Man sieht eine Industrieschaube einmal in echt und daneben ein digitales Abbild von ihr.

Digital Twins: 5 Angriffsflächen und wie Unternehmen sich schützen

Was Unternehmen beim Schutz digitaler Zwillinge oft übersehen und wie es besser geht.

Keyfacts:

  • Digitale Zwillinge optimieren Prozesse, bergen aber neue Sicherheitsrisiken.
  • Manipulierte Sensordaten können zu Fehlsteuerungen und Produktionsausfällen führen.
  • Geschützte Schnittstellen und Anomalie-Erkennung erhöhen die Sicherheit digitaler Zwillinge.

Digitale Zwillinge steuern Produktionsanlagen, optimieren Energieflüsse und ermöglichen vorausschauende Wartung in Echtzeit. Dabei sind sie häufig mit Cloud- oder Edge-Plattformen verbunden, über die Daten verarbeitet und ausgetauscht werden. Doch mit dem Innovationsschub wächst auch die Angriffsfläche. Aus unserer Beratungspraxis wissen wir: Wer die Risiken unterschätzt, setzt nicht nur Daten, sondern auch konkrete Unternehmensprozesse aufs Spiel.

  1. Manipulierte Sensordaten: Die unsichtbare Gefahr

Sensoren liefern die Basisdaten für den digitalen Zwilling. Werden diese manipuliert, etwa durch Spoofing oder physische Eingriffe, entstehen im Zwilling verfälschte Darstellungen des realen Zustands. Die Folge: Fehlsteuerungen, Materialschäden oder Produktionsausfälle.

Beispiel aus der Praxis: In eine Fertigungslinie schleuste ein Angreifer manipulierte Temperaturwerte ein. Der digitale Zwilling erkannte keinen Fehler und passte die Steuerung entsprechend an. Materialermüdung und Ausschuss waren die Folge.

Unsere Empfehlung: Um die Integrität und Zuverlässigkeit digitaler Zwillinge sicherzustellen, ist es entscheidend, die Sensorik umfassend abzusichern. Ergänzend dazu empfiehlt sich der Einsatz von Anomalie-Erkennungssystemen. Diese identifizieren ungewöhnliche Muster oder Abweichungen frühzeitig und machen so potenzielle Angriffe oder Störungen schnell sichtbar.

  1. Unsichere Schnittstellen: Offene Türen für Angreifer

APIs und Kommunikationsschnittstellen verbinden den Zwilling mit der realen Welt. Fehlende Authentifizierungen oder offene Ports laden Angreifer geradezu ein.

Beispiel aus der Praxis: Ein externer Angreifer konnte unbemerkt über eine ungesicherte REST-API Systemparameter auslesen und manipulieren, da keine Anomalie-Erkennung aktiv war.

Die Lösung: Um digitale Zwillinge wirksam vor Angriffen über Schnittstellen zu schützen, sollten alle Kommunikationsschnittstellen, insbesondere APIs, konsequent gehärtet werden. Das bedeutet: Offene Ports und unnötige Protokolle schließen, Zugriffsbeschränkungen und Authentifizierungsmechanismen etablieren und regelmäßig überprüfen. Ebenso wichtig ist ein kontinuierliches Monitoring, um unbefugte Zugriffe oder ungewöhnliche Aktivitäten frühzeitig zu erkennen.

  1. Veraltete Edge- und Cloud-Komponenten: Einfallstore im Schatten

Nicht aktualisierte Edge-Geräte oder unsichere Cloud-Dienste stellen besonders häufige Einstiegspunkte für Angriffe in gemeinsam genutzten IT-Umgebungen dar.

Beispiel aus der Praxis: Ein Dienstleister brachte ein infiziertes Gerät ins Netz. Die Schadsoftware nutzte eine bekannte Schwachstelle und kompromittierte den gesamten digitalen Zwilling.

Unsere Erfahrung zeigt: Sicherheitsupdates sollten zeitnah eingespielt und alle Komponenten auf dem aktuellen Stand gehalten werden. Ergänzend dazu sollte die Systemarchitektur durch Segmentierung so gestaltet sein, dass ein erfolgreicher Angriff nicht automatisch das gesamte Netzwerk kompromittiert.

  1. Fehlkonfigurationen und menschliche Fehler: Risiken aus dem Alltag

Unklare Zuständigkeiten, fehlende Testprozeduren oder versehentliche Modell-Updates führen schnell zu Sicherheitslücken.

Beispiel aus der Praxis: Ein nicht freigegebenes Modell wurde versehentlich produktiv geschaltet. Steuerparametern fehlerhaft und haben zu Produktionsstörungen geführt.

Hier hilft: Klare Governance, Change- und Konfigurationsmanagement sowie die strikte Trennung von Test- und Produktivumgebungen. Sicherheit ist immer auch eine Frage der Organisation.

  1. Zielgerichtete Angriffe auf Plattformen: Wenn der Zwilling zur Waffe wird

Angreifer nutzen Schwachstellen in Cloud-Services, um Daten abzugreifen, Wissen anzusammeln und Sabotageakte vorzubereiten.

Beispiel aus der Praxis: Über einen kompromittierten Drittanbieter-Service wurden in einem Fall Sensordaten und Modellkonfigurationen exportiert mit dem Ziel, Prozesswissen zu extrahieren.

Unsere Empfehlung: Unternehmen sollten von Anfang an auf ein Zero-Trust-Prinzip setzen. Das bedeutet, dass kein Nutzer, Gerät oder Dienst grundsätzlich als vertrauenswürdig gilt. Ebenso wichtig ist das Prinzip „Security-by-Design“: Sicherheitsanforderungen sollten bereits in der Architektur und Entwicklung digitaler Zwillinge berücksichtigt und nicht erst nachträglich ergänzt werden.

Praxisfazit: Was wir aus der Beratung gelernt haben

Digitale Zwillinge sind kein Selbstläufer. Die größten Risiken entstehen dort, wo Technik und Organisation nicht zusammenspielen. Angreifer nutzen diese Risiken konsequent aus. Bereits jetzt gehören produzierende Unternehmen zu den Top 5 Angriffszielen. In der Praxis sehen wir immer wieder, dass gerade diese Unternehmen zwar in die neueste Technologie investieren, aber beim Sicherheitsmanagement sparen. Das ist fatal. Nur wer Sicherheit von Anfang an mitdenkt, kann das volle Potenzial digitaler Zwillinge ausschöpfen.

Autoren: Thomas Gronenwald, Partner, Consulting, und Heinrich Renz, Assistant Manager, Consulting