2023: So entwickeln sich Deutschlands internationale Geschäftspartner

Der Ausblick auf die Weltwirtschaft 2023 ist ambivalent.

Mit 2022 liegt ein Jahr hinter uns, das eine Erkenntnis der vergangenen zwei Jahre nochmal verstärkt hat. Der russische Angriffskrieg in der Ukraine und rund zwei Jahre zuvor der Ausbruch der Corona-Pandemie kamen für die deutsche Wirtschaft überraschend und haben gezeigt, dass diese auf die geopolitischen Entwicklungen nicht vorbereitet war.

Eine Erfahrung der letzten Jahre ist daher, dass auch unwahrscheinliche Entwicklungen eintreten und sich massiv auf die Wirtschaft in Deutschland und Europa auswirken können. Zugleich haben wir durch jüngste Konflikte lernen müssen, dass nicht alle internationalen Akteure politisch rational, moralisch richtig oder gesetzeskonform agieren.

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Ich möchte nun aber nicht zurückschauen auf ein anstrengendes und herausforderndes Jahr. Vielmehr möchte ich den Blick nach vorne wagen. Und wenn wir zunächst den Blick auf die zwei größten Volkswirtschaften der Welt werfen – die USA und China –, ist sogar ein wenig Optimismus angebracht.

Widmen wir uns zuerst den USA:

Das Land begegnet dem wirtschaftlichen Abschwung mit riesigen Förderprogrammen, wie dem US Chip Act, dem Inflation Reduction Act und dem Build-Back-Better-Paket. Diese Programme werden sich positiv auf die Schaffung neuer Investitionsmöglichkeiten auswirken. Deswegen würde ich die Zukunftsaussichten für deutsche Unternehmen mit Blick auf den amerikanischen Markt im kommenden Jahr auch als eher optimistisch bezeichnen. Viele deutsche Unternehmen haben dies auch erkannt und investieren bereits kräftig.

Mein Blick nach China fällt etwas differenzierter aus.

Aktuell denkt jedes zehnte deutsche Unternehmen darüber nach, China zu verlassen. Das ist doppelt so viel wie im Vorjahr, als das nur vier Prozent der Unternehmen in Erwägung gezogen haben.

Aber umgekehrt bedeutet die Zahl auch, dass 90 Prozent der deutschen Unternehmen China nicht verlassen wollen. China wird weiterhin einer der beiden wichtigsten Handelspartner Deutschlands bleiben. Und das sicherlich über Jahre hinweg, denn das Land ist zu groß und zu innovativ, um es verlassen zu können. In absehbarer Zeit gibt es auch kein anderes Land der Welt, das Chinas Stellung einnehmen könnte.

Optimismus unter Unternehmen kehrt zurück – aber ist das wirklich so?

Laut dem jüngsten Geschäftsklimaindex der deutschen Auslandshandelskammer (AHK) in China kehrt der Optimismus langsam zurück. Für das kommende Jahr rechnet jedes zweite deutsche Unternehmen in China mit einem höheren Umsatz. Außerdem erwarten 77 Prozent für die nächsten fünf Jahre ein steigendes jährliches Wachstum in ihrer Branche. Doch sind diese Ergebnisse trügerisch, denn die Befragung wurde durchgeführt, bevor China alle Corona-Restriktionen aufgehoben hat. Jetzt steigen die Infektionen massiv an und es werden bis zu einer Million Tote in China prognostiziert. Das wird dann auch zu massiven Produktionsstopps führen.

Und damit bleibt der Nachschub an Gütern für die westliche Welt aus. Aufgrund der großen Vielfalt der aus China gelieferten Rohstoffe, Zwischen- und Endprodukte wage ich die These:

Dies kann nicht durch alternative Lieferanten aufgefangen werden. Die Weltwirtschaft wird in eine Rezession abtauchen.

Artikel des täglichen Lebens werden knapp

Wir werden uns daran gewöhnen müssen, dass nicht nur Gas und Strom knapp sind, sondern viele weitere Artikel des täglichen Lebens. Diese Effekte werden sich aber erst sukzessive in den kommenden Monaten manifestieren.

So könnten sich andere Länder und Regionen entwickeln

Werfen wir noch einen Blick in andere Regionen und Länder. Aus meiner Sicht ist wichtig, dass es um langfristig ausgerichtete Investitionspläne geht.

  • Ganz allgemein sehen wir zunehmende Investitionen in Produktionen in Südostasien – konkret in Vietnam, Thailand und Malaysia.
  • Indonesien hat eigentlich viel Potenzial wegen der großen Einwohnerzahl. Aber in der Vergangenheit hatten viele Unternehmen, die dort tätig sind, Probleme mit Korruption und mangelnder Rechtssicherheit.
  • Singapur gewinnt als regionales Hub und zieht Business und gut ausgebildete Manager von Hongkong und Shanghai ab.
  • Afrika, Südamerika und Australien sind interessant als Rohstoffquellen. Afrika auch als Produktionsstandort, wenn es gelingt, Sonnenergie als Energiequelle vor Ort sowie für die Produktion von Wasserstoff zu nutzen. Der Kontinent kann je nach Industrie und konkretem Land in Afrika auch ein spannender Absatzmarkt für deutsche Unternehmen sein.
  • Schottland ist in der EU der Ort mit dem meisten Wind. Daher gibt es dort auch Projekte zur Produktion von grünem Wasserstoff.
  • Near-shoring in Osteuropa ist ein anhaltender Trend.
  • Der Nahe Osten befindet sich in einem riesigen Transformationsprozess und verfügt aufgrund des Erdöl- und Gas-Reichtums auch über die finanziellen Mittel, dies umzusetzen (insbesondere in Saudi-Arabien). Das kann für Unternehmen der richtigen Industrien ein relevanter Absatzmarkt sein.
  • Die Türkei scheint sich (als Ersatz für Russland) zu einem Logistik-Hub auf der Seidenstraße zu entwickeln.
  • Auch die Relevanz Japans als Kooperationspartner in Drittmärkten, unter anderem in Asien, hat zugenommen.

Andreas Glunz