ESG: Zwei Hände blättern durch einen Stapel von Papieren auf einem Tisch.

Lieber Mittelstand, die CSRD kommt

Welche Anforderungen zum ESG-Reporting auf kleine und mittlere Betriebe zukommen.

Am 5. Januar 2023 in Kraft getreten, enthält die Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) für eine Vielzahl an Unternehmen in der EU Neuerungen bereit. Die EU-Richtlinie zielt darauf, die Qualität der nichtfinanziellen Berichterstattung deutlich zu verbessern und damit auf das Niveau der finanziellen Berichterstattung anzuheben. Gleichzeitig werden mittelfristig deutlich mehr Unternehmen in die Berichtspflicht einbezogen, was vor allem kleine und mittlere Unternehmen vor enorme Herausforderungen stellen wird.

Zusammengefasst sind im Folgenden die wichtigsten Implikationen der CSRD zu finden:

Erweiterung der zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichteten Unternehmen

Zur Nachhaltigkeitsberichterstattung verpflichtet die CSRD alle großen kapitalmarktorientierten Unternehmen in der EU für Berichtszeiträume ab dem 1. Januar 2024. Für nicht kapitalmarktorientierte große Unternehmen gilt die Berichtspflicht in gleichem Sinne ab 2025.

Große Unternehmen sind definiert als solche, die zwei der folgenden Kriterien erfüllen:

– Mehr als 250 Beschäftigte

– Mehr als 40 Millionen Euro Nettoumsatzerlöse

– Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro

Die Berichtspflicht für kleine und mittlere Unternehmen, die kapitalmarktorientiert sind, beginnt ab 2026, wobei diese Unternehmen eine Ausnahmeregelung („Opt-Out“) in Anspruch nehmen können, die sie bis 2028 von der Richtlinie befreit.

Dies bedeutet, dass allein in Deutschland schätzungsweise 15.000 Unternehmen spätestens ab 2028 über Aspekte der Nachhaltigkeit im Sinne der Corporate Sustainability Reporting Directive berichten müssen.

European Sustainability Reporting Standards (ESRS)

Welche Inhalte in den Berichten über Nachhaltigkeit zu finden sein sollen, wird in den European Sustainability Reporting Standards (ESRS) festgelegt sein. Erste Entwürfe hierzu wurden bereits veröffentlicht und sollen bis Ende Juni 2023 von der Europäischen Kommission angenommen werden. Die ESRS beinhalten zwei themenübergreifende Standards und zehn thematische Standards, die in die Bereiche Umwelt, Soziales und Governance (ESG) unterteilt sind (siehe Abbildung). Zusätzlich befinden sich noch sektorspezifische und unternehmensspezifische Standards in der Entstehung.

Als Grundlagen für die ESRS wurden mehrere bereits genutzte Rahmenwerke verwendet, beispielsweise die Standards der GRI und der TCFD. So sollen Synergien genutzt und auf bestehenden Strukturen und Kompetenzen aufgebaut werden.

Als Grundlage der künftigen Berichterstattung definieren die ESRS die strukturellen und inhaltlichen Anforderungen. In der aktuellen Entwurfsfassung werden mehr als 1.100 Datenpunkte gefordert, die sowohl quantitativ als auch qualitativ ausfallen können. Es handelt sich hierbei beispielsweise um Daten zu Emissionsausstößen, Materialverbräuchen oder auch um Risikobewertungen von Zulieferern aus Nicht-EU-Staaten.

Diese Werte zu ermitteln, ihre Qualität sicherzustellen und über sie zu berichten, wird für eine Vielzahl an Unternehmen mit begrenzten Erfahrungswerten eine enorme Herausforderung darstellen. Dies gilt insbesondere für den Mittelstand.

Doppelte Wesentlichkeit

Neu ist weiterhin der Anspruch, dass über Nachhaltigkeit nach dem Konzept der doppelten Wesentlichkeit berichtet werden soll. Unternehmen müssen somit über sämtliche Aspekte berichten, die entweder finanziell wesentlich sind (relevant für Investoren) oder wesentliche Auswirkungen auf die Menschen und die Umwelt haben (relevant für die betroffenen Interessengruppen). Hiermit erweitert die Corporate Sustainability Reporting Directive den Berichtsumfang im Gegensatz zu eindimensionalen Wesentlichkeitsansätzen erheblich.

Erweiterung der Berichtsgrenzen

Gemäß der CSRD sollen Unternehmen auch wesentliche Aspekte offenlegen, die sich aus ihrer Wertschöpfungskette ergeben. Dieser Zusatz bedeutet eine enorme Vergrößerung der Berichtsgrenzen, da zahlreiche Datenpunkte entlang der unternehmenseigenen Liefer-, Marketing- und Vertriebskanäle herausgearbeitet werden müssen. Diese Neuerungen werden allen voran mittlere und kleine Betriebe herausfordern, da hierfür umfangreiche Dokumentationsprozesse einzuführen und erhebliche Personalkapazitäten bereitzustellen sind.

Veröffentlichung im Lagebericht

Eine weitere Änderung gegenüber der bisherigen Berichtspraxis ergibt sich durch die verpflichtende Darstellung der Nachhaltigkeitsinformationen im Lagebericht. Dort sollen die einzelnen Aspekte klar nach den Themenstandards gegliedert und von den anderen im Lagebericht enthaltenen Informationen abgegrenzt dargestellt werden.

Somit soll eine integrierte Berichterstattung durchgesetzt werden, welche wiederum den hohen Stellenwert der Nachhaltigkeitsaspekte hervorheben soll.

Verpflichtung von externen Prüfungen

Zukünftig sollen die Offenlegungen zur Nachhaltigkeit ebenso wie die finanziellen Berichterstattungen unabhängig geprüft werden. Bis gleichwertige Prüfungsleistungen mit hinreichender Sicherheit („reasonable assurance“) gewährleistet werden können, ist in einem ersten Schritt eine Prüfung mit begrenzter Sicherheit („limited assurance“) vorgesehen.

Fazit

Die nachhaltige Transformation der deutschen Wirtschaft ist in vollem Gange. Die CSRD führt durch die Dokumentations- und Berichtspflichten erst einmal zu einem erheblichen Mehraufwand für Unternehmen – erst recht für den Mittelstand.

Organisationen, die sich aktuell nur unzureichend mit dem Thema Nachhaltigkeit beschäftigen, laufen Gefahr, von den künftigen Pflichten zur Nachhaltigkeitsberichterstattung überwältigt und abgehängt zu werden. Es drohen Sanktionen und Vertrauensverluste bei den Stakeholdern. Um eine solche Situation zu vermeiden, sollten Unternehmen bereits jetzt Kompetenzen aufbauen und die kommende Regulatorik genau im Blick haben.