung der Vertragsbeziehung – und Korrekturpläne keinen Erfolg versprechen. Nach der Omnibus-Richtlinie liegt der Fokus auf einer vorübergehenden Aussetzung des Vertrags. Dies kommt solchen Unternehmen zugute, die von bestimmten Lieferanten abhängig sind, die auch nicht ohne weiteres ersetzt werden können, sodass der Abbruch einer Geschäftsbeziehung schwerwiegende Folgen hätte. Die Pflicht zur Vertragsbeendigung war allerdings auch bisher nur als Ultima Ratio vorgesehen. Ob die Änderung in der Praxis einen großen Unterschied macht, ist fraglich.
Unternehmen mit vielen Lieferanten und Geschäftspartnern
Je mehr Lieferanten und Geschäftspartner ein Unternehmen hat, umso mehr dürfte es die Verlängerung der Intervalle zur anlasslosen Regelüberwachung begünstigen. Bisher war vorgesehen, dass Unternehmen mindestens alle zwölf Monate prüfen müssen, ob ihre Maßnahmen zur Ermittlung, Verhinderung und Minimierung negativer Auswirkungen angemessen und wirksam sind. Dies sollen Unternehmen nach dem Willen der EU-Kommission nur noch alle fünf Jahren machen müssen, sofern keine Anhaltspunkte für eine Unangemessenheit oder Unwirksamkeit der Maßnahmen oder für neue Risiken vorliegen.
Alle Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten
Alle Unternehmen im Anwendungsbereich der CSDDD, also Unternehmen mit mehr als 1.000 Beschäftigten, sind nach dem Vorschlag von der Pflicht zur Umsetzung ihrer Klimapläne befreit. Die CSDDD in ihrer jetzigen Fassung sieht eine Pflicht der Unternehmen zur Annahme und Umsetzung eines Plans zur Minderung der Folgen des Klimawandels vor. Diesen Plan sollen Unternehmen zwar nach wie vor erstellen müssen. Auch muss der Plan Umsetzungsmaßnahmen enthalten. Diese müssen aber nicht mehr tatsächlich auch vollzogen werden.
Für alle von der CSDDD betroffenen Unternehmen würde sich auch der Aufwand durch die Stakeholder-Beteiligung reduzieren. Nach der aktuellen CSDDD müssen die Stakeholder bei zahlreichen Schritten der Sorgfaltspflicht einbezogen werden. Der Vorschlag der Omnibus-Richtlinie sieht eine Stakeholder-Beteiligung nur noch in Bezug auf die Informationsbeschaffung und zur Ableitung von Präventions- und Abhilfemaßnahmen vor. Einbezogen werden sollen nur noch Betroffene und deren Vertreter. Gar nicht mehr beteiligt werden müssen nicht direkt betroffene Verbraucher:innen, Gruppen und Organisationen. Unternehmen, die bislang mit Gegenwind zum Beispiel von Umweltorganisationen zu kämpfen hatten, können nun gegebenenfalls schneller handeln.
Wie sich diese Änderung in der Praxis konkret auswirken wird, hängt davon ab, wie die – teilweise unbestimmten- Begriffe und Erläuterungen ausgelegt werden.
Der nun beabsichtigte Wegfall der spezifischen zivilrechtlichen Haftung dürfte ebenfalls allen Unternehmen zugutekommen, die in den Anwendungsbereich der CSDDD fallen.
Die Omnibus-Richtlinie bringt nur für einen Teil der Unternehmen erhebliche Vorteile
Die größten Vorteile von der Omnibus-Richtlinie hätten wohl Unternehmen mit weniger als 1.000 Beschäftigten, da sie generell von der Berichtspflicht nach der CSRD ausgenommen wären. Die geplanten Anpassungen der CSDDD dürften am stärkstem Unternehmen mit zahlreichen und langen Lieferketten zugutekommen. Sie sollen detaillierte Ermittlungen aktueller und potenzieller negativer Auswirkungen grundsätzlich nur noch in Bezug auf ihre direkten Geschäftspartner anstatt entlang der gesamten Aktivitätenkette durchführen müssen. Allerdings wird der Grad der Entlastung im Einzelfall auch von den relevanten Risikoprofilen in der Struktur der Geschäftspartner abhängen. Unternehmen mit weniger langen und weit verzweigten Lieferketten werden die geplanten Änderungen weniger spüren. Das gleiche gilt für Unternehmen mit vielen Zulieferern in bekannten Hochrisikobereichen. Alle Unternehmen dürften den beachsichtigen Wegfall der zivilrechtlichen Haftung und die Reduzierung der verpflichteten Stakeholder-Beteiligung begrüßen. Ob die vorgeschlagenen Änderungen in Bezug auf die CSDDD flächendeckend eine wirklich erhebliche Erleichterung für Unternehmen bewirkt, darf daher eher bezweifelt werden.