SPACs: Der Hype um die Hülle

Welche Herausforderungen es bei dem aktuellen Börsentrend zu beachten gilt.

Die sogenannten Special Purpose Acquisition Companies (SPACs) erleben seit 2020 einen Boom an den US-Börsen. Bei SPACs handelt es sich um Firmenhüllen ohne operative Tätigkeit. Diese sammeln im Rahmen eines Börsengangs Kapital ein, um es anschließend in operative, nicht börsennotierte Unternehmen zu investieren und sich mit ihnen zusammenzuschließen. Dieser Prozess hilft insbesondere Gründern und Anteilseignern, um an Liquidität zu kommen.

Dabei haben die Eigentümer des Zielunternehmens eine höhere Sicherheit hinsichtlich des zu erzielenden Kaufpreises, da dieser wie bei einer M&A-Transaktion im Rahmen einer Verhandlung vereinbart wird. Bei einem klassischen Börsengang (IPO) kann sich dagegen eine kurzfristig hohe Volatilität an den Kapitalmärkten negativ auf den Emissionserlös auslösen.

Zunehmendes Interesse an SPACs auf dem deutschen Markt

In diesem Jahr beobachte ich auch am deutschen Markt zunehmendes Interesse an der Alternative zum IPO. Angesichts der kurzen Zeitdauer der SPAC-Fusion wird vielfach der Eindruck erweckt, dass es sich um eine einfache Abkürzung an die Börse handelt. Mit dem Prozess sind aber auch vielfältige Herausforderungen verbunden, auf die ich näher eingehen möchte.

Herausforderung 1: Zeitdruck

Bei einem traditionellen Börsengang bestimmt das Unternehmen weitestgehend selbst den Zeitplan. Dementgegen muss den Aktionären eines SPAC meistens innerhalb von 18-24 Monaten nach dem IPO ein Vorschlag gemacht werden, welches Unternehmen zu welchen Konditionen übernommen werden soll.  Andernfalls muss das Kapital an die Investoren zurückgegeben werden. Das führt dazu, dass die Zielunternehmen schneller die Kapitalmarktfähigkeit erreichen müssen als bei einem traditionellen Börsengang.

Herausforderung 2: Hohe Anforderungen an die Finanzorganisation

Auch wenn Unternehmen über SPACs meist schneller an den Kapitalmarkt kommen, müssen sie ähnlich hohe Anforderungen erfüllen wie Unternehmen bei einem IPO. So müssen sie ihre Finanz- und Complianceabteilung personell verstärken, eine Investor-Relations-Abteilung aufbauen und ähnlich viele Berichts- und Offenlegungspflichten erfüllen.

Herausforderung 3: Anzuwendende Bilanzierungsvorschriften

Wenn europäische Unternehmen von einem amerikanischen SPAC übernommen werden, kann das zu Auswirkungen auf die anzuwendenden Bilanzierungsstandards führen. Nur wenn das Zielunternehmen die im Fall von SPAC-Strukturen anspruchsvollen Anforderungen eines ausländischen privaten Emittenten erfüllt, kann die Bilanzierung nach internationalen Vorschriften (IFRS) erfolgen. Ist dies nicht der Fall, so müssen die Abschlüsse nach den US-amerikanischen Vorschriften zur Rechnungslegung erstellt werden.

Herausforderung 4: Unklarheit über Regulierung innerhalb der EU

Für SPACs, die an einer Börse in der EU gelistet sind, ist die Europäische Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde (ESMA) zuständig. Die ESMA hat zu SPACs bislang noch keine spezifischen Richtlinien herausgegeben. Vor dem Hintergrund, dass SPACs meist nur eine kurze Unternehmenshistorie vorweisen, unterliegen sie bislang der Regulierung für Start-ups. Allerdings gab die ESMA am 22. April 2021 bekannt, prüfen zu wollen, ob die existierenden Regularien für SPACs ausreichend sind.

Herausforderung 5: Recht und Steuern

Die bisherigen Übernahmen deutscher Unternehmen zeigen, dass es vor einem Zusammenschluss zu komplexen und mehrstufigen Anpassungen der Unternehmensstruktur kommen kann. Dies hat zum einen steuerliche Gründe, zum anderen liegt es daran, dass bestimmte Rechtsformen, wie beispielsweise eine niederländische Aktiengesellschaft, die Umsetzung einer SPAC-Struktur flexibler und besser gestalten können als beispielweise die deutsche AG.

Ausblick

Ob sich SPAC-Fusionen langfristig als Alternative zum klassischen Börsengang etablieren, hängt von dem Investoreninteresse und den Regulatoren ab. Angesichts des SPAC-Booms ist zu erwarten, dass die ESMA und die SEC höhere Anforderungen an die Transparenz und Berichterstattung der Unternehmen stellen werden. Erste Signale in dieser Richtung sandten sie bereits in den vergangenen Wochen. Diese Entwicklungen sollten auch von den Zielunternehmen genau verfolgt werden, da sie Einfluss auf die Attraktivität des Transaktionsmodells haben können.

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